Die Sachgebietsleiterin der Deutschen Rentenversicherungsdienststelle in Kassel hatte ihr Team zur Weihnachtsfeier eingeladen, so wie jedes Jahr. Es sollte ein schöner Nachmittag werden, mit Kaffeetrinken und Wanderung. Zehn Personen einschließlich der Sachgebietsleiterin machten sich nach Kaffee und Kuchen noch auf den Weg zu einer kleinen Wanderung. Weil es Winter war und stellenweise glatt, rutschte die Sozialversicherungsfachangestellte Simone Wiesel aus und verstauchte sich das Handgelenk. Doch als Arbeitsunfall wurde ihr Sturz nicht anerkennt. Die Begründung: Die Unternehmensleitung war nicht anwesend, nur eine Gebietsleiterin.

"Ich dachte, auf einer Betriebsfeier muss ich doch versichert sein", meint Simone Wiesel rückblickend. Sie wandte sich an den ver.di-Rechtsschutz. Es hätte ja auch eine schlimmere Verletzung sein können. "Da wollte ich nicht kampflos aufgeben", sagt Simone Wiesel. Und das hat sich gelohnt. Am Ende eines langen Verfahrens wurde der Fall am 5. Juli 2016 vor dem Bundessozialgericht mit einem bahnbrechenden Urteil entschieden: Demnach sind Beschäftigte auf einer Betriebsfeier auch dann unfallversichert, wenn die Unternehmensleitung nicht persönlich anwesend ist und nur die Sachgebiets- oder Teamleitung die Feier genehmigt hat.

"Damit gibt das Bundessozialgericht seine langjährige bisherige Rechtsprechung zur Betriebsfeier auf. Das wegweisende Urteil gibt Rechtssicherheit, wenn Teams auch ohne den obersten Chef zu Betriebsfeiern einladen", betont Bertold Brücher, Rechtsschutzsekretär beim Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Europäisches Recht der DGB Rechtsschutz GmbH. Die Sozialversicherungsfachangestellte Simone Wiesel hat im Prinzip mit ihrem Sturz Betriebsfeiern generell sicherer gemacht. Für alle Beschäftigten.

Manchmal kann sich ein Rechtsstreit gegen den Arbeitgeber richtig lohnen, beispielsweise wenn das Unternehmen den vereinbarten Lohn nicht zahlen will und der Streit viele Jahre dauert. Manchmal geht es aber auch um die blanke Existenz, dann, wenn womöglich der Arbeitsplatz betriebsbedingt gekündigt wurde. Oder es gibt Streit bei Urlaubsfragen. Was auch meist den Gang vor Gericht notwendig macht, ver.di-Mitglieder haben Rechtsschutz.

Nicht selten geht es um richtig viel Geld

Die DGB Rechtsschutz GmbH hat im letzten Jahr insgesamt 126.576 neue Verfahren für die Mitglieder der Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes geführt und dabei 261 Millionen Euro erstritten. Würde man die Summe gleichmäßig auf alle Verfahren verteilen, dann wären das im Schnitt 2.062 Euro für jeden Betroffenen. Im Einzelfall kann es aber um sehr viel mehr Geld gehen.

Auch bei dem Altenheimbetreiber "pro seniore" ging es ums Geld. Die Betreibergesellschaft verweigerte den Beschäftigten in Göttingen die Anerkennung des Manteltarifvertrags, den die Konzernmutter des bundesweit tätigen Unternehmens im September 2004 mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hatte. Der Vertrag sollte eine Eingruppierung nach Tätigkeit und Erfahrungsstufen zusichern, was mehr Lohn bedeutete. Der Göttinger Arbeitgeber weigerte sich zu zahlen. 30 gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter/innen wandten sich an die DGB Rechtsschutz GmbH, die für sie klagte. Es ging um Beträge von bis zu 800 Euro monatlich, wenigstens aber um 170 Euro - bei einem Bruttogehalt von 2.254 Euro eine erhebliche Summe.

Langwierige Verfahren

Zehn Jahre dauerte der Streit. Der Arbeitgeber ließ vor Gericht kein noch so dünnes Argument aus. Unter anderem behauptete er, die klagenden Mitarbeiter/innen seien nicht als Altenpfleger/innen beschäftigt und hätten deshalb keinen Anspruch auf das Entgelt gemäß der Eingruppierung. Der Streit ging durch alle Instanzen. Im Frühjahr 2016 nahm das zermürbende Gerangel endlich ein Ende. Ein Vertreter der Konzernzentrale meldete sich beim DGB Rechtsschutz in Göttingen und kündigte an, den Tariflohn ab jetzt freiwillig zahlen zu wollen.

"Da die ganze Zeit über zu wenig Lohn gezahlt wurde, mussten wir nicht nur für die Anerkennung des Manteltarifvertrags klagen, sondern auch jeden Monat die neu anfallenden Differenzen zum Monatslohn fordern", erläutert Rechtsschutz- sekretärin Kirsten Schwarzkopf das langwierige Verfahren.

Allein ein Drittel aller Fälle führte der DGB Rechtsschutz 2015 für ver.di-Mitglieder. Um so viele Verfahren bewältigen zu können, werden die Mitglieder der im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften bundesweit von rund 385 Rechtsschutzsekretären und -sekretärinnen im Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsrecht vertreten, die zusätzlich von 352 Verwaltungsangestellten unterstützt werden. Bei den gerichtlichen Verhandlungen im Arbeitsrecht ging es 2015 in jedem vierten Fall um betriebsbedingte Kündigungen (24,3 Prozent) und in beinahe jedem zweiten Fall ums Arbeitsentgelt (45,1 Prozent).

Urlaub darf nicht einfach gekürzt werden

Aber auch um den Urlaub wird gestritten, wenn es sein muss, bis vor den Europäischen Gerichtshof. Wegweisend ist der Fall von Bianca Brandes. Das ver.di-Mitglied wechselte von Voll- in Teilzeit. Ihr Arbeitgeber, das Land Niedersachsen, wollte die vor dem Wechsel erworbenen Urlaubsansprüche aus der Vollzeit auf die reduzierte Anzahl der Teilzeittage kürzen. Auch Brandes nahm den Rechtsschutz in Anspruch. "Ich hätte nie gedacht, dass das dann so große Kreise ziehen wird", sagt die Gesundheits- und Krankenpflegerin. Denn auch dieses Verfahren zog sich hin.

Zunächst fragte das zuständige Arbeitsgericht Nienburg beim Europäischen Gerichtshof nach. Der vertrat die Auffassung, dass die ungünstige Umrechnungsmethode des Arbeitgebers gegen das Europarecht verstoße. In diesem Sinne entschied auch das Arbeitsgericht. Doch das Land Niedersachsen ließ nicht locker, ging zuletzt vor dem Bundesarbeitsgericht in Revision, zog aber dann doch zurück. "Damit ist das Urteil rechtskräftig. Der in Vollzeit angesammelte Urlaub darf bei einem Wechsel in Teilzeit nicht gekürzt werden", sagt Rechtsschutzsekretär Thomas Schlingmann.

Trickserei beim Mindestlohn unterbunden

Eine wichtige Entscheidung zum Mindestlohn fiel am 12. Mai 2016 am Arbeitsgericht Gera. Ein Zusteller hatte zusätzlich zum Austragen der Zeitung auch noch Werbeprospekte einsortiert. Weshalb ihm der Mindestlohn zustand. Eine Ausnahme ist nämlich nur dann erlaubt, wenn wirklich allein Presseartikel ausgetragen werden und keine weiteren Tätigkeiten dazukommen. Nur dann gilt noch bis 2017 ein niedrigerer Mindestlohn. Das aber war bei diesem Zusteller nicht der Fall. Das ver.di-Mitglied klagte mit Hilfe des DGB-Rechtsschutzes und hatte Erfolg. "Die Trickserei beim Mindestlohn wurde mit dem Urteil unterbunden", sagt Rechtsschutzsekretärin Inka Lampmann, die den Kläger vor Gericht vertreten hat. "Werbeprospekte einzulegen, ist eindeutig etwas anderes als nur Zeitungen auszutragen."

Zehn gute Gründe

1 Weil faire Arbeitsbedingungen nur fair sind ver.di handelt für ihre Mitglieder gute Arbeitsbedingungen aus.

2 Weil auch im Streikfall die Kasse stimmt ver.di zahlt ihren Mitgliedern Streikgeld, um Einkommenseinbußen aufzufangen.

3 Weil Gekündigte kämpfen können Die ver.di-Arbeitsrechtsexperten beraten Mitglieder im Kündigungsfall. Zudem werden ver.di-Mitglieder deutlich seltener gekündigt als Nichtmitglieder.

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