Gewerkschaften im Aufwind

USA – Weltweit setzen sich Gewerkschaften für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen ein. Gleichzeitig ist die Behinderung von Gewerkschaften auf der ganzen Welt verbreitet. Noch immer müssen nicht wenige Gewerkschafter*innen bei ihrem Einsatz für Arbeitsrechte, faire und gute Löhne gar um ihr Leben fürchten. Ende August sind in den USA in Philadelphia zum sechsten Mal Gewerkschaftsdelegierte aus aller Welt zum Weltkongress des Dachverbands UNI Global Union, der mehr als 20 Millionen Beschäftigte in den Dienstleistungsbranchen in 150 Ländern vertritt, zusammengekommen. Die USA war für das diesjährige Treffen gut gewählt. Denn ausgerechnet das Land, das für die unablässige Verteidigung von Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit steht, tut sich schon lange schwer mit Beschäftigten, die sich für ihre Rechte einsetzen. Im Jahr 2022 vertraten die Gewerkschaften in den USA nur noch gut 10 Prozent aller Beschäftigten, darunter 6 Prozent in der freien Wirtschaft und rund 33 Prozent in den öffentlichen Diensten. In kaum einem anderen Land gibt es derartig viele Unternehmensberater, die auf die Zerschlagung von Gewerkschaften spezialisiert sind. 400 Millionen US-Dollar geben Arbeitgeber jedes Jahr für solche Berater in Sachen Union Busting, also Gewerkschaftsverhinderung, aus. Dennoch: In der amerikanischen Öffentlichkeit ist die Unterstützung für die Gewerkschaften mit 71 Prozent der Bevölkerung aktuell so hoch wie seit 1965 nicht mehr. Laut Umfragen würde heute fast die Hälfte der Beschäftigten einer Gewerkschaft beitreten, wenn es möglich wäre. Auffällig hoch ist die Zustimmung dabei unter jungen Beschäftigten und Angehörigen der Generation Z ist. Deren Unterstützung über Klassen- und ideologische Grenzen übersteige sogar die Unterstützung unter älteren Generationen.

Ohrfeige der ILO

Großbritannien – Der britische Gewerkschaftsbund hat Mitte September erneuten Widerstand gegen die neuen Anti-Streik-Gesetze angekündigt. Die Gewerkschaften haben die Auseinandersetzung über das Streikrecht mit der konservativen Regierung verschärft und bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Beschwerde über neue Gesetzesvorgaben aus London eingereicht. Der Gewerkschaftsverband TUC wirft der Regierung in London den Bruch internationalen Rechts vor. Konkret geht es um die Anti-Streik-Gesetze, die seit dem Sommer in Kraft sind und von den Arbeitnehmer*innen verlangen, auch bei Streiks eine Mindestversorgung in Schlüsselbranchen sicherzustellen. TUC sieht darin eine unzulässige Einschränkung des Streikrechts. Die Regierung des konservativen Premiers Rishi Sunak beharrt darauf, dass die verschärften Regeln zum Schutz der Bevölkerung notwendig seien. Hintergrund sind die seit mehr als einem Jahr andauernden Massenstreiks von Eisenbahnern, Krankenschwestern, Ärzten und Lehrern in Großbritannien, die viele öffentliche Dienst- leistungen immer wieder zum Erliegen bringen. "Die ILO hat der britischen Regierung bereits eine Ohrfeige verpasst und sie aufgefordert, dafür zu sorgen, dass bestehende und künftige Gesetze mit den ILO-Normen in Einklang stehen", sagte TUC-Chef Paul Nowak beim Gewerkschaftstag seiner Organisation in Liverpool. "Diese Gesetze sind nicht dazu gedacht, Konflikte am Arbeitsplatz zu lösen, sondern sie sollen sie eskalieren." Sie seien undemokratisch und verstießen gegen internationales Recht.