10_HR_221636996_o.jpg
Provokationen von rechts bloß nicht auf den Leim gehenFoto: Bernd Von Jutrczenka/dpa

In Berlin und anderswo demonstrieren Corona-Leugner*innen, in vielen Wahlkreisen ist die AfD in den jeweiligen Parlamenten vertreten, bei Facebook und Co zählt ein plumpes Schlagwort oft mehr als ein wohlüberlegtes Argument. Dennoch kommt eine Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) und der Bertelsmann-Stiftung zu dem Ergebnis, dass "der Trend eines zunehmend populistisch aufgeladenen Meinungsklimas in Deutschland" gebrochen sei. Laut einer Pressemitteilung waren im Juni 2020 jede*r fünfte Wahlberechtigte populistisch eingestellt, im November 2018 war es noch jede*r dritte. Im Gegenzug habe die Zahl unpopulistischer Wähler*innen sogar noch stärker zugenommen, dazu zählen die Forscher*innen knapp die Hälfte die Wahlberechtigten.

"Der bisherige Höhepunkt der populistischen Welle in Deutschland war Ende 2018 erreicht", heißt es in der Pressemitteilung. Getrieben werde dieser antipopulistische Wandel von der politischen Mitte aus. Ausreißer in der Parteienlandschaft bleibt die AfD. "Aus der rechtspopulistischen Mobilisierungsbewegung wird eine zunehmend von rechtsextremen Einstellungen dominierte Wählerpartei", sagt der WZB-Demokratieforscher Wolfgang Merkel. 87 Prozent der AfD-Wähler*innen vertreten entweder sehr deutlich oder zumindest latent populistische und/oder rechtsextreme Einstellungen; der Anteil der rechtsextremen Einstellungen liegt bei Wähler*innen dieser Partei sogar bei über 50 Prozent.

Mehr als 70 Prozent der Wahlberechtigten lehnen die AfD weiterhin ab. Dieser Wert hat sich trotz des Einzugs der Partei in den Deutschen Bundestag im Herbst 2017 nicht verändert, was die Forscher*innen für ungewöhnlich halten.

Mit Blick auf die Studienergebnisse warnen deren Autor*innen vor der Gefahr einer Radikalisierung der verbleibenden Populisten am rechten Rand. Sie sehen Anzeichen für eine zunehmende Verschmelzung und Überlappung mit rechtsextremen Einstellungen. Die Corona-Krise machen die Forscher*innen übrigens nicht für diesen Stimmungswandel verantwortlich, denn der sei bereits im Verlauf des Jahres 2019 erkennbar gewesen. Allerdings hätten Verlauf und politisches Management der Krise dazu beigetragen, den Trend zu verstärken und zu festigen.

Populismus definieren die Forscher*innen als eine bestimmte Idee von "Demokratie" mit der Unterscheidung zwischen einem "wahren Volk" und "korrupten Eliten", als Idee eines allgemeinen Volkswillens und als Idee gesellschaftlicher Gleichheit. Geprägt seien populistische Argumentationen durch das Bild des "guten" Volkes und des "bösen" Esta-blishments. pm

Der ver.di-Gewerkschaftsrat…

…. hat Mitte September eine Resolution als Reaktion auf die Corona-Proteste verabschiedet. Darin heißt es unter an-derem: "Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen boten der extremen Rechten die Gelegenheit, mit Reichsflaggen und Nazisymbolen vor dem Bundestag im ehemaligen Reichstagsgebäude erschreckende Bilder zu inszenieren. (…) Damit wird geplant und systematisch die Grenze des Sag- und Zeigbaren verschoben, um Rechtsextremismus neue Räume zu bieten. (…) Wir stehen auf gegen Rassismus, fü̈r eine solidarische und gerechte Politik. Wir engagieren uns dafü̈r in allen Betrieben und Verwaltungen, auf ö̈ffentlichen Plä̈tzen und im politischen Raum, in antirassistischen und antifaschistischen Bü̈ndnissen."