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Die Beschäftigten in der Energiebranche wissen selbst, wie der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen gestaltet werden muss – vor allem mit ihnenver.di

Die globalen Klimastreiks von "Fridays for Future" haben die Themen "Klimawandel" und "Energiewende" nach ganz oben katapultiert. Doch nicht erst seit dem Erfolg dieser Bewegung diskutieren die Beschäftigten und Interessenvertretungen in den betroffenen Branchen, wie aus ihrer Sicht der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gestaltet werden muss. ver.di hat sich auf Bundesebene an der Arbeit der "Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung", kurz "Kohlekommission" genannt, beteiligt und dort von Anfang an auf einen gerechten Strukturwandel und soziale Sicherheit für die Beschäftigten gepocht. Die Politik müsse zudem sicherstellen, dass die notwendigen Maßnahmen und Investitionen finanziert werden.

Welche Forderungen und Anliegen die Betriebsräte der betroffenen Unternehmen haben, und welche konkreten Veränderungen auf sie zukommen, darum ging es Anfang November auf der Fachtagung der ver.di-Fachgruppe "Energiewirtschaft" Hamburg/Nord. Dort kamen Betriebsrät*innen und Vertrauensleute aus zehn norddeutschen Energieunternehmen zusammen. Heiko Gröpler, beim DGB Nord zuständig für Industriepolitik, und Thies Hansen, Betriebsrat bei Gasnetz Hamburg, wiesen in ihrem Impulsvortrag darauf hin, dass bei der Umsetzung der Energiewende erheblicher Zeitdruck bestehe, wenn das Zwei-Grad- Ziel aus dem Pariser Klimaschutzabkommen eingehalten werden soll.

Spätestens ab 2030 müssten dafür die CO₂-Emissionen weltweit stark abnehmen. Gleichzeitig entwickele sich der Anteil erneuerbarer Energien in den Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr sehr unterschiedlich: Während er bei der Stromerzeugung 2017 bei 36 Prozent gelegen habe, bleibe der Anteil im Sektor Verkehr seit 2013 konstant bei gut 5 Prozent. Die Herausforderungen seien riesig, wenn die Energie aller Sektoren zukünftig aus regenerativen Quellen stammen solle.

Wie schnell die technologischen Veränderungen konkret werden, wurde im Vortrag von Werner Beba, Professor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg und Koordinator des Projektes Norddeutsche EnergieWende NEW 4.0, deutlich. Das Projekt hat zum Ziel, den Weg für eine hundertprozentige Versorgung der Region Hamburg/Schleswig-Holstein mit erneuerbarer Energie zu bereiten. Dieses sei machbar, sagt Beba, wenn die Verbrauchssektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie alle einbezogen und sämtliche technologischen Möglichkeiten, vor allem der Einsatz von Wasserstoff, genutzt würden.

Diese rasante Entwicklung in der Technologie hat natürlich auch Auswirkungen auf die geforderten Qualifikationen. Jens-Eric Düsterlho, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der HAW Hamburg, stellte eine Studie vor, in der er untersucht hat, welche Qualifizierungen notwendig sind, um die Energiewende zu meistern. Danach mangele es vor allem an Weiterbildungen im IT-Bereich. Dazu zählt auch der gewerbliche Bereich, damit die Anlagen installiert und gewartet werden können. Zudem brauche es eine Verzahnung von gewerblicher und akademischer Weiterbildung. Lebenslanges Lernen und berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungsangebote seien von zentraler Bedeutung, damit die Energiewende nicht am Fachkräftemangel scheitere.

Die Aufgabe von ver.di und Betriebsräten wird es sein, dafür zu sorgen, dass auch in Zukunft die Arbeitsplätze ihren Ansprüchen an Gute Arbeit genügen: tarifvertraglich abgesichert, mit gutem Arbeits- und Gesundheitsschutz und Mitbestimmung. Inhaltliche Basis ist der Konsens der Kohlekommission, das hat auch der ver.di-Landesbezirksvorstand beschlossen.

Zu den weiteren Forderungen, die die Anwesenden beraten haben, zählten

eine gerechte Finanzierung der Energiewende,

den Netzausbau zügig voranzutreiben und dabei strukturelle Benachteiligung durch unterschiedliche Netzentgelte zu vermeiden,

stärkere Sektorenkopplung, gemeinsame Optimierung der Sektoren anstatt jeden Sektor für sich zu betrachten,

eine sozial-ökologische Investitionsoffensive mit den Schwerpunkten Mobilität, Gebäudesanierung und Infrastruktur.