"Widerstehen heißt verändern"

Auf dem 14. Weltsozialforum in Brasilien gab es hunderte von Veranstaltungen - und Impulse für eine andere Welt

Bunt war es, vor allem weiblich und jung und eine Kampfansage an die Kapital-Eliten: Vom 13. bis 17. März folgten 80.000 Menschen dem Ruf zum 14. Weltsozialforum (WSF) in Salvador da Bahia im Nordosten Brasiliens. Die meisten Teilnehmer kamen aus dem Gastland selbst - das immerhin kontinentale Ausmaße hat. Die internationale Beteiligung fiel zahlenmäßig wenig ins Gewicht. Die Veranstalter registrierten etwa 6.000 ausländische Teilnehmer aus immerhin 120 Ländern, das Gros aus Brasilien benachbarten Staaten. Unter den Abgesandten von Gewerkschaften, Parteien, NGO und Stiftungen aus Europa und Nordamerika befanden sich viele altgediente WSF-Aktivisten.

Die afrobrasilianische Küstenmetropole erwies sich als gute Wahl für ein Projekt wie das Weltsozialforum, das seinen Zenit bereits hinter sich zu haben schien. 2001 in Porto Alegre gegründet - als Gegenstück zum Weltwirtschaftsforum von Davos - war es in späteren Jahren nach Afrika gewandert und fand zuletzt 2016 mit Kanada erstmals in einem nördlichen Industrieland statt, jedoch ohne große Resonanz. Dass die Rückkehr in sein Geburtsland wieder ein Schritt nach vorn wurde, lag auch daran, dass die brasilianischen Linkskräfte eine Kraftprobe im Wahljahr nötig hatten. Sie nutzten das WSF als Podium in ihrem Kampf für die Demokratie und gegen die neoliberale Offensive im Land. Organisatorisch unterstützt wurde das WSF so vor allem von der Arbeiterpartei (PT) und der Gewerkschaftszentrale CUT. Die Entscheidung für Salvador als Tagungsort war auch deshalb sinnvoll, weil das Rollback in Brasilien kein isolierter Prozess ist, sondern zum Ende der progressiven Ära in der gesamten Region gehört. Der Kurs des größten Landes Südamerikas wirkt sich auf die globalen Kräfteverhältnisse aus. Ein Weltsozialforum war es politisch also durchaus. Sein Motto verweigerte sich der Resignation: "Widerstehen heißt gestalten, widerstehen heißt verändern".

Feminismus zentral

Der Etat der Organisatoren war bescheiden. Mehr als 1.200 meist junge freiwillige Helfer machten das Unmögliche möglich. Hauptveranstaltungsort war der weiträumige Campus der staatlichen Universität von Bahia. Auf Hunderten Veranstaltungen wurde über Frieden und Demokratie, über wirtschaftliche Alternativen und Arbeitsrecht, über den Schutz der Umwelt oder den Kampf gegen Rassismus und Intoleranz diskutiert. Feministische Themen nahmen einen zentralen Platz ein. Nach seiner Charta ist das Weltsozialforum keine Institution, die Beschlüsse fasst, sondern ein "offener Treffpunkt" für Debatten über Alternativen, die eine "andere Welt" möglich machen. So trafen unterschiedliche weltliche und spirituelle Ansichten, Kulturen und Traditionen aufeinander - nicht zuletzt spielte die in Bahia beheimatete Tradition des schwarzen und indigenen Widerstands eine Rolle.

Zum Festival gehörten auch künstlerische Aktivitäten wie Ausstellungen, Konzerte und Theateraufführungen. Zum Auftakt zog eine große Demonstration mit Trommeln, Sprechchören und Gesängen - und viel Frauenpower - durch Salvador. Das WSF 2018 kann alle jene ermutigen, die sich der Unterordnung der Gesellschaften, von Mensch und Umwelt, unter Profitinteressen widersetzen. Es soll mit thematischen Treffen, so zu Migration und Solidarischer Ökonomie, an anderen Orten eine Fortsetzung finden - mit dem Elan von Salvador. Peter Steiniger