Berthold Bose, Landesleiter bei ver.di Hamburg, zur aktuellen Debatte um den Klimaschutz

Am 20. September nahmen auch in Hamburg tausende Menschen an der Demonstration zum globalen Klimastreiktag teil. Erstmalig hatte auch ver.di mit dazu aufgerufen, wenn auch nicht zu einem Streik im arbeitsrechtlichen Sinne. „Ausstempeln und mitmachen“ lautete die Devise, die der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske ausgegeben hatte.Umdenken und Umsteuern sind mehr denn je gefragt, seit Freitag für Freitag tausende junger Menschen auf die Straße gehen, weil sie um ihre Zukunft und die Zukunft des Planeten fürchten. Das Themenpaar ,Ökologie und Ökonomie‘, auf das die Schüler*innen kritisch schauen, ist keineswegs neu, und es betrifft Arbeitnehmer*innen und die Gewerkschaften ganz besonders.

Denn die Frage ist: Wie passen die berechtigten Forderungen an die Ökologie und die Anforderungen an die Arbeitsplätze als Motor der Ökonomie zusammen? Der Beweis, dass es geht, muss jetzt dringend erbracht werden. Gemeinsame Lösungen für die Beschäftigten in der Energiewirtschaft im Zuge einer Umstellung auf erneuerbare Energien sind unerlässlich. Wir müssen mit den Menschen Zukunft gestalten und nicht gegen Regionen oder gegen Beschäftigte. Die Transformation von Arbeit in eine ökologischere Zukunft braucht Partner und Akzeptanz.

Eine Umstellung von Produktion oder Dienstleistung auf eine ökologisch sinnvollere Basis muss nicht konträr zu einer guten Arbeit oder Beschäftigung stehen. Vielmehr braucht es Alternativen im Produkt und der Produktion. Unternehmer*innen müssen eine solche notwendige Veränderung als Chance verstehen und ihre Beschäftigten dabei mitnehmen. Digitale Medien können das unterstützen. Hier sind die Unternehmen gefragt, mit ihren Arbeitnehmer*innen-Vertretungen und den Gewerkschaften neue Berufsbilder zu entwickeln und somit Arbeit abzusichern. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Behörden, Kammern und der Bundesagentur muss in der Frage der Zukunftsfestigkeit und Veränderung von Berufsbildern gefördert werden. ,Mehr reden und gemeinsam entwickeln’ ist die Losung.

Seit Jahrzehnten ist in vielen Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit auf den betrieblichen Umweltschutz wie Mülltrennung oder das Recyceln von Batterien reduziert worden. In einigen Unternehmen hat der betriebliche Umweltschutz aber auch hohe Standards erreicht. Die Forderung nach Nachhaltigkeit im Klimaschutz richtet sich aber an alle: Umstellung der Fahrzeugflotten auf Antriebe mit alternativen Energien, Energiekonzepte von der Beleuchtung bis zum Stromanbieter, die betriebliche Förderung von Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, sensibler Umgang mit Rohstoffen, gute Arbeitsbedingungen – und das auch schon in den Produktionsländern unserer Importwaren – und vieles mehr.

Allerdings: Gerade kleinere Betriebe können ein Problem haben, eine solche Umstellung aus eigener Tasche zu stemmen, wenn es um Investitionen etwa in neue Fahrzeuge geht. Hier muss eine besondere Förderung installiert werden, die das Engagement für mehr Klimaschutz und CO2-Emmissionsabsenkung belohnt.

Wenn der Staat heute über eine CO2⁠-Steuer nachdenkt, ist Vorsicht geboten. Über viele Jahre hinweg ist Arbeitnehmer*innen Flexibilität gepredigt worden. Arbeitsangebote mit einfacher Anreise – auch mit dem Auto und von bis zu 1,5 Stunden – gelten als zumutbar. Das Wohnen in der Stadt ist aber für viele zu teuer geworden. Hier würde den Pendler*innen (allein in Hamburg 200.000 Ein- und rund 100.000 Auspendler*innen täglich) mit einer CO2-Steuer eine Last aufgebürdet, die sie nicht zu verantworten haben.

Es braucht eine kluge Lösung und eine Verbesserung des ÖPNV, um mehr Individualverkehr von der Straße zu bringen. Unternehmensbezogene Förderung von Fahrgemeinschaften oder Transferdienste von P&R-Parkplätzen könnten beispielsweise einen Anreiz schaffen. Der Ideenreichtum der Beschäftigten ist sicher noch größer und individueller auf das jeweilige Unternehmen abgestellt. Mit kostenlosen P&R-Parkplätzen an den Rändern der Stadt, könnte Hamburg seinen Ambitionen zur ,Öko-Metropole’ sukzessive gerecht werden. Hierbei geht es nicht um Luxusparkplätze, sondern um echten Abstellraum, damit der Umstieg auf den ÖPNV an vielen Haltestellen gefördert wird. Die Diskussion um den Klimawandel und die Verantwortung des Staates, der Unternehmen und jedes Einzelnen ist eine Frage des Überlebens.

Es braucht eine Veränderung unseres Umgangs mit Energie in allen Bereichen. Niemand kann die Verantwortung auf andere abwälzen. Nur, wenn wir gemeinschaftlich die Herausforderung annehmen und handeln, lässt sich eine Klimakatastrophe aufhalten. Um die Möglichkeiten für den Klimaschutz auszuschöpfen, sind alle Unternehmen und Verwaltungen aufgefordert, mit ihren Beschäftigten gemeinsam Überlegungen anzustellen und das Know-how aller im Unternehmen zu nutzen.