Jahrelanger Kampf: Ecuadorianer/innen machen im Oktober 2013 in New York auf den Konflikt mit Chevron und die Ölverschmutzung aufmerksam

Der jahrelange Streit zwischen Ecuador und dem US-Erdölmulti Chevron über die Kosten zur Beseitigung von Umweltschäden geht in eine neue Runde. Nachdem ein Gericht im niederländischen Den Haag das Urteil eines Schiedsgerichtshofes gegen das südamerikanische Land vor wenigen Wochen bestätigt hat, kündigte Ecuadors Generalstaatsanwalt Diego García Ende Januar Berufung an.

Die niederländischen Richter waren zuvor der Argumentation des ebenfalls in Den Haag ansässigen Ständigen Schiedshofes gefolgt, dem zufolge Ecuador an ein Investitionsschutzabkommen mit den USA aus dem Jahr 1995 gebunden ist. Zudem habe die damalige Regierung des südamerikanischen Landes dem US-Multi drei Jahre später bestätigt, er habe die Fördergebiete ordnungsgemäß verlassen.

Bei dem Streit geht es um hohe Strafzahlungen für Umweltschäden. Ecuador und Chevron liefern sich seit Jahren eine heftige Auseinandersetzung, die sowohl auf der juristischen wie auch auf der politischen Ebene ausgetragen wird.

Dabei geht es um einen enormen Streitwert: Chevron soll bis zu 19 Milliarden US-Dollar bezahlen, weil das Vorgängerunternehmen Texaco nach Darstellung der Kläger massive Schäden für Mensch und Umwelt verursacht hat. Texaco hatte in Ecuador zwischen 1964 und 1992 Erdöl gefördert und wurde 2001 von Chevron übernommen. Zu diesem Zeitpunkt liefen bereits Klagen von Anwohnern der ehemaligen Fördergebiete. Insgesamt habe Texaco 71 Millionen Liter Erdölrückstände und 64 Millionen Liter Rohöl hinterlassen. Dieses giftige Erbe belaste rund zwei Millionen Hektar Land, vor allem im ecuadorianischen Teil des Amazonas. Die Kläger, allen voran indigene Organisationen, berufen sich auf einen Artikel des Fördervertrags, nach dem das Unternehmen toxische Rückstände in tiefe Erdschichten hätte pumpen müssen. Tatsächlich habe Texaco Rohöl und andere Rückstände jedoch nur mit einer dünnen Erdschicht bedeckt. Chevron hingegen macht die staatliche ecuadorianische Erdölgesellschaft Petroecuador verantwortlich und versucht, die enorme Entschädigungssumme auf den südamerikanischen Staat abzuwälzen.

Widerstand aus Quito

Mit dem Urteil des Ständigen Schiedshofes in Den Haag und der Bestätigung durch ein lokales Gericht hat der US-Konzern nun einen Teilsieg errungen. Die Entscheidung des Den Haager Gerichts "bestätigt die Integrität der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und bekräftigt, dass Ecuador für die Verletzung seiner internationalen Verpflichtungen zur Verantwortung gezogen werden wird", hieß es in einer Erklärung des Unternehmens. Chevron behauptet auch, dass ein 2013 in Ecuador gefälltes Urteil über 9,5 Milliarden US-Dollar Entschädigungszahlungen manipuliert gewesen sei. Die Strafe war in Ecuador verdoppelt worden, weil sich Chevron weigerte, das Urteil anzuerkennen. Stattdessen strengte das Unternehmen einen spektakulären Prozess in New York an. Die ecuadorianischen Kläger wurden dabei der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung bezichtigt. Die Vertreter des Erdölkonzerns beriefen sich auf das sogenannte RICO-Gesetz, das in den 1970er Jahren mit Urteilen gegen die Mafia in den USA bekannt geworden war. Das New Yorker Urteil war nur ein Kapitel in einem zunehmend unüberschaubaren Rechtsstreit zwischen Ecuador und Chevron mit Vorwürfen und Gegenklagen vor verschiedenen Gerichten.

Vor allem das Urteil des Schiedshofes in Den Haag trifft nun aber in Quito auf Widerstand. Chevron, heißt es, könne sich nicht auf ein Investitionsschutzabkommen zwischen Ecuador und den USA berufen, weil dieser Vertrag erst 1995 unterzeichnet wurde - also drei Jahre, nachdem der damalige Texaco-Konzern das Land verlassen hat. Eine rückwirkende Anwendung des Vertrags sei nicht vorgesehen. Auch den Verweis der Gegenseite, dass die damalige ecuadorianische Regierung Texaco 1998 die ordnungsgemäße Übergabe der Bohrstätten bescheinigt habe, will man in Quito nicht gelten lassen. Die Entscheidung der Regierung des damaligen neoliberalen Präsidenten Jamil Mahuad sei erkauft gewesen, sagt der aktuelle Staatschef Rafael Correa.

Seine Regierung sieht den Rechtsstreit auch als Beispiel für staatsgefährdende Urteile internationaler Schiedsgerichte. Auf der UN-Klimakonferenz in Paris schlug Correa daher die Schaffung eines "Internationalen Klimagerichtshofes" vor, um Streitfälle wie den zwischen seinem Land und Chevron zu klären. Es sei ein Problem, so Correa, wenn Schiedsgerichte solche für die betroffenen Staaten weitreichenden Fälle auf der Basis von Unternehmens- und Investitionsschutzrechten behandelten.

Hochgiftiges Wasser in Flüsse gepumpt

Welche Konsequenzen die Fördertätigkeiten von Texaco in Ecuador hatten, machte im vergangenen Dezember der Opferanwalt Pablo Fajardo bei einem Vortrag in Berlin deutlich. In den 26 Jahren Förderzeit seien auf einer Fläche von 450.000 Hektar in einem biologisch reichen Gebiet die Lebensgrundlage für Flora und Fauna zerstört worden. "60 Milliarden Liter hochgiftiges Wasser wurden in die Flüsse gepumpt, 880 offene Abfallgruben voller Rohöl und giftigem Schlamm wurden zurückgelassen und 6,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas unter freiem Himmel verbrannt", erklärte der Anwalt.