Ausgabe 06/2015
In Zukunft mit Betriebsrat
ver.di ist jetzt mit an Bord bei dem Musical-Dienstleister On Stage & Sports Services
Die knapp 500 Service-Mitarbeiter/innen des Musical-Dienstleisters On Stage & Sports Service GmbH (OSS) haben ersmals einen Betriebsrat gewählt. Der Weg dahin war allerdings schwer und sogar mit Kündigungen verbunden.
Eine der Gekündigten ist Marina Weise. Die 31-Jährige, ein ver.di-Mitglied, war knapp vier Jahre Teamleiterin bei OnStage & Sports Service GmbH in den vier On Stage Musicals Wunder von Bern, König der Löwen ,Rocky und Phantom der Oper. Marina Weise war eine der Beschäftigten, die sich Ende 2014 für die Gründung eines Betriebsrates stark machten. "Ich wollte für die Belange der Mitarbeiter da sein und nicht mehr mit ansehen, wie Mitarbeiter verheizt werden", sagt Weise.
Die meisten Service-Kräfte sind Mini-Jobber. Die Bezahlung lag bis zum 31.Dezember 2014 bei sieben Euro, seit dem 1. Januar 2015 sind es 8,50 Euro gesetzlicher Mindestlohn. "Es gab kaum feste Stunden und damit kein sicheres Einkommen. Die Arbeitspläne wurden häufig und kurzfristig geändert, vernünftige Pausen waren eher schwierig. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wurde nicht regulär umgesetzt. Immer wieder wurde das Gehalt verspätet überwiesen. Versuche, Dinge anzuspreche und zu verändern, verliefen im Sand. Es hieß, wir können gerne Einzelgespräche führen", beschreibt Weise die damalige Situation.
Anfang Dezember lud ver.di schließlich zu einer Betriebsversammlung ein, auf der die Anwesenden einen Wahlvorstand für die Betriebsratswahl wählten. Darauf folgten Repressionen der Geschäftsführung gegen Mitarbeiter, offenkundig anwaltlich unterstützt, vor allem gegen die drei auf der Versammlung in den Wahlvorstand gewählten Beschäftigten. Sofort sprach die Geschäftsführung ein Hausverbot gegen die drei aus. Doch nicht nur das: "Am 31. Dezember 2014 gegen Mittag habe ich die fristlose Kündigung erhalten, meine Kollegin und mein Kollege auch. Es ist völlig klar, dass mit extrem hartem Vorgehen gegen uns drei Verunsicherung und Angst geschürt werden und andere davon abgehalten werden sollten, sich bei dieser Wahl zu engagieren", sagt Weise.
Berüchtigte Strategien aus den USA
Das Vorgehen von OSS nennen Experten "Union Busting", zu Deutsch "Zerschlagung von Gewerkschaften". Auch in Deutschland greifen die Arbeitgeber immer öfter zu Strategien, die in den USA als "Union Busting" längst berüchtigt sind. Unternehmen lassen sich es heute sehr viel kosten, mit Hilfe von spezialisierten Anwaltskanzleien, Agenturen, Detekteien und Unternehmensberatern Betriebsräte zu verhindern oder zumindest in ihrer Arbeit zu behindern. Das rentiert sich. Sie zahlen die Honorare schließlich dafür, dass unbezahlte Überstunden, hohe Flexibilität, Kürzungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld und anderes keine Gegenwehr eines Betriebsrats zur Folge hat und somit die Gewinnmaximierung ungestört funktioniert.
Die Autoren Werner Rügemer und Elmar Wiegand haben in ihrem Buch Die Fertigmacher zahlreiche Fälle dokumentiert. Eine der Kanzleien, die die Autoren nennen, ist die Hamburger Kanzlei Ruge & Krömer. Genau diese Kanzlei ist im Fall der "On Stage & Sports Service GmbH" aufgetreten. Anwalt Krömer verweigerte jedes Einlenken. Auch einen Kompromissvorschlag des Richters, die Wahl neu zu starten, lehnte Krömer ab. Letztlich aber haben die Beschäftigten die Wahl eines Betriebsrats bei OSS doch noch durchgesetzt, haben erst die Wahl eines Wahlvorstandes und schließlich die Betriebsratswahl durchgefochten.
Sie gab mit den Anstoß zur Betriebsratswahl: Marina Weise
Marina Weise und ihre zwei ebenfalls gekündigten Kollegen aus dem ersten Wahlvorstand bei OSS fanden inzwischen einen neuen Job, stehen aber noch heute in Kontakt mit ihren ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bei OSS. "Wir haben jetzt alle einen Job mit geregelten Arbeitszeiten von Montag bis Freitag, mit einem Wochenende und bei dem Überstunden kulant abgegolten werden. Ich habe eine Firma gefunden, in der ich mich wohlfühle, wo der Geschäftsführer sehr mitarbeiterfreundlich und -bewusst agiert", sagt Marina Weise.
Zudem konnte Ende August vor Gericht ein Vergleich erzielt werden. Jetzt kann Marina Weise mit der Sache abschließen und positiv in die Zukunft blicken. Mit der Betriebsratswahl haben ihre ehemaligen Kolleg/innen aus dem OSS ihr und ihren beiden Kollegen einen Herzenswunsch erfüllt. Und nur eine Sache möchte sie den Mitgliedern des Betriebsrats mit auf den Weg geben: "Nehmt jede Beschwerde an, mag sie auch noch so unscheinbar klingen und prüft sie, nehmt die Kolleginnen und Kollegen ernst."
Dieter Jahns (42), ebenfalls von Anfang an für die Wahl eines Betriebsrats aktiv, wurde bereits Ende Juli zum Vorsitzenden des neu gegründeten Betriebsrats bei OSS gewählt. "Wir können gemeinsam etwas verändern. Ich freue mich darauf", sagt Jahns. Auf die Unterstützung von ver.di kann sich der Betriebsrat allemal verlassen.