Der mit dem Stinkefinger tanzt

Wirtschaftswoche, 4. Januar 2019

Der Vater gibt den Ton an, Frank muss gehorchen: Realschule statt Abi, Fußball statt Tennis. Einmal wird der kleine Junge mit dem Vorschlaghammer in der Hand fotografiert – klassenbewusst eben. [...⁠] Nach der mittleren Reife holt er das Abi am Theodor-Heuss-Gymnasium in Wolfsburg nach und studiert Politikwissenschaften an der FU Berlin. Proteste begleiten seinen Weg. [...] 1991 steigt er zum stellvertretenden Bezirksvorsitzenden des ÖTV-Bezirks Niedersachsen auf. Bsirske ist da, wo es brennt, kämpft für soziale Gerechtigkeit, führt Klassenkampf mal mit intellektueller Schärfe, mal mit dem Stinkefinger. Im November 2000 wird der Rebell Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Das Schwerterkreuzen mit dem Kapital wird seine Kernkompetenz. [...] Muskeln zeigt er am 2. Januar, als er die Geldtransport-Fahrer streiken lässt. Der große Kampf aber läuft für die Angestellten im öffentlichen Dienst der Länder. Sechs Prozent Plus fordert er, mindestens 200 Euro. [...⁠] Bsirske verspricht, wie immer, einen heißen Tanz.


Nun sind die Länder dran

Süddeutsche Zeitung, 21. Dezember 2018

Was wird bei der Tarifrunde für die Arbeitnehmer der Länder das Ergebnis sein? Wissen wird man das Anfang März, aber einen Tipp kann man wagen: Sieben Prozent könnten es werden, für Junge sowie für hoch und für gering Qualifizierte sogar etwas mehr, für die anderen etwas weniger; das ganze gestreckt auf 30 Monate. Wie man darauf kommt? Indem man knapp ein Jahr zurückschaut: Die Forderung der Gewerkschaften ist fast dieselbe wie die, die sie bei Bund und Kommunen stellten. [...] Weil die Gewerkschaften bei ihnen nicht so stark sind, [...] bekommen die Länder in der Regel einen etwas billigeren Abschluss zustande; sieben Prozent dürften realistisch sein. [...] Viele Beschäftigte gehen in den nächsten zehn Jahren in Rente; um Junge und Akademiker zu gewinnen, muss man für sie etwas tun. Zugleich sollen Geringverdiener nicht abgehängt werden. Wie man das alles regelt, hat man bei Bund und Kommunen vor einem Jahr vorgemacht. Nun sind die Länder dran.


Sicher und billig am Flughafen?

Frankfurter Rundschau, 16. Januar 2019

Hinter den Aktionen der vergangen Tage verbergen sich [...] zwei grundsätzliche Fragen: Wie weit kann die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge gehen, zu der der Schutz vor Terror und gefährlichem Leichtsinn ja wohl gehört? Und: Ist uns diese Vorsorge wirklich so wenig wert, dass dafür nicht einmal 20 Euro pro Stunde drin sind? Es ist schon sehr durchsichtig, wenn Unternehmen so sicher vor Streiks sein wollen, wie sie es mit lauter Beamten wären – aber bitte so billig wie möglich.


Angemessener Abschluss

Neue Osnabrücker Zeitung, 25. Januar 2019

Das Sicherheitspersonal an den Flughäfen erhält üppige Gehaltserhöhungen, und das ist auch gut so. Die Einigung in dem Tarifkonflikt ist ein Sieg für die Beschäftigten und für Verdi. [...] Ebenso wie Fluglotsen trägt auch das Kontrollpersonal eine große Verantwortung für die Sicherheit am Himmel. Wird bei Lohn und Ausbildung nachgebessert, kann das die Motivation im Job nur steigern. Davon profitieren auch die Passagiere, selbst wenn sich der Tarifabschluss in etwas höheren Ticketpreisen niederschlägt. Die Flugsicherheit ist es wert. Nicht zuletzt unterstreicht der großzügige Abschluss den hohen Stellenwert der Mobilität. Ob nun Piloten, Flugbegleiter [...] und nun eben Flughafensicherheitspersonal: All diese Berufsgruppen sitzen an einem langen Hebel und haben ihn in den vergangenen Jahren auch einzusetzen gewusst.