Große Streikaktion in München im Mai 2015

Im Mai und Juni haben die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst für eine Aufwertung ihrer Berufsfelder gestreikt. Die Beschäftigten in den Einrichtungen im Ballungsraum München legten vier Wochen lang ihre Arbeit nieder. Dann wurde die Schlichtung angerufen. Von den zwei externen Schlichtern ist am 23. Juni 2015 eine Einigungsempfehlung vorgelegt worden.

Auf der bundesweiten Streikdelegiertenkonferenz am Tag danach haben die ehrenamtlichen Streikleiterinnen und Streikleiter Kritik an den Inhalten der Schlichtungsempfehlung geübt. Das Ergebnis wurde als zu niedrig bewertet. Allgemeiner Tenor: "Das ist keine wirkliche Aufwertung unserer Berufe. Dafür haben wir nicht vier Wochen lang gestreikt."

"Mitgliederwille klarer Handlungsauftrag"

Deshalb wurde eine Befragung der betroffenen ver.di-Mitglieder beschlossen. In dieser haben exakt 69,13 Prozent der ver.di-Mitglieder zu der Schlichtungsempfehlung "Nein" gesagt. So eine deutliche Ablehnung in einer Mitgliederbefragung hat es in der Gewerkschaftsgeschichte noch nie gegeben. Deshalb war der ver.di-Spitze eins sehr schnell bewusst. "Dieses Votum unserer Mitglieder ist ein klarer Handlungsauftrag", so der Vorsitzende Frank Bsirske.

Was haben die Streikenden erreicht?

Das ablehnende Votum darf aber keinesfalls den Blick auf die Erfolge verstellen, die die Streikenden im Sozial- und Erziehungsdienst schon erreicht haben. Es ist noch nie so viel und so intensiv in der Öffentlichkeit über die Berufe in den Kindertagesstätten und im sozialen Dienst diskutiert worden.

Delegierte aus dem Raum München am 8. August in Fulda bei der bundesweiten Streikdelegiertenkonferenz. V.l.n.r.: Petra Kühnel, Holger Engelke, Stefan Sass, Dieter Prager, Martina Meyer, Britta D'Arca, Manfred Spindler und Anja Groen. Im Hintergrund: Frank Bsirske

Vor allem die Diskussion über den gesellschaftlichen Wert der frühkindlichen Bildung, die auch in Fachkreisen geführt wird, ist ein wichtiger Punktsieg in der bisherigen Aufwertungskampagne. Im öffentlichen Bewusstsein ist aber auch angekommen, dass die Arbeit der sozialen Dienste ein wichtiger Garant für den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft ist.

Ein erster Streikerfolg ist auch das gestiegene Selbstbewusstsein der Erzieher/innen, Kinderpfleger/innen, der Sozialpädagogen und -pädagoginnen. Sie wissen heute um den Wert ihrer Arbeit und fordern ein, dass ihre Arbeit anerkannt und wertgeschätzt wird.

Jetzt Arbeitskampf mit anderer Strategie

Die spannende Frage, die nicht nur die Eltern interessiert, ist jetzt, wie der Arbeitskampf weitergeführt wird. Eine Wiederaufnahme des Vollstreiks ab einem Tag X wird es nicht mehr geben. So ein Streik ist für die Arbeitgeber plan- und berechenbar. Und sie sparen sich damit auch noch eine Menge Personalkosten. Mit der neuen Streikstrategie werden die Arbeitsniederlegungen flexibel und unberechenbar erfolgen. Diese Form des Streiks ist eine große Herausforderung, vor allem auch für die ehrenamtliche Streikleitung. Aber auch in diesem Tarifkonflikt gilt: "Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren."

Menschenkette am 29. Mai

Solidarität in der ver.di-Familie

Im weiteren Verlauf des Arbeitskampfes können wir nun unsere Stärken in der großen ver.di-Familie zum Einsatz bringen. Solidarität ist in ver.di kein Fremdwort. Ganz im Gegenteil, nach den bisher gemachten Erfahrungen können die Streikenden auf große Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Branchen rechnen. Wer dazu Vorschläge und Ideen hat, wende sich bitte per E-mail (bezirk.muenchen@verdi.de) an den ver.di-Bezirk München und Region.