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ver.di-Bundeskongress, September 2019 in LeipzigFoto: Kay Herschelmann

Der Kongress hat entschieden: Die rund 1.000, aus allen Landesteilen entsandten Delegierten des 5. ver.di-Bundeskongresses vom 22. bis 28. September in Leipzig haben die Leitlinien für die Arbeit der Gewerkschaft in den nächsten vier Jahren festgelegt. Konsequent streiten will ver.di für die Stärkung der Tarifbindung, für sichere und gute Arbeit, auch in Zeiten von Digitalisierung. Es sei nicht hinnehmbar, dass „nur noch jeder zweite Arbeitsplatz durch Tarifverträge geschützt“ sei, sagte der neu gewählte ver.di-Vorsitzende Frank Werneke in seiner Grundsatzrede. Und er ließ keinen Zweifel, dass die Gewerkschaft ver.di dagegen ankämpfen werde – mit ganzer Kraft. Werneke war am Tag zuvor mit 92,7 Prozent der Stimmen zum ver.di-Vorsitzenden gewählt worden. Er folgt auf Frank Bsirske, der seit der ver.di-Gründung 18 Jahre lang an der Spitze der Gewerkschaft gestanden hatte. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wählten die Delegierten Andrea Kocsis mit 91,47 Prozent und Christine Behle mit 91,05 Prozent.

Ebenso eindeutig wie die Wahlergebnisse fiel nach meist sehr ausführlicher, teils kontroverser Debatte die Zustimmung zu den programmatischen Beschlüssen des Kongresses aus: für die sofortige Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen, gegen die ausbeuterischen Formen der Leiharbeit. Der gesetzliche Mindestlohn, so das klare Votum der Delegierten, müsse in einem ersten Schritt sofort auf „mindestens 12 Euro“ steigen und dann nach und nach weiter erhöht werden.

Auch der neue Vorsitzende Frank Werneke hatte zuvor bekräftigt, dass der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 9,19 Euro auf 12 Euro erhöht werden müsse, „und zwar ohne Ausnahme. Und noch in dieser Legislaturperiode“. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sei ein großer politischer Erfolg von ver.di gewesen, und es gelte, weiter gegen die „Entsicherung und Entwertung von Erwerbsarbeit“ anzugehen, gegen die Folgen der Politik der Agenda 2010 mit ihren Hartz-Gesetzen. Rund 9 Millionen Menschen in Deutschland, mehr als jede und jeder fünfte Beschäftigte, müssten mittlerweile für einen Niedriglohn arbeiten. „Das ist eine Schande für Deutschland“, rief der neue Vorsitzende den Delegierten zu. Und setzte unmissver- ständlich hinzu: „Wir wollen Hartz IV überwinden. Herumreparieren reicht nicht.“ Mit großem Beifall stimmten ihm die Delegierten auch darin zu.

Eindeutige Ziele legten die Delegierten auch zur Rentenpolitik fest. Das Rentenniveau müsse zügig von derzeit 48 wieder auf 53 Prozent erhöht, das Renteneintrittsalter perspektivisch auf 63 Jahre gesenkt werden. Auch will ver.di eine gesetzliche Rentenversicherung, in die alle einzahlen, auch Selbstständige unter Beteiligung ihrer Auftraggeber, Abgeordnete und zukünftige Beamtinnen und Beamte.

„Wir wollen als starke Kraft der organisierten Arbeit Gesellschaft zum Besseren verändern. Für soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Schutz für Mensch und Natur“, hatte Werneke noch vor der Antragsberatung gesagt. „Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das gemeinsame und starke Signal, das von diesem Kongress ausgeht.“ Und das Signal haben die Delegierten gesetzt.Berichte auf den Seiten B1 bis B7