Erstmals seit der Rückkehr Portugals zur Demokratie vor 40 Jahren bestimmt wieder eine linke Koalition die Geschicke des Landes. Der neue Ministerpräsident António Costa von den Sozialisten (PS) wagte nach den Wahlen im vergangenen Jahr den Bruch mit dem etablierten Wechselspiel, in dem sich seine Partei und die Konservativen stets die Macht geteilt oder gegenseitig gestützt hatten. Stattdessen schloss er politische Abkommen mit den kleineren linken Parteien. Seine Minderheitsregierung wird nun im Parlament vom Linksblock und der Allianz CDU aus Kommunistischer Partei (PCP) und Grünen (PEV) toleriert. Die großen Gewerkschaften CGTP-IN und UGT begrüßten den Wechsel. Sie wollen über die Umsetzung angekündigter Veränderungen wachen und weiter die Rechte der arbeitenden Menschen einfordern.

Die neuen Partner eint der Wunsch, die unsoziale Politik der letzten Jahre zu beenden, die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Sie stehen als Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft der Bevölkerungsmehrheit. Ende Februar brachten die vier Parteien auch schon den Haushaltsentwurf des neuen Kabinetts im Parlament durch.

Schwierige Aufgaben

Vorausgegangen war ein Feilschen mit der EU-Kommission über die Details des Etats. Denn der stellt eine Abkehr von der strikten Sparpolitik nach EU-Diktat unter dem konservativen Premier Pedro Passos Coelho (PSD) dar, die Hunderttausende Portugiesen verarmen ließ oder aus dem Land trieb. Seine Wahlkoalition "Portugal à Frente" (Vorwärts, Portugal) aus PSD und der weiter rechts stehenden CDS-PP war in den Wahlen zwar stärkste Kraft geworden, hatte aber ihre Parlamentsmehrheit verloren. Dennoch versuchte Portugals scheidender erzkonservativer Präsident Aníbal Cavaco Silva, einen Machtwechsel mit allen Mitteln zu verhindern. Er warnte vor Instabilität und düsterer Zukunft und beauftragte den Konservativen Passos Coelho mit der Regierung, der aber im Parlament durchfiel. Schließlich musste sich Cavaco der Realität beugen und António Costa zum Ministerpräsidenten berufen. Ende Januar wurde mit dem Rechtswissenschaftler und bekannten Fernsehkommentator Marcelo Rebelo de Sousa erneut ein Konservativer zum nächsten Staatspräsidenten gewählt. Er schlägt moderatere Töne an und sucht ein kooperatives Verhältnis zur neuen Regierung. Am 9. März tritt er sein Amt an.

Costas Regierung steht vor schwierigen Aufgaben: Zum einen soll die Massenkaufkraft gestärkt werden, Lohnsteuern werden gesenkt, der Mindestlohn auf 530 Euro angehoben, Privatisierungen im Transportwesen ausgesetzt. Im öffentlichen Dienst werden Einschnitte zurückgenommen, die 35-Stunden-Woche wird wieder eingeführt. Gewerkschaften, Kommunisten und Linksblock fordern die bessere Besoldung unterer Lohngruppen und die schrittweise Verkürzung der Arbeitszeit auch im Privatsektor.

Zum anderen will Portugal seine Neuverschuldung weiter eindämmen und den internationalen Verpflichtungen nachkommen, die es 2011 eingehen musste, um Finanzhilfen der Euroländer zur Abwendung eines Bankrotts zu erhalten. Zwar hat das Land die Talsohle der Krise durchschritten, profitiert vom niedrigen Ölpreis und exportiert wegen des schwachen Euros wieder mehr, doch das sind unsichere Faktoren. Auch innenpolitisch wird es für die Regierung nicht einfach. Die Kommunisten gelten als verlässliche Partner,die Rückkehr zur Rotstiftpolitik würde jedoch auf den Widerstand der linken Unterstützer Costas und der starken Gewerkschaften stoßen.

Peter Steiniger