Union Busting

Sie lassen ihre Personalratsvorsitzende nicht im Stich

Seit ihrer Ausbildung, seit fast 40 Jahren, arbeitet Margit W. bei der bayerischen Sparkasse Regen-Viechtach. Zehn Jahre ist sie bereits Personalratsvorsitzende in Freistellung, setzt sich für ihre Kolleg*innen ein. Wiederholt machte ihr die Sparkasse in den letzten Jahren das Leben schwer, gab es Auseinandersetzungen, die vor Gericht landeten. Zweimal hat sie dabei gewonnen. Im Oktober letzten Jahres dann der Höhepunkt der Konflikte: Die Sparkasse legte dem Personalrat die außerordentliche Kündigung seiner Vorsitzenden zur Mitbestimmung vor. Der Personalrat lehnte seine Zustimmung ab. Daraufhin wandte sich die Sparkasse an das Verwaltungsgericht München und beantragte ein Zustimmungsersetzungsverfahren.

Auf Unkündbare spezialisiert

ver.di wurde für die Personalrätin aktiv, sammelte über 4.000 Unterschriften und übergab sie dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Sparkasse. „Wir fordern die Sparkasse auf, ihrer sozialen Verantwortung als Arbeitgeber nachzukommen und die fristlose Kündigung umgehend zurückzunehmen“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Finanzdienstleistungen bei ver.di Bayern, Tina Scholze. Die Anschuldigungen und die Begründung für das Kündigungsbegehren sind „hanebüchen“, sagt sie, ver.di habe das geprüft. Auffällig sei aber, dass die Sparkasse einen Anwalt aus München, Tobias Schwartz, beauftragt habe, der eigens auf die Kündigung von Unkündbaren spezialisiert sei, also Schwangere, Schwerbehinderte und eben Personalräte, wie noch bis vor kurzem auf seiner Homepage zu lesen gewesen sei. Deshalb spricht ver.di in diesem Fall auch von „Union Busting“, der systematischen Bekämpfung von Gewerkschaftsarbeit und der Arbeit von Personal- und Betriebsräten.

Auch der Blog arbeitsunrecht.de hat den Fall aufgegriffen. Er schreibt, die Sparkasse habe ein 70-seitiges Begründungsschreiben aufgesetzt, um die Personalratsvorsitzende zu kündigen. Die Vorwürfe reichen von Störung des Betriebsfriedens über unerlaubtes Weiterleiten von E-Mails bis hin zu der Behauptung, sie halte Mitarbeiter von der Arbeit ab. Wenn man allerdings als Vorstand, dem bayerischen Personalvertretungsrecht verpflichtet, sich die Blöße gebe, eine Personalratsvorsitzende, die mit Mehrheit gewählt wurde und mit gutem Feedback dastehe, zu kündigen, dann habe das „eine neue Qualität“, betont Tina Scholze von ver.di. Immerhin gelte die Personalrätin unter den Beschäftigten als gute Seele, die ihre Leute nicht im Stich lasse. Aber genau das sei den Vorgesetzten offenbar unbequem.

Tina Scholze kritisiert, die Sparkasse Regen-Viechtach werbe mit Sprüchen wie, der Mensch stehe im Mittelpunkt, oder langfristige Partnerschaft zahle sich aus. Für die eigenen Mitarbeiter*innen und Personalräte scheint das nicht zu gelten. So gehe man nicht mit Menschen um, sagt Scholze. Das sei vielmehr der Versuch, Menschen einzuschüchtern und die Wahrnehmung demokratischer Grundrechte zu unterbinden. „Von einer Sparkasse, die sich selbst als wichtiger Arbeitgeber in der Region sieht, erwarten wir ein deutlich anderes Verhalten“, so Scholze. Marion Lühring