"Ich verreise sehr gerne"

Motel One-Rezeption in München

"Ich bin super zufrieden", sagt die 27-jährige Anna strahlend. Sie arbeitet für eine noch junge Hotelkette. Und sie ist froh, dort gelandet zu sein. "Wir sind ein junges Team und auch die Geschäftsführung behandelt uns auf Augenhöhe. Hier geht es nicht so hierarchisch und formell zu wie in den Luxushäusern. Außerdem können wir unsere eigenen Ideen kreativ einbringen. Sie werden ernst genommen und umgesetzt." Anna ist zierlich, hat gepflegte, lange Nägel und einen offenen, freundlichen Blick. Während ihrer Gymnasialzeit in Berlin hat sie ein Praktikum im Hotel gemacht. "Ich fand das eigentlich gut, aber dann dachte ich mir, das machst du ohnehin nicht." Nach dem Abi stand die Frage im Raum: Studium oder Ausbildung. "Ich merkte: Ich habe Lust auf eine Ausbildung und ich habe mich für das Hotelfach entschieden." Ihre Ausbildung machte sie in einem Fünf-Sterne-Haus.

"Ich dachte, das sei das Beste. Aber die Ausbildung ist echt hart und in den Luxushotels geht es sehr streng hierarchisch und konventionell zu. Hinzu kamen Überstunden, schlechte Arbeitszeiten, und man verdient richtig, richtig schlecht. Ich musste nebenbei arbeiten."

Abbrecherquote unter Auszubildenden ist sehr hoch

Harte Arbeit, permanente Überstunden, ein oftmals rauer Ton und der Eindruck, als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden, führen bei vielen Auszubildenden in der Hotelbranche zu großer Enttäuschung. Nach einer Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) haben Hotel- und Restaurantfachleute die höchste Abbrecherquote schon in der Ausbildung. Die meisten wollen nicht auf Dauer in dem Beruf bleiben.

Anna kennt das: "Viele, die mit mir angefangen haben, haben die Ausbildung abgebrochen. Sie machen nun etwas ganz anderes. Erzieher oder Physiotherapeut." Anna konnte mit ihrem guten Notendurchschnitt die Ausbildung von drei auf zweieinhalb Jahre verkürzen. "Zwischendrin habe ich auch überlegt, doch noch zu studieren. Aber ich merkte, dass das von außen kommt. Das ist immer so ein merkwürdiger Anspruch, der an einen herangetragen wird. Und außerdem: Da so viele schon in der Ausbildung abbrechen, findet man im Hotel immer eine Stelle. Es werden viele Fachkräfte gesucht."

Jetzt arbeitet sie an der Rezeption. „Das macht mir Spaß. Ich treffe viele unterschiedliche Leute. Ich kann mich in Fremdsprachen ausprobieren, mein Französisch und Englisch austesten. Und wir sind ein gutes, junges Team.“ Sie arbeitet in der Früh- und Spätschicht im Wechsel. „Damit kann ich jetzt gut leben. Aber wenn ich einmal Kinder habe, ist die Frage, wie man das organisiert. Spätdienst ist doof: Dann hast du von deinen Kindern nichts. Frühdienst ist doof: Dann kannst du sie nicht zur Schule bringen.“

Trotzdem ist Anna zuversichtlich, Arbeit und Kinder unter einen Hut zu bringen. „Wenn ich einmal Kinder habe, könnte ich mir vorstellen, beispielsweise in der Reservierung zu arbeiten. Es gibt auch im Hotel Möglichkeiten, die familienfreundlicher sind.“

Die Arbeitszeiten sind für viele ein Problem im Hotelgewerbe. Und die Bezahlung? „Ich würde behaupten, ich verdiene gut für das, was ich mache. Ich werde nach Tarif bezahlt und wir haben auch übertarifliche Zuschläge. Bonuszahlungen alle drei Monate. Und Überstunden können wir abbummeln.“ Sie verdiene zwischen 1.400 und 2.000 Euro netto. „Nachtzuschlag, Feiertagszuschlag, Weihnachtsgeld, das haben wir alles auch.“

Super findet sie den Rabatt, den sie in den anderen Häusern der Kette bekommt. „Ich verreise sehr gerne. Innerhalb Deutschlands war ich schon in München, Hamburg, Frankfurt. Inzwischen gibt es auch Häuser in Holland, in Österreich, England, Belgien, und Barcelona kommt bald. Ich habe noch viel vor. Für ein Wochenende zu zweit lohnen sich diese Trips immer.“ Mit ihrem Freund genießt sie auch die Sondertarife für Hotelbeschäftigte für Musicals und andere Kultur-Events. „Du zahlst eine Karte und bekommst zwei. Supi!“

Protokoll: Edith Kresta

"Ich verdiene gut für das, was ich mache. Ich werde nach Tarif bezahlt und wir haben auch übertarifliche Zuschläge."