Ausgabe 03/2019
Aber sicher wär’ das möglich
Petra Welzel ist Redakteurin der ver.di publik
Es war nur ein Anfang, das Gebäudesicherheitsabkommen für Bangladesch. Drei Monate nach dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in der Nähe von Dhaka wurde es abgeschlossen. Seit knapp sechs Jahren ist es in Kraft. Seither wurden 1.600 Fabriken inspiziert. Von den 100.000 identifizierten Mängeln konnten 89 Prozent behoben werden. Und dennoch: Über 50 Prozent der Fabriken haben immer noch kein angemessenes Feueralarmsystem, und in 40 Prozent der Fabriken sind wichtige Instandsetzungen noch nicht erfolgt.
Deshalb gilt weiterhin: Ob teuer oder billig – Kleidung wird oft immer noch unter Lebensgefahr zumeist von Frauen in Billiglohnländern hergestellt. Und weiterhin auch zu Armutslöhnen. Letztes Jahr erhöhte sich in Bangladesch erstmals seit der Rana-Plaza-Katastrophe der Mindestlohn für die Textilarbeiter*innen. Aber er reicht längst noch nicht. Als Arbeiter*innen im Januar gegen die viel zu geringe Mindestlohn-Anhebung auf die Straße gingen, antwortete die Regierung mit Gewalt. Ein Arbeiter starb, über 65 Arbeiter*innen wurden verhaftet, mehr als 11.600 gekündigt.
Überdies will die Regierung in Bangladesch das Sicherheitsabkommen wieder aufkündigen. Tatsächlich aber würde nur eine verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten die Beschäftigten schützen. Auf den Entwurf zu einem solchen Gesetz für alle Branchen von Entwicklungshilfeminister Peter Müller, CSU, reagierte unlängst Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), mit der Hoffnung, die Bundesregierung sehe „von diesem Unsinn“ ab. „Hier wird eine faktische Unmöglichkeit von den Unternehmern verlangt: Sie sollen persönlich für etwas haften, das sie persönlich in unserer globalisierten Welt gar nicht beeinflussen können.“ Dass etwa deutsche Autobauer sehr wohl in der Lage sind, die Qualität von Bauteilen in der gesamten Lieferkette akribisch zu kontrollieren, erwähnte Kramer natürlich nicht. Dabei wusste die bayerische Gewerbezeitung schon 1822: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!