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Thüringens Sozialministerin Heike Werner (links) nimmt rund 17.000 Unterschriften entgegenFoto: ver.di

Am 22. Juli übergaben Gewerkschafter*innen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen in Erfurt knapp 17.000 Unterschriften aus der ver.di-Aktion "Wir waren/sind/bleiben systemrelevant" an Thüringens Sozialministerin Heike Werner, Die Linke. An einer rund 200 Meter langen Leine waren die Bögen mit den Unterschriften der Beschäftigten aneinandergereiht – so wurde die Menge der Unterzeichner*innen eindrucksvoll sichtbar.

Mit ihren Unterschriften unterstreichen sie die Forderungen nach verbesserter Ausstattung zum Schutz vor Infektionen sowie Ausweitung der pandemiebedingten Belastungsprämie in Höhe von 1.500 Euro auf alle Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitswesen. Profitorientierte Finanzierungsgrundlagen und marktwirtschaftlich ausgerichtete Anreizsysteme sind im Bereich der Daseinsvorsorge fehl am Platze, so die einhellige Meinung der Unterzeichner*innen.

Dieser Corona-Apell ist ein erster Schritt, weitere werden folgen, kündigte ver.di-Fachbereichsleiter Bernd Becker an: "Wir machen uns mit dem gesamten Fachbereich auf den Weg, für Verbesserungen zu kämpfen. Denn wir brauchen ein dauerhaft funktionierendes Sozialsystem, ganz gleich, welcher Träger die Leistungen dann erbringt."Das Corona-Geschehen habe bewiesen, dass man in einer solchen Krise nur geschlossen handeln könne. In der Bevölkerung herrsche breite Zustimmung zu den Forderungen der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen. Doch die sind in der Politik offenbar noch nicht angekommen.

Das will ver.di ändern und das Vorfeld von Wahlen bietet dazu gute Gelegenheiten. Im April 2021 stehen in Thüringen die vorgezogenen Landtagswahlen an, Anfang Juni folgen Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und im Herbst ist Bundestagswahl. "Wir werden die Politik in die Pflicht nehmen", kündigt Bernd Becker an.

Eine gute Daseinsvorsorge solle das Ziel von Politik sein – nicht die Profitmaximierung von Konzernen auf Kosten der Patient*innen, Bewohner*innen oder der Beschäftigten. "Alle, die im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten, stehen gemeinsam im Dienst der Öffentlichkeit – ganz gleich, ob sie als Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, Sanitäter*innen, Pflegekräfte oder Therapeut*innen tätig sind."

Zusätzlich zum Applaus aus der Hochzeit der Pandemie brauche es hier grundsätzliche Veränderungen, damit die Rahmenbedingungen für faire Arbeits- und Entlohnungsbedingungen endlich stimmten.

Gesundheits- und Sozialforum 2021

Auf einem Gesundheits- und Sozialforum, das für den 30. Januar 2021 in Leipzig geplant ist, wollen organisierte Beschäftigte mit Politiker*innen ins Gespräch kommen und mit ihnen über die Lehren aus der Corona-Pandemie diskutieren. Die drei für Gesundheits- und Sozialpolitik zuständigen Ministerinnen der Länder sind eingeladen: Petra Köpping, SPD, aus Sachsen, Petra Grimm-Benne, SPD, aus Sachsen-Anhalt sowie Heike Werner, Die Linke, aus Thüringen. "Jedes ver.di-Mitglied ist herzlich willkommen, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen das Forum inhaltlich vorzubereiten. Es wird Arbeitsgruppen für die einzelnen Teilbranchen geben, damit sich die unterschiedlichen Bereiche des Gesundheits- und Sozialwesens mit ihren Themen gut vertreten fühlen", kündigt Bernd Becker an. Aber ein offenes Mikro auf der Veranstaltung wird es auch geben – jeder und jedem soll ermöglicht werden, Fragen an die Ministerinnen loszuwerden.

Nicole Scharschmidt, Behindertenpflegerin aus dem Eichsfeld, will auf jeden Fall nach Leipzig fahren: "Wir Beschäftigten wissen am besten, wo es klemmt. Wenn die Politiker*innen klug sind, lassen sie unsere Praxiserfahrungen in ihre politischen Entscheidungen einfließen. Das würde allen zugute kommen."