Wolfgang Däubler

Vom sogenannten Tarifeinheitsgesetz über die wilde Ehe zum wilden Streik: Wer sich am 15. Juli trotz hochsommerlicher Temperaturen zum Vortrag über das neue Tarifeinheitsgesetz von Rechtswissenschaftler Wolfgang Däubler ins Münchner Gewerkschaftshaus gewagt hatte, wurde mit einer pointierten Rede voll Witz und juristischem Sachverstand belohnt. Die Veranstaltung gehörte zur Reihe "Wissen um zu Handeln" des Referentenarbeitskreises des ver.di-Bezirks München und des Geschäftsbereiches Bildung. Die Resonanz bei Betriebs- und Personalräten war beachtlich.

Däubler machte schnell klar: In dem Gesetz steckt nichts Gutes. Sollte es in Zukunft in einem Betrieb mehrere Tarifverträge geben, die von verschiedenen Gewerkschaften ausgehandelt wurden, dann würden in dem Betrieb nur noch die Regelungen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft gelten, die in diesem Betrieb die meisten Mitglieder hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Tarifvertrags im Betrieb. Damit wird den kleineren Spartengewerkschaften das Recht abgeschnitten, für ihre Mitglieder tarifliche Verhandlungen zu führen und sich nötigenfalls auch im Wege des Streiks durchzusetzen. Wie sich das Gesetz im Einzelnen auswirken wird, bleibt noch abzuwarten.

Klar sei jetzt schon, so Wolfgang Däubler, dass diese gesetzlich erzwungene Tarifeinheit sowohl für kleine als auch stärkere Gewerkschaften einen massiven Eingriff in ihr grundgesetzlich garantiertes Recht der Koalitionsfreiheit darstellt. Deshalb begrüßte der Referent auch ausdrücklich die zahlreichen Initiativen, wie auch die von ver.di, sich gegen das Gesetz mit allen Mitteln zu wehren. Wo dies sinnvoll ist, selbst per Verfassungsbeschwerde. Überhaupt gefällt Däubler die Wehrhaftigkeit der Arbeitnehmer, die neuerdings selbstbewusst und beharrlich den Streik als Kampfmittel wiederentdecken. Siehe Bahn, Post oder Erzieherinnen.

In der anschließenden Diskussion dann noch zur Rechtmäßigkeit "wilder" Streiks gefragt, erläuterte Däubler, dass solche "wilden", nicht gewerkschaftlich autorisierten Streiks, wie die "wilde Ehe" rechtlich nicht abgesegnet seien, fügte aber spitzbübisch hinzu, dass das von der "wilden Ehe" ja auch niemanden abhalte, wenn es darauf ankäme.

Ursula Conforti

Aktuelle Informationen zur Reihe "Wissen um zu Handeln" und das neue Bildungsprogramm 2016 gibt es von Oktober an beim Geschäftsbereich Bildung von ver.di München (Georg Wäsler und Birgit Peters) im DGB-Haus.