Das volle Programm

Rund 1300 Anträge sollten die 1008 Delegierten beim ver.di-Bundeskongress in Leipzig beraten. Fast alle haben sie in den sieben Kongresstagen geschafft und abgestimmt. Knapp 100 wurden an den Gewerkschaftsrat überwiesen, der sich bis Anfang 2008 damit beschäftigten wird. ver.di PUBLIK dokumentiert eine kleine Auswahl an Themen

Der Boss rockt die ver.di-Führung: Glory Days, der Hit von Bruce Springsteen, war der Abschluss der ganzen Veranstaltung

  • Mindestlohn: Weiterhin fordert ver.di die Einführung eines Mindestlohns in Höhe von anfangs 7,50 Euro pro Stunde. Tarifverträge mit höheren Löhnen müssen allgemeinverbindlich werden, gegebenenfalls auf Grundlage des Entsendegesetzes. Kombilöhne haben die Delegierten hingegen abgelehnt.
  • Hedge-Fonds: Um die Entwicklung hin zum entfesselten Finanzmarktkapitalismus zu stoppen, soll die Finanzmarktpolitik neu gestaltet und mit dem Sozialstaat vereinbar gemacht werden. Dazu soll, so hat der Kongress beschlossen, insbesondere die gewachsene Macht der Investment- und Hedge-Fonds sowie der Rating-Agenturen eingeschränkt werden. Die Kompetenzen der Finanzaufsicht sollen erweitert werden.
  • Existzensicherung: Die Leistungen des Arbeitslosengeldes II sind nach dem Willen der Delegierten auf das Niveau der Sozialhilfe der 1990er Jahre sowie einen Regelsatz in Höhe von mindestens 420 Euro anzuheben. Außerdem fordert der ver.di-Bundeskongress eine armutsfeste Familien- und Kinderförderung. Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I soll verlängert werden; außerdem muss eine bedarfsorientierte und repressionsfreie Grundsicherung eingeführt werden.
  • Rente: Die paritätisch finanzierte, gesetzliche Rentenversicherung soll beibehalten und gestärkt werden. Sie ist ein umlagefinanziertes, mit solidarischen Umverteilungselementen ausgestattetes System, das - ergänzt durch eine betriebliche Altersversorgung - den Lebensstandard im Alter sichert und vor Altersarmut schützt. Die Rente mit 67 wird weiter abgelehnt. Der Übergang von der Erwerbs- in die Rentenphase soll flexibler gestaltet werden können. Dazu zählen auch die Reform der Erwerbsminderungsrenten und die Verlängerung der Altersteilzeit.
  • NPD-Verbot: 24 Anträge an den Bundeskongress setzten sich mit rechtsextremen Tendenzen in der Gesellschaft, Fremdenfeindlichkeit und rechtsradikalen Parteien auseinander. Der Gewerkschaftsrat fordert in einem Antrag unter anderem das Verbot der NPD und anderer rechtsextremer Parteien und Organisationen. Dem schlossen sich auch die Delegierten auf dem Kongress mit großer Mehrheit an.
  • Programmdebatte: Mit großer Mehrheit hat der Kongress beschlossen, die Debatte über ein ver.di-Grundsatzprogramm bis zum nächsten Kongress 2011 zu verlängern. Der Entwurf des Programms wird seit mehr als zwei Jahren in den Ebenen und Fachbereichen von ver.di debattiert und weiterentwickelt. Allerdings, so der Gewerkschaftsrat in seinem Antrag, ist "die Diskussion noch nicht breit genug entwickelt, um eine endgültige Beschlussfassung vorzunehmen". Der nunmehr gefällte Beschluss, die Debatte zu verlängern, ist daher mit einem zeitlich gestaffelten Plan für die Programmdiskussion in allen Ebenen, Fachbereichen, Personengruppen und Gremien der Organisation verbunden.
  • Wahlperiode: Abgelehnt haben die Delegierten den Antrag, die Wahlperiode aller ver.di-Gremien, vom Ortsvereins- bis zum Bundesvorstand und Gewerkschaftsrat, von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Vor allem die ver.di-Jugend hat auf dem Kongress dagegen gesprochen.
  • Zahl der Delegierten: Nach kontroverser Debatte wurde mit großer Mehrheit auch der Antrag abgelehnt, die Zahl der Delegierten zum Bundeskongress aus Kostengründen auf 800 zu verringern. Auf dem nächsten Bundeskongress 2011 werden also wieder rund 1000 Delegierte zusammen treffen.