Ausgabe 02/2017
Die Kindertagesstätte als Standortfaktor
Kommunen können gegen den Trend wachsen, wenn sie für Kindertagesstätten sorgen. Das erläuterte der Sozialwissenschaftler Professor Dr. Ralf Haderlein am 1. Februar in Gießen während der dritten Veranstaltung der Reihe "Vorsorgende Kommune". Mit der Reihe will ver.di Kommunalpolitiker/innen und Gewerkschafter/innen miteinander ins Gespräch bringen.
Zunächst wagte der Koblenzer Studienleiter für Kindheits- und Sozialwissenschaften einen Blick in die Zukunft. In hessischen Kommunen wird es demnach künftig weniger einkommensgenerierende Bevölkerung geben, weil die Hessinnen und Hessen immer älter werden. Lag im Jahr 2014 das Durchschnittsalter noch bei 42 Jahren, so wird es im Jahr 2050 bei 50 Jahren liegen, und zwar regional unterschiedlich. Während die Bevölkerung in Südhessen zunehmen werde, gehe sie in Nordhessen zurück. Es gelte, als Kommune attraktiv für Familien zu sein, denn sie sind die Steuerzahler, 15 Prozent der Lohnsteuer gehen an Kommunen. Professor Haderlein empfiehlt daher die Kindertagesstätte als Standortfaktor.
Aus pädagogischer und gesellschaftspolitischer Sicht gibt es dafür gute Argumente. Kinder kommen heutzutage früher in die Kita und bleiben wesentlich länger. Das Kind wird dort gefördert und zur eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit erzogen. Damit ist die Kita, so Haderlein, ein eigenständiger Bildungsort und mindestens gleichwertig mit der Grundschule. Dort verdienen Lehrer/innen zirka 1.000 Euro im Monat mehr.
Das ist für Haderlein das Stichwort für den dringenden Aufwertungsbedarf des Berufsbildes der Erzieherin. Aufwertung, da waren sich auch die anwesenden Kommunalpolitiker/innen und Erzieher/innern einig, ist der Schlüssel, um den Fachkräftemangel zu beheben oder mehr der dringend benötigten männlichen Kräfte zu gewinnen.
In seinem Abschluss-Statement nannte ver.di-Landesbezirksleiter Jürgen Bothner frühkindliche Bildung als Teil der Zukunftsgestaltung nächster Generationen. Er forderte die Politik auf, hier Geld fließen zu lassen, statt es im Namen der Schuldenbremse zurückzuhalten. Ute Fritzel