Ausgabe 07/2015
Leserbriefe
Wer kann übersehen, was Ländern wie Slowenien oder Libanon abverlangt wird? Wie kann dieser wuchernde Rassismus noch unterschätzt werden, der von der Politik täglich noch mit Nahrung versorgt wird? Wenn unsere Organisation der Millionen Beschäftigten unter "Herausforderung", einem Lieblingswort der Politik, nichts anderes versteht als die Regierenden, wäre das erbärmlich. Wer, wenn nicht wir, nennt die Ursachen der Flüchtlingsströme beim Namen: Krieg, Rüstung, Waffen, das Wegputschen missliebiger Regierungen. Alle Programme gehen an diesem Thema vorbei. Es kann nur Schlimmstes zu befürchten sein. Wie soll das ohne wirklichen Widerstand der Millionen aufzuhalten sein? Möglich ist er, wie die TTIP-Demo angedeutet hat. Worauf warten wir? Dass die braunen und rassistischen Kolonnen nach der Macht greifen?
Roland Winkler, per E-Mail
Völkerwanderungen gab es schon immer, und Deutschland hat zu wenig Nachwuchs. Jetzt ist es wichtig, in den Ämtern viele Leute einzustellen, die Asyl- und Arbeitsgenehmigungen erteilen. Nichtstun ist gefährlich!
Ellen Erat-Guttmann, per E-Mail
Ich arbeite als Busfahrerin im Raum Hamburg. Ich bin den Fahrgästen gegenüber sehr zugewandt, ihre Lebensgeschichten und Schicksale machen mich betroffen und traurig, besonders die der Flüchtlinge. Leider musste ich feststellen, dass die Angst vor Überfremdung wächst. Auch vorher neutrale oder den Flüchtlingen zugewandte Menschen äußern inzwischen Bedenken angesichts der veröffentlichten Zahlen. Rechtsradikale Gruppierungen werden immer mutiger. Bemerkungen wie "Die Flüchtlinge wollen nur unser Geld und nehmen uns die Arbeitsplätze weg" enden nicht selten mit der Forderung, dass man diese Menschen in ein Konzentrationslager schicken sollte. Ebenso die Aussage, dass das mit Hitler doch gar nicht so schlimm gewesen sei. Bei solchen Bemerkungen wird mir regelmäßig schlecht, und wenn es zu schlimm ist, drohe ich mit der Polizei und lasse sie aussteigen. Was mich sehr ärgert, ist, dass nirgendwo die Beteiligung der Waffenindustrie erwähnt wird. Werden die Waffen in den konfliktträchtigen Staaten aus dem Wüstensand gebuddelt oder angebaut? Woher haben die kriegsführenden Länder/Parteien ihre Waffen? Warum wird die Rüstungsindustrie nicht zur Rechenschaft gezogen?
Die verdienen Milliarden mit ihren Exporten. Wäre es nicht angebracht, dass sie den von ihnen produzierten Opfern helfen, sodass für menschenwürdige Unterkünfte, medizinische Versorgung, Schulungen und Integration gesorgt wird?!
Barbara Ockermann, per E-Mail
Es gibt keine "Flüchtlingskrise", sondern die Flüchtlinge sind das Ergebnis der auswuchernden Krise des kapitalistischen Systems, das mit ungeheuren Rüstungsmaßnahmen und Kriegen riesige Profite erzielt.
Gerhard Ulbrich, per E-MAIL
Tausende Deutsche sagen Ja zu der Aufgabe, Kriegsflüchtlinge und verfolgte Menschen bei uns aufzunehmen und bekräftigen diese Auffassung durch den Einsatz ihrer Zeit, ihrer Fähigkeiten und ihres Geldes. Natürlich ersetzt die Arbeit der Freiwilligen nicht die Mittel aus den öffentlichen Kassen zur Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge. Der Zustand unserer Straßen und Brücken, vieler Schulhäuser und unseres Bildungswesens macht deutlich, wohin der neoliberale Glaubenssatz führt, man müsse den Staat an eine möglichst kurze finanzielle Leine legen: zum Verschleiß der materiellen und kulturellen Infrastruktur.
Wolfgang Kohlstruck, per E-Mail
Thema "Griechenlands Recht auf Reparationen", ver.di publik 6_2015
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss Euch mitteilen, dass ich jetzt froh bin, dass ich nicht ausgetreten bin. Solch klare Stellungnahme zu einem schwierigen Thema deutscher Geschichte zeigt Mut und Rückgrat.
Johann Weber, per E-Mail
Die Sowjetunion nicht zu erwähnen, die die meisten Verwüstungen und Toten durch die Gräueltaten des deutschen Faschismus zu beklagen hatte, verwundert mich doch sehr. Interessant auch, dass bei der Erwähnung des Militärputsches in Griechenland 1967 zwar die Nato als Stütze der Obristen angeführt wird. Dass es dabei aber auch um knallharte wirtschaftliche Interessen der weltweit operierenden Oligarchen ging, kommt nicht wirklich in den Blick. Ebenso wenig, dass es in erster Linie gegen Gewerkschafter, Kommunisten und alles, was verdächtigt werden konnte, irgendwie links zu sein, ging.
Alfred Wolff, per E-Mail
Die Verweigerung der Reparationszahlungen an Griechenland ist ein völkerrechtliches Versagen. Der zwischen den Siegerstaaten des Zweiten Weltkrieges und der Bundesrepublik Deutschland und der DDR am 12. September 1990 geschlossene Zwei-plus-Vier-Vertrag ermöglichte die Wiedervereinigung Deutschlands. Er war die politisch geforderte und rechtlich notwendige Friedensregelung zwischen den Siegermächten und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieser Vertrag wurde nicht Friedensvertrag genannt, damit sich Deutschland vor den berechtigten Reparationszahlungen an Griechenland vorbeimogeln konnte, hatte doch das Hitler-Deutschland im April 1941 Griechenland in verbrecherischer Weise überfallen und bis bis Oktober 1944 ausgeplündert und die griechische Nationalbank zu einer Zwangsanleihe an die Deutsche Reichsbank bezwungen. Deutschland hat die leider immer noch offene Reparationsschuld gegenüber Griechenland baldmöglich zu begleichen.
Dieter Saal, Großheide (Mitglied seit 1959)
Werner Rügemer macht als Verantwortliche für die Gräueltaten und Massaker während der deutschen Besatzung Griechenlands hauptsächlich "Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei, des Sicherheitsdienstes und der Geheimen Feldpolizei" sowie der SS kenntlich. Auf Kreta allerdings waren hauptsächlich Einheiten der Wehrmacht, der Luftwaffe und Trupps der als besonders "edelmütig" angesehenen Fallschirmjäger als Mordbrenner tätig. Als Reaktion auf den Widerstand der Bevölkerung zerstörte die Wehrmacht unter Einsatz der Luftwaffe und der Artillerie mindestens 40 Ortschaften, darunter Anogia und zahlreiche Orte um Ano Viannos. Auch im Westen Kretas vernichtete die Wehrmacht, immer dabei die Fallschirmjäger, die Orte Kontomari, Kantanos und Parivolia und ermordete dabei nicht nur Partisanen, sondern auch Frauen, Kinder und Greise. Griechenland fordert seit rund 70 Jahren erfolglos Reparationen. Zu hoffen ist, dass die Griechen nicht ebenso lange vergeblich warten müssen wie die Hereros in Namibia. Sie warten seit fast hundert Jahren auf Reparationen für den zu Zeiten von "Deutsch-Südwest" begangenen Völkermord.
Alexander Goeb, per E-Mail
Thema "Da hat's mich zsamghaut", ver.di publik 6_2015
Vielen Dank für eure Seite 16 über den Kollegen Dieter Mehling. Die Autorin hat einen Ton getroffen, der das menschliche Versagen der Firmenleitung der Mainpost anprangert. Gratuliere!
Bernd Bauer, per E-Mail
Bei diesem Artikel hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis. Genau das Gleiche ist mir passiert. Die betrieblichen Veränderungen hatten wir auch, bis hin zur passiven Beschäftigung (einfach nur anwesend sein). Dann kamen die "Versetzungen". Ohne Eignungsuntersuchung auf einen Arbeitsplatz gesetzt, den man auf Grund von Erkrankungen und/oder Behinderung (auch ich bin schwerbehindert) nicht leisten kann. Dann passiert das Gleiche wie bei dem Kollegen. Aufrechnung der Krankentage, Kündigung usw. usf... Auch wenn man dann vor Gericht Recht bekommen hat und der Arbeitgeber verpflichtet wird, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten, hat man nicht gewonnen.
Gudrun Becker, per E-Mail (Name geändert)
Was mir bei der Kündigung Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass ich nichts von einem Betrieblichen Eingliederungs Management (BEM) (SGB IX §84 Abs.2 & §93) gelesen habe. Der Kollege wurde von der Betriebsärztin untersucht, und von ihr wurden Möglichkeiten ausgelotet. Das reicht nicht. Auch ohne BR und Schwerbehindertenvertretung ist ein BEM durchzuführen.
Lars Gerlach, per E-Mail
Im Artikel auf Seite 16 ist mir ein inhaltlicher Fehler aufgefallen. Herr Mehrling beschreibt die Situation nach Erhalt der Kündigung. In der letzten Spalte wird vom Kündigungsschutzverfahren berichtet. Schwerbehinderten Beschäftigten darf nicht ohne Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden.
Das Versorgungsamt hat im Kündigungsschutzverfahren kein Mitbestimmungsrecht. Eine wichtige Informationen für alle schwerbehinderten Beschäftigten!
Nadja Fallert, Fachberaterin beim Integrationsfachdienst Heidelberg-Mosbach
Meldung "Acht-Stunden-Tag in Gefahr", ver.di publik 6_2015
Ihr bringt wie immer sehr interessante Themen, die man sonst so nicht zu lesen bekommt. Allerdings sollten gerade wir uns hüten, das Kampfvokabular gewisser Gruppierungen kritiklos abzuschreiben. "Lockerungen" bei der Sonn- und Feiertagsarbeit sind mitnichten Lockerungen, sondern für uns eindeutig Verschlechterungen. Da sind zumindest Anführungszeichen nötig (modalisierende Funktion).
Franz Röttges, per E-Mail
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