Von wegen Frauen ohne Kinder seien egoistisch: Frida würde allzu gerne Mutter werden, aber obwohl sie alles in ihrer Macht Stehende tut, klappt das nicht. Im Gegenteil, ihren Freund nervt es gewaltig, den Geschlechtsverkehr nur noch nach dem Eisprung auszurichten. Er will nicht ihr "Zuchtbulle" sein, beendet die Beziehung. Die biologische Uhr und ein Freundeskreis, in dem sich der Kinderwunsch weitgehend erfüllt hat, setzt die 36-Jährige zusätzlich unter Druck. Psychologisch scharfsichtig und mit absurder Komik erzählt Mareille Klein das Drama der kinderlosen Frau in Zeiten eines neuen Babybooms: Je mehr sich die Sportlehrerin auf die ersehnte Schwangerschaft fixiert, desto unglücklicher wird sie. Wie schön, dass Frida über ihre Pleiten aber nicht zu einer neiderfüllten Intrigantin wird wie böse Singlefrauen in anderen klischeereichen Filmen. Souverän findet sie einen Ausweg. Kirsten Liese

D2016, R: MAREILLE KLEIN. D: KATRIN RÖVER, ULRIKE WILLENBACHER, TILL FIRIT, 94 MIN. KINOSTART 8.2.2018


WIND RIVER

Panisch läuft eine junge Frau barfuß durch die eisige, nächtliche Schneelandschaft. In der Ödnis von Wyoming, dem ländlich geprägten Westen der USA, rennt sie um ihr Leben. Die bitterkalte Luft in ihren Lungen lässt die Äderchen platzen. Sie erstickt im Wind-River-Reservat der Native Americans an ihrem eigenen Blut. Tage später findet Wildhüter Cory Lambert die Leiche der vergewaltigten, 18-jährigen Natalie Hanson, Angehörige eines der Stämme, die hier hoffnungslos leben müssen. Das fulminante Regiedebüt von Taylor Sheridan lenkt den Blick auf das immer wieder verdrängte Schicksal der amerikanischen Ureinwohner, insbesondere der Frauen, in den trostlosen Reservaten. Nach langer Zeit kratzt damit wieder ein sehenswerter Film am heroisierenden Mythos der US-Pionierzeit und zeigt schonungslos die Wunden der kolonialen Freiheit. Hauptdarsteller Jeremy Renner beweist dabei beeindruckend, dass sein Metier nicht nur Action-Blockbuster und Comicverfilmungen sind. Neben Elisabeth Olsen als FBI-Agentin brilliert der 46-Jährige als einsamer Jäger mit subtiler Emotionalität. Luitgard Koch

USA 2017. R: TAYLOR SHERIDAN D: JEREMY RENNER, ELISABETH OLSEN, GIL BIRMINGHAM, U.A. 111 MIN. KIN0START: 8.2.18


Licht

Die Augen rollen, ihre Lippen presst Resi angestrengt zusammen, wenn sie Klavier spielt. Wäre sie nicht blind, würde sich niemand für das musikalische Können der jungen Virtuosin interessieren. Das höfische Wiener Publikum um 1770 sieht in ihr einen Freak. Die Mozart-Zeitgenossin Maria Theresia von Paradis hat wirklich existiert, und auch jener seltsame Wunderdoktor Mesmer, dem sie es als Patientin verdankt, dass sie zeitweise wieder sehen kann, wenn auch zu dem Preis, dass sich ihr Klavierspiel rigoros verschlechtert. Eine merkwürdige Geschichte eigentlich, aber mit ihren subtilen psychologischen Beobachtungen lässt Barbara Albert sie weniger rätselhaft erscheinen. Denn Resi ist eine Seelenblinde, die zu ihrer Heilung nur Menschlichkeit und Freiräume zur persönlichen Entfaltung braucht, die ihre Eltern ihr verwehren. Doch mit der Rückkehr des Sehvermögens avanciert die Musikerin, begafft von Ärzten und Soiree-Gästen, zu einer noch größeren Sensation. Vielleicht ist sie deshalb erneut erblindet, weil sie sie selbst sein kann und der gemeinen Wiener Bagage nicht ansichtig werden muss. Kirsten Liese

A7D 2017. R: Barbara Albert, D: Maria Dragus, Devid Striesow, Katja Kolm u.a., 97 Min. Kinostart 1. 2. 2018