Es war noch Nacht, als die ver.dianer/innen aus Baden-Württemberg an verschiedenen Orten den Bus bestiegen. Am frühen Morgen des 30. Januar haben sie schließlich das Verhandlungshotel in Potsdam erreicht. Eine anstrengende Reise, "doch die Mühe hat sich gelohnt", sagt Lilli Kilian, Krankenschwester und Personalratsvorsitzende aus dem Zentrum für Psychiatrie in Weinsberg. "Wir wollen den Arbeitgebern noch einmal deutlich machen, dass wir es ernst meinen mit unseren Forderungen." "Mit uns ist nicht zu spaßen" - so heißt auch das Motto auf einem der vielen Schilder, die die Beschäftigten aus den Zentren für Psychiatrie nach Potsdam mitgebracht hatten.

Doch auch in der zweiten Verhandlungsrunde haben die Arbeitgeber nicht mit einem Angebot auf die Forderungen der Gewerkschaften reagiert; in keinem einzigen Punkt liegt bisher ein konkreter Vorschlag von ihnen auf dem Tisch. Die geforderte Lohnerhöhung, eine soziale Komponente für untere und mittlere Einkommensgruppen, Verbesserungen für die Azubis, für die Beschäftigten in der Pflege und im Sozial- und Erziehungsdienst - alles bleibt offen. Ernüchternd ist folgerichtig die Bilanz des ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske. "Wir sind von einem Durchbruch weit entfernt", sagt er. "Jetzt müssen wir mit Warnstreiks für Bewegung in den Verhandlungen sorgen."

Dringend gebraucht, zu schlecht bezahlt

ver.di fordert in der Tarif- und Besoldungsrunde für die Beschäftigten der Länder Verbesserungen im Umfang von 6 Prozent mit einem Sockel- oder Mindestbetrag als sozialer Komponente. Es geht auch um die Übernahme der Azubis und 90 Euro pro Monat mehr für sie, um die immer häufigeren sachgrundlosen Befristungen und die Einführung der Stufe 6 in der Bezahlung ab der Entgeltgruppe 9. Die Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst sowie in der Pflege soll an die der Kommunen angeglichen werden. ver.di fordert auch, dass das Verhandlungsergebnis auf Beamte und Versorgungsempfänger/innen übertragen wird.

Rund 500 Aktive waren zum Verhandlungsbeginn am 30. Januar nach Potsdam gekommen, mehr als 100 Beschäftigte allein von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, darunter Ingenieure, Gärtner, Restauratorinnen. Für die meisten Kollegen, sagte der Verwaltungsangestellte Thomas Krause, sei es in dieser Tarifrunde am wichtigsten, "dass am Ende mehr Geld rauskommt. Deshalb sind wir da, wenn wir gebraucht werden. ver.di kann mit uns rechnen!"

Dem Sozialarbeiter Horst Burkhart aus dem Zentrum für Psychiatrie in Emmerdingen liegt besonders am Herzen, "dass die Kollegen bei uns in der Pflege und im Sozialdienst endlich genauso bezahlt werden wie bei den Kommunen". Lilli Kilian bestätigt das. Die Personalratsvorsitzende spricht von dem längst schon dramatischen Fachkräftemangel in den psychiatrischen Kliniken. "Wir betreuen erwachsene Patienten, haben eine Kinder- und Jugendpsychiatrie, einen Maßregelvollzug - alles. Auch traumatisierte Flüchtlinge sind bei uns", sagt sie. Doch die bei ihnen ausgebildeten jungen Fachkräfte würden nach dem Abschluss lieber in eine kommunale Klinik wechseln. "Dabei werden sie bei uns dringend gebraucht!" Weil die Situation so schwierig ist und alle das wissen, war die Beteiligung an der ersten "Streikpause" in dieser Tarifrunde im Zentrum Emmerdingen Mitte Januar auch "überraschend gut", wie der Personalratsvorsitzende Horst Burkhart feststellt. Mit 116 Teilnehmern hätten sie nicht gerechnet. Für Februar werden nun noch ganz andere Teilnehmerzahlen erwartet: "Nachdem die Arbeitgeber überhaupt kein Angebot vorgelegt haben, rufen wir alle Zentren für Psychiatrie in Baden-Württemberg zum ganztägigen Warnstreik auf. Die Notdienstvereinbarung dafür steht schon", so Lilli Kilian. Der Tag wird gut laufen, sie ist sich sicher. "Die Stimmung bei uns ist gut!"

Nächster Verhandlungstermin: 16. Februar

Interview Seite 3

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