Ausgabe 06/2015
Gewerkschaften klagen gegen Ausbeutung und Kinderarbeit
Der US-amerikanische Fast-Food-Konzern McDonald's rühmt sich, in seinen fast überall vertretenen Schnellrestaurants fänden viele ihren allerersten Job. Meist allerdings zu Konditionen, die nicht gerade appetitlich sind: Niedriglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen sind die Regel, nicht nur für Anfänger. Der Burger-Gigant ist eines der größten Privatunternehmen der Welt. Seine Systemgastronomie beruht auf dem Franchise-Konzept. Gewinne streicht der Konzern also ein, die Verantwortung für die Beschäftigten soll jedoch abgewälzt werden. Und wer sich wehrt, ist schnell draußen.
Diese Erfahrung machte auch der 19-jährige Lucas da Cruz Marques, der für einen McDonald's in der brasilianischen Metropole São Paulo arbeitete. Als er sich einer Gewerkschaft anschloss, die faire Löhne fordert, war er den Job wieder los. Er war einer der Zeugen, die bei einer Anhörung im Menschenrechtsausschuss des brasilianischen Senats in der Hauptstadt Brasília zu Wort kamen. Initiiert hatte sie Senator Paulo Paim von der Arbeiterpartei (PT). Eingeladen waren Gewerkschafte-r/innen, Politiker und McDonald's- Beschäftigte von fünf Kontinenten. Die internationale Dimension der Probleme wurde so deutlich.
Das Beispiel Brasilien
McDonald's hat eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, für die Brasilien ein Beispiel ist. Dort haben im Februar dieses Jahres die drei größten Gewerkschaftszentralen Klage gegen den Konzern und seinen Franchise-Nehmer Arcos Dorados eingereicht. Die Anschuldigungen umfassen Sozialdumping, Ausbeutung und die systematische Verletzung des Arbeitsrechts: Die Löhne würden immer weiter gedrückt, Überstunden nicht bezahlt, Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen würden selbst bei Minderjährigen missachtet.
Arcos Dorados ist der weltweit größte Franchise-Nehmer der Fastfood-Kette. In 20 Ländern Lateinamerikas und der Karibik betreibt das Unternehmen mit Sitz in Buenos Aires 2.120 Schnellrestaurants, 2.594 Dessert Center und 332 McCafé-Läden. Allein in Brasilien hat es mehr als 40.000 Beschäftigte; hier werben 871 seiner Restaurants für die Marke McDonald's. Der Anhörung vor dem Senat blieben die Manager von Arcos Dorados jedoch fern. In einer Erklärung teilten sie lediglich mit, das Unternehmen halte das Arbeitsrecht strikt ein.
Das steht im Widerspruch zu den Aussagen von Betroffenen und Kennern der Lage. "Sie wollen mit uns umspringen, als wären wir noch im kolonialen Zeitalter", sagte Ricardo Patah, Präsident der brasilianischen Gewerkschaftszentrale UGT. Im Rahmen der Anhörung kündigte Leonardo Mendoça, Ermittler des brasilianischen Arbeitsministeriums, an, dass im Land eine Task Force zur Untersuchung der Arbeitsbedingungen in den Mc- Donald's-Lokalen gebildet wird.
Aus europäischer Perspektive wurden bei der Anhörung besonders die völlige Flexiblisierung von Arbeitszeiten durch sogenannte Null-Stunden-Verträge in Großbritannien und das Steuerdumping in der EU diskutiert, das sich der Konzern zunutze macht. "Was McDonald's an Steuern spart, steckt es in die Lobbyarbeit", sagt die SPD-Europaabgeordnete Jutta Steinruck. Harald Wiedenhofer, Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsverbands EFFAT, ebenfalls Teilnehmer der Anhörung in Brasília, betont: "Wir wollen, dass das Unternehmen überall auf der Welt, auch in Europa, einen Dialog mit seinen Arbeitnehmern und den Gewerkschaften beginnt, und Kernarbeitsnormen akzeptiert."
Peter Steiniger