Der Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, zur Finanztransaktionssteuer – billiger gehts nicht. Die Steuer von 0,2 Prozent soll beim Kauf von Aktien erhoben werden. Alle heute wichtigen Finanzprodukte werden also nicht besteuert: Staats- und Unternehmens-anleihen, Indexfonds wie die iShares von BlackRock, Private Equity-Fonds ("Heuschrecken"-Gelder), Zertifikate – auch die CO₂-Zertifikate, Devisen, Immobilienfonds, Spekulation mit Rohstoffen, Gold und mehr. Der automatisierte Hochfrequenzhandel mit Aktien und den anderen Finanzprodukten wird nicht erfasst. Die "dark pools" werden nicht erfasst, das sind unregulierte Handelsplätze, die von Finanzweltgiganten wie BlackRock & Co neben den Börsen betrieben werden. Die größten Finanzoasen in der EU – Luxemburg, Niederlande, Irland – machen gar nicht mit.

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Werner Rügemer ist freier Autor und Publizistdpa-bildfunk

Hat da vielleicht einer am Gesetzentwurf mitgeschrieben, der sich einschlägig auskennt? Jörg Kukies? Seit 2000 war er beim Groß-händler der neuen Finanzprodukte, Goldman Sachs, tätig, zuletzt als Miteigentümer und Co-Chef in Deutschland. Scholz holte ihn 2018 als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium. Und das war einmal die Idee: Mit der Steuer sollte die Spekulation eingedämmt, die Banken sollten an den Kosten der Krise beteiligt werden. Doch Scholz will das Gegenteil: Die kleinen Aktienkäufer sollen zahlen. Auch Belegschafts-Aktionäre. Absurd. Aktien machen heute etwa 1 Prozent der Finanztransaktionen aus. Die Scholz-Steuer würde für alle beteiligten 10 EU-Staaten 3,5 Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Rechnen wir mal anders rum. Wenn die Steuer auf alle Transaktio-nen angewendet würde: Das würde 100mal soviel bringen, also 350 Milliarden jährlich. Gar das Dreifache, wenn Luxemburg & Co dabei wären. Wir ahnen, was die Akteure in der heutigen Finanzwelt treiben. Und was für unsere Schulen, Kindergärten, Verkehrs-systeme, Wohnungen und Klima-Innovationen herausgeholt werden könnte. Also ran.