Ausgabe 02/2018
Raus aus der Grauzone
Ein Hafenarbeiter beim Laschen einer Schiffsladung in Antwerpen
Laschen ist eindeutig Hafenarbeit, dass konnte die Internationale Transportarbeiter-Föderation jetzt in einer Klausel durchsetzen
"Geschafft!", freut sich Torben Seebold, ver.di-Bundesfachgruppenleiter für die Maritime Wirtsch aft. Er war in Manila dabei, als am 22.Februar 2018 eine wichtige Änderung der sogenannten Hafenarbeiterklausel (Docker's Clause) vereinbart wurde. Ab 2020 wird das Umschlagen von Schiffsfrachten endlich eindeutig Hafenarbeit sein. Und das ist dann auch juristisch einklagbar. Das biete "die Chance, anhaltende Konflikte in Europa und anderen Regionen zu lösen", sagt Terje Samuelsen, Vorsitzender der Europäischen Hafensektion der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF).
Domäne der Dockerteams
"Laschen ist Hafenarbeit" - mit dieser Kampagne hat die ITF seit Jahren auf einen Missstand aufmerksam gemacht: Das Laschen, die Befestigung der Ladung auf Schiffen, speziell die von hoch aufgestapelten Containern, ist traditionell die Domäne spezialisierter Docker-Teams. Sie stehen in den Häfen bereit, die riskante und körperlich schwere Arbeit qualifiziert und schnell zu erledigen. Doch viele Reeder, auch auf Nord- und Ostsee, wollen Kosten sparen und zwingen ihre Seeleute an Bord auch zum Laschen. Besonders auf kleineren Schiffen, die Zubringerdienste für die Containerriesen leisten, ist das inzwischen Usus.
Das schadet Seeleuten wie Dockern: Hafenarbeiter/innen, die mit sinkendem Frachtaufkommen und Folgen von Automatisierung kämpfen, wird ihre ureigene Arbeit genommen. Und Seeleute müssen zusätzlich zu ihrem Borddienst Ladungssicherung betreiben statt auszuruhen. Ihnen fehlen Vorkehrungen, Seeleute sind fürs Laschen weder qualifiziert noch werden sie dafür ordentlich bezahlt. Bei gewerkschaftlichen Aktionen wie der jährlich stattfindenden "Baltic Week" zeigte sich außerdem: Entlaschen, also das Lösen befestigter Container, wird oft bereits weit vor den Häfen auf Elbe oder Weser angeordnet. Die Folge: schlimme Unfälle durch verrutschte Ladung.
Hafen- und Arbeitsschutzbehörden schauten im Interesse der Reeder oft weg. In Gdynia, einer Hafenstadt in der Danziger Bucht, ist man strenger. In Antwerpen verbietet die Hafenverordnung den Besatzungen, Lascharbeiten durchzuführen. Ab 2020 gilt das nun überall, es gibt international keine Grauzone mehr. Nach der neu gefassten Docker-Klausel ist Frachtumschlag eindeutig Hafenarbeit. "Ein großer Schritt voran. Er stärkt den Zusammenhalt von Seeleuten und Dockern", ist Torben Seebold sicher und erinnert an die ITF-Billigflaggenkampagne. Seit 70 Jahren setzen Seeleute, die nicht streiken dürfen, und Hafenarbeiter solidarisch Tarifverträge für Besatzungen durch. Notfalls, indem gewerkschaftlich organisierte Docker in Häfen die Be- und Entladung von Schiffen boykottieren. Nun sitzen sie auch beim Laschen wieder am längeren Hebel. Helma Nehrlich