Renè Alfeis, Büroleiter des Ersten Bürgermeisters, nimmt die Unterschriften entgegen

Seit vielen Jahren müssen die über 900 Beschäftigten der Bezirksämter in den Bereichen Grundsicherung und Eingliederungshilfe mit immenser Überlastung zurechtkommen. Dabei leisten sie wichtige Arbeit: So beraten und unterstützen die Sachbearbeiter*innen bedürftige Menschen, wenn es zum Beispiel um Sozialhilfe, Grundsicherung oder Wohnungsnotfälle geht. Die Menschen, die hier Hilfe suchen, brauchen gute und kompetente Beratung, und die wollen die Kolleg*innen ihnen auch geben. Doch anhaltender Personalmangel lässt das oft nicht zu.

Hohe Fluktuation, Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung freier Stellen, wenig Zeit für die Einarbeitung neuer Kolleg*innen gehören schon seit Jahren zum Alltag, in der Folge kommt es häufig auch zu vielen Krankheitsausfällen. Die Beschäftigten und ver.di fordern schon seit langem, dass der Senat sich um dieses Problem kümmert. Nun bringt die Einführung der neuen Sachbearbeitungs-Software ProSoz das Fass zum Überlaufen. Jetzt müssen die Sachbearbeiter*innen zusätzlich zu ihrer ohnehin schon hohen Arbeitsbelastung auch noch die dadurch verursachte Mehrbelastung stemmen.

Für die Umstellung auf die neue Software mussten die gut 900 Beschäftigten geschult werden, phasenweise muss mit der alten und der neuen Software gearbeitet werden. Durch diese Startschwierigkeiten kommt es zu Fehlern, die erkannt und korrigiert werden müssen. Das alles braucht weitere Ressourcen, obwohl die bisherigen schon knapp gewesen sind.

In einer von ver.di initiierten Unterschriftensammlung haben etwa 450 Beschäftigte den Senat aufgefordert, kurzfristig wirksam für Abhilfe zu sorgen. Die bislang von der Behördenleitung initiierten Maßnahmen, wie verkürzte Öffnungszeiten während der Systemumstellung, reichen aus ihrer Sicht nicht aus. Auch die Personalräte der Bezirksämter haben in einem Brief an die zuständige Behördenleitung die Sorge geäußert, dass der Umstieg so nicht zu bewältigen ist, und kurzfristige Maßnahmen zur Entlastung der Beschäftigten eingefordert. Schon jetzt steht fest, dass die Umstellung nur auf Kosten der Beschäftigten gelingen kann. Das bedeutet für viele nun, noch mehr Überstunden zu leisten. Die Kolleg*innen befürchten auch, dass ihre wachsende Belastung dazu führt, dass Hilfeempfänger*innen ihnen zustehende Leistungen nicht oder nur unvollständig ausgezahlt bekommen.

Ende August wurden die Unterschriften dem Büroleiter des Ersten Bürgermeisters, Renè Alfeis, übergeben. Dabei machten die Beschäftigten noch einmal ihre Forderungen deutlich. Auf ihren Schildern war zu lesen: „Wir wollen hilfebedürftigen Menschen in dieser Stadt schnell, umfassend und kompetent die Unterstützung geben, die sie brauchen“, ergänzt durch: „Dafür braucht es endlich genügend Personal, ein gutes Fachverfahren und bessere Bezahlung!“ Denn langfristig ist für eine echte Perspektive mehr Personal notwendig.

Hierfür fordert ver.di mehr Ausbildung und die Einführung verbindlicher Fallobergrenzen. Zur Zeit bearbeitet ein*e Sachbearbeiter*in in Hamburg 240 bis 280 Fälle, in anderen Großstädten sind es deutlich weniger, in Stuttgart beispielsweise 160. Die Hamburger Beschäftigten haben Anfang 2018 in einer Resolution eine Obergrenze von 180 Fällen gefordert. „Die Fallobergrenze ist das A und O, um zu einer echten Entlastung zu kommen“, sagt Nils Behr aus dem zuständigen ver.di-Fachgruppenvorstand, der selbst in der Eingliederungshilfe arbeitet. „In 25 Jahren habe ich noch nicht erlebt, dass die Belastung so schlimm war wie jetzt.“

Vielleicht kommt nun Bewegung in die Situation. Bei der Übergabe der Unterschriften hat die Behördenleitung Gesprächsbereitschaft signalisiert und zu einem Gespräch eingeladen. Für Behr ist das schon mal ein wichtiger Teilerfolg.