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Flotte Sprüche kann ver.di auch. Mit diesem Banner hat ver.di vor dem Sixt-Office im Flughafen Düsseldorf demonstriert

Betriebsräte mag er nicht, der Gründer des Autoverleihers Sixt. Auch unter seinen Söhnen, die das Unternehmen leiten, gibt es an keinem der deutschen Standorte einen Betriebsrat. Die "mitbestimmungsfreie Zone Sixt" könnte aber nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bald der Vergangenheit angehören. Der Autoverleiher hat gegen drei standhafte Frauen vor Gericht verloren, die einen Betriebsrat gründen wollten und dafür von Sixt vor die Tür gesetzt werden sollten.

Der Konflikt begann im August 2021, als – initiiert durch drei Mitarbeiterinnen – der Wahlvorstand für die Betriebsrats-wahl gewählt werden sollte. Die Haupt-initiatorin bekam daraufhin sofort die fristlose Kündigung. Den beiden anderen bot Sixt, verbunden mit einer Schweige-verpflichtung, 10.000 Euro an, wenn sie das Unternehmen verließen. Die Frauen ließen sich aber weder einschüchtern, noch bestechen. Sie wollten weiter bei Sixt arbeiten und von ihrem Recht zur Wahl eines Betriebsrates Gebrauch machen. Unmittelbar vor Heiligabend 2021 sprach Sixt zwei weitere fristlose Kündigungen aus. Ein klarer Fall von Betriebsratsbehinderung. ver.di unterstützte die Frauen bei der Kündigungsschutzklage.

Im Januar 2022: ein erneuter Versuch zur Wahl des Wahlvorstandes. Der Chef persönlich und mit ihm 15 Beschäftigte erschienen im Wahllokal. "Statt einer offenen Diskussion nur betretenes Schweigen." So beschrieb ver.di-Sekretär Özay Tarim die Situation. Der Chef und sein Gefolge konnten in dem Gefühl, einen Etappensieg errungen zu haben, den Schauplatz verlassen. Dadurch ermutigt, setzte Sixt auf die "harte Linie": Insgesamt sechs fristlose Kündigungen sprach der Autoverleiher im Laufe des Konfliktes gegen die drei Initiatorinnen aus. Mal sollte eine zu spät zur Arbeit gekommen sein, mal wurde unterstellt, einen zu kleinen Raum für eine Wahlversammlung angemietet zu haben. Und immer wieder die Behauptung – in Schriftwechseln und auch vor Gericht –es ginge den dreien nur darum, eine möglichst hohe Abfindung zu erstreiten.

Sixt muss Einkommen nachzahlen

Keiner der Kündigungsgründe hielt gerichtlicher Prüfung stand. Dennoch lenkte Sixt nicht ein und missachtete das Betriebsverfassungsgesetz. So kam es am 8. November 2022 zur letzten und entscheidenden Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in Düsseldorf. Über-zeugen konnten die Sixt-Anwälte nicht. Der Richter hielt ihnen entgegen, ihre Vorwürfe gegen die drei Mitarbeiterinnen grenzten "schon fast an Wahn". Die Kündigungen wurden letztinstanzlich aufgehoben – Revision beim Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Seit August 2021 waren die drei Frauen nicht mehr im Dienst – zuletzt lebten sie von Hartz IV. Ihren Einkommensverlust muss Sixt nun nachzahlen. Der Richter hatte Sixt vorgeschlagen, als Verhand-lungsgrundlage 90.000 Euro Abfindung pro Kopf zu bieten. Aber die standhaften Frauen wollten nicht verhandeln, sondern zurück an ihren Arbeitsplatz – und gerne auch einen Betriebsrat gründen. "Hut ab vor diesen drei starken Frauen", sagte Özay Tarim nach dem gewonnenen Prozess.

Am 29. November 2022 war es wieder soweit: Ein weiterer Versuch einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes. Der Sixt-Betriebsleiter und mit ihm 21 Mitarbeiter*innen erschienen geschlossen. Die drei Kolleginnen kandidierten erneut und erhielten nur drei Stimmen. Eine wirklich freie, unbeeinflusste Willensäußerung der Belegschaft war nicht zu erkennen. Sie stand offenbar unter dem Eindruck der Kündigungen gegen die drei Kolleginnen.

In Situationen wie dieser greift Paragraf 17 Abs. 4 des Betriebsverfassungsgesetzes. Die drei Kolleginnen werden das Arbeitsgericht anrufen und die Einsetzung eines Wahlvorstandes beantragen. Danach steht der Wahl eines Betriebsrates nichts mehr im Wege.