Man kann versuchen, die Jewish Monkeys einfach als Unterhaltungsband zu hören. Das funktioniert prima, denn die israelische Band mixt auch auf ihrem zweiten Album High Words aus Balkan-Rhythmen, Klezmer-Melancholie und Surf-Melodien einen dermaßen infektiösen Cocktail, der eigentlich verschreibungspflichtig sein müsste. Aber mit dem Tanzen ist es nicht getan: Die Jewish Monkeys sind in jedem Ton und in jeder Silbe auch eine hochkomplexe Auseinandersetzung mit jüdischer Identität. Das beginnt mit dem politisch inkorrekten Bandnamen und endet lange noch nicht mit den Texten. Denn in denen mag es mitunter um vorgetäuschte Orgasmen oder morsche Knochen gehen, aber in einem Song wie Oy Brigitte eben auch um die absurde Mischung aus antisemitischen Vorurteilen und schlechtem Gewissen, die einem Juden regelmäßig begegnet. So wird noch das scheinbar harmloseste Liebeslied zu einer Sitzung auf der Couch bei einem Psychiater, der mal von Groucho Marx, mal von Woody Allen gespielt sein könnte. Noch mehr politische Sprengkraft als die Texte aber hat die musikalische Umsetzung: Indem die Jewish Monkeys immer wieder in verschiedenen, mit Juden assoziierten Dialekten singen, indem sie Shtetl-Musiken mit Punk-Ruppigkeit kurzschließen, bedienen sie zwar Klischees, aber parodieren und transzendieren sie zugleich. Thomas Winkler

CD, GREEDY FOR BEST MUSIC/INDIGO


Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi: Das nullte Kapitel

Robert Gwisdek ist Schauspieler, Kind berühmter Eltern, Filmemacher, Buchautor. Und er ist Rapper. Als solcher nennt er sich Käptn Peng und schmiedet aufs Schönste verschachtelte Reime, die wörtlich zu nehmen gleichbedeutend damit wäre, dem 33-jährigen Berliner eine mittelschwere Persönlichkeitsstörung zu attestieren. Durch die Welt, die er auf Das nullte Kapitel, dem zweiten Album seiner Band Die Tentakel von Delphi, entwirft, streifen zweiköpfige Einhörner und Schatten, die man besser umarmen sollte. Außerdem werden Katzen gegossen, Igel rasiert und die höhere Mathematik erforscht. Oder, um es den Käptn gleich selbst sagen zu lassen: "Die Illusion ist die Realität". Wahlweise auch: "Die Wahrheit ist ein ernster Clown." Kein Wunder, dass der Sohn von Corinna Harfouch und Michael Gwisdek in der deutschen HipHop-Szene eine Ausnahmestellung genießt: Seine von psychischen Verwerfungen und utopischen Alpträumen bestimmten Verse sind nicht nur durchgeknallter als so ziemlich alles andere, was hierzulande im Rap stattfindet, sondern auch witziger, verwegener und intelligenter. Und dazu noch geschmeidig vorgetragen, während Die Tentakel auf aus Bürsten, Eimern oder Töpfen gebauten Instrumenten einen so räudigen wie rhythmischen Instrumentalteppich weben. Thomas Winkler

CD, KREISMUSIK/SOULFOOD


Orchestra Baobab: Tribute To Ndiouga Djeng

Seinen Namen verdankt das Orchestra Baobab einem der heißesten Nachtclubs im Dakar der siebziger Jahre, dem Baobab. Lange bevor populäre Musik aus Afrika ihren Weg in den Westen fand, schufen Bands wie diese die Grundlagen für einen modernen, urbanen afrikanischen Sound. Seit ihrer Gründung 1970 hat die senegalesische Legende verschiedene Stationen durchlaufen: Auflösung 1987, Neustart 2001 und auch einige Besetzungswechsel. Konstant aber bleibt die Kerngruppe mit ihrem Mix aus afrokubanischer Musik und westafrikanischer Griot-Tradition. Bläsersatz, Rhythmusgruppe und Gesang in der vokalreichen Sprache Wolof sorgen für reichlich Abwechslung. Mit ihrer neuen CD zollt das 13-köpfige Ensemble seinem verstorbenen Mitglied Ndiouga Djieng Tribut. Das Orchestra Baobab bleibt ihm und sich selbst treu und verjüngt sich zugleich mit Neuzugängen an Gitarre, Posaune und der westafrikanischen Kora-Harfe. Mit den entspannten Rumba-Grooves, deren Charme man sich kaum entziehen kann, beweisen die Pioniere erneut, dass sie zu Afrikas Top-Bands zählen. P eter Rixen

CD, WORLD CIRCUIT/INDIGO