Ausgabe 04/2017
70 Prozent ohne Anspruch auf tarifliche Leistungen
Betriebsräte aus dem Handel am 26. April im Landtag. Georg Wäsler überreicht die Erklärung.
Nur eine Stunde nach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, SPD, der am 26. April im Bayerischen Landtag seinen Antrittsbesuch gemacht hatte, besuchten 25 ver.dianerinnen und ver.dianer das Maximilianeum in München. Sie hatten das dringende Bedürfnis, an diesem Ort der Landtagsfraktion der CSU einige wichtige Kritikpunkte vorzutragen, die seit geraumer Zeit nicht nur im Freistaat die Beschäftigten im Handel bewegen.
Ziel der Begegnung war die Übergabe eines Dokuments, das betriebliche und gewerkschaftliche Repräsentanten jener Beschäftigten gemeinsam formuliert hatten. Es handelte sich um eine am selben Vormittag einstimmig von 95 Betriebsräten beschlossene Erklärung an den CSU-Fraktionsvorsitzenden Thomas Kreuzer. In dieser Erklärung fordern Betriebsräte und Beschäftigte die Rückkehr zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen im Handel.
In der Erklärung heißt es: "Seit der Abschaffung der AVE 1999 in Bayern" - gemeint ist damit die ,Allgemeinverbindlichkeit ́ der Tarifverträge - fallen nur mehr zirka 30 Prozent der im Handel Beschäftigten unter den Geltungsbereich der bestehenden Tarifverträge. Oder andersherum: 70 Prozent der Beschäftigten im Handel haben heute keinen Rechtsanspruch mehr auf die tariflichen Leistungen. (...) Der Handel ist in den letzten Jahren zunehmend von Verdrängungswettbewerb, Altersarmut, prekären und zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen gekennzeichnet. Stoppen Sie diese wirtschaftliche Fehlentwicklung für die circa 750.000 betroffenen Arbeitnehmer/innen in Bayern durch die Absicherung der Wirksamkeit von bestehenden Tarifregelungen."
Der Wegfall der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Handel habe diese Entwicklung dramatisch beschleunigt. "Die Staatsregierung wird aufgefordert", so die Folgerung daraus, "diese wirtschaftliche Fehlentwicklung zu stoppen und die Absicherung der Wirksamkeit von bestehenden tariflichen Regelungen für die zirka 750.000 betroffenen Beschäftigten in Bayern (Einzel- und Versandhandel, Buchhandel und Groß- und Außenhandel) wiederherzustellen."
Die Aktion vom 26. April war gleichzeitig der Auftakt zu den diesjährigen Tarifrunden im Einzel-, Groß- und Buchhandel. Neben den Entgeltverhandlungen wird die AVE-Kampagne auch ein bundes- weiter Schwerpunkt für den ver.di-Fachbereich sein.
Die Resolution aus der Hand von Georg Wäsler, Bezirksgeschäftsführer des ver.di-Fachbereichs und stellvertretender Geschäftsführer von ver.di München und Region, haben im Landtag entgegengenommen: Ingrid Heckner, CSU, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Joachim Unterländer, CSU, Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration, und Thomas Huber, CSU.E. B.