Whistleblowing soll erschwert werden

Von einem „Maulkorb für die Beschäftigten“ spricht Annelie Buntenbach, Mitglied des Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes, DGB, wenn es um das geplante Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geht. Sie befürchtet, dass es die Arbeit von Betriebsräten erschweren und Beschäftigte kriminalisieren wird.

Das Bundesjustizministerium hatte im Sommer den Entwurf vorgelegt, mit dem eine EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus dem Jahr 2016 umgesetzt werden soll. Bereits den im Frühjahr vorgelegten Referentenentwurf hatte der DGB heftig kritisiert. In einer Stellungnahme heißt es, der Entwurf greife „massiv und weit“ über das in der umzusetzenden EU-Richtlinie vorgegebene Maß in bestehende Rechte der betrieblichen Mitbestimmungsorgane wie auch der Mitbestimmungsorgane auf Unternehmensebene, zum Beispiel Aufsichtsräte, ein. Auch Medienorganisationen wie die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion in ver.di, dju, hatten zu diesem frühen Zeitpunkt den Entwurf kritisiert. Sie befürchteten Einschränkungen der journalistischen Arbeit und der Pressefreiheit.

Der daraufhin vorgelegte Regierungsentwurf hat diese Kritik kaum aufgenommen. Buntenbach kritisiert vor allem, dass Unternehmer/innen und Manager/innen praktisch allein entscheiden könnten, was in ihrem Betrieb als Geschäftsgeheimnis gelte und was nicht. In einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau (FR) nennt sie die Schließung von Standorten ebenso als Beispiel wie den Einsatz einer Software, die Abgaswerte manipuliere. Deklariere die Unternehmensleitung diese zum Geschäftsgeheimnis, könnten Mitarbeite-r/innen wie Interessenvertretungen dafür rechtlich belangt werden, wenn sie Details öffentlich machten. Schon der Verdacht reicht, um gegen Arbeitnehmer/innen vorzugehen. Bis zu drei Jahren Haft drohen als Strafe. Damit wird auch das sogenannte Whistleblowing gefährdet.

Darunter versteht man, dass Menschen für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geschützten Raum heraus öffentlich machen. Dazu zählt unter anderem das Aufdecken von Missständen, von denen der Whistleblower oder die Whistleblowerin im Berufsalltag erfährt – wie die Manipulation von Abgaswerten durch eine spezielle Software. In der EU-Richtlinie steht ausdrücklich, dass sie nicht dazu dienen solle, Whistleblowing zu erschweren.

Buntenbach hält europaweite Standards für den Schutz von Unternehmen, etwa vor Wirtschaftsspionage, für sinnvoll. „Es wäre aber ein schwerer Fehler, diese Regelungen auf die individuellen und kollektiven Arbeitsbeziehungen anzuwenden“, schreibt sie in der FR. Im Arbeitsleben erhielten Interessenvertrete-r/innen viele Infos, einige wollten und müssten sie verwenden, um ihre gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben erfüllen zu können. Auch für Beschäftigte sei es wichtig, dass ihre Kenntnisse und Fähigkeiten nicht zum Geschäftsgeheimnis deklariert werden können. Das würde dann Jobwechsel erschweren. Der Regierungsentwurf soll jetzt in den parlamentarischen Gremien beraten werden.