Ausgabe 02/2021
Kontakt und Austausch fehlen
ver.di publik – Wie sind die Hamburger ver.di-Senior*innen bis jetzt durch die Coronakrise gekommen?
Gerd Lütjens – Zunächst einmal möchten wir unsere ver.di-Senior*innen in Hamburg grüßen. Wir hoffen, es geht euch gut und ihr seid bisher so gesund wie nur irgend möglich durch die letzten Monate gekommen. Leider haben wir den Tod unseres Kollegen Jürgen Hoch zu beklagen. Er hat den Kampf gegen das Virus verloren. Das macht uns traurig. Er wird uns mit seiner offenen, herzlichen Art und mit seinem Fachwissen fehlen.
Zu deiner Frage: Soweit ich das sehe, sind wir im Vorstand des Landesbezirks-Senior*innenausschusses und in den Vorständen der Basisgruppen gut durchgekommen. Das war aber nur möglich, weil wir die Vorgaben des ver.di-Krisenstabes im Gewerkschaftshaus und die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten haben. Im Moment fehlt uns der Kontakt zu und mit unseren Kolleginnen und Kollegen, der Austausch in den Sitzungen und Veranstaltungen.
ver.di publik – Was hört ihr von den ver.di-Senior*innen, wo sind ihre größten Probleme?
Monika Roloff – Wir hören leider nur wenig von den Kolleginnen und Kollegen, weil einfach der Kontakt zum Austauschen fehlt. Wir versenden E-Mails über unsere Verteiler, beantworten Anfragen und telefonieren untereinander. Von denjenigen, die sich gemeldet haben, wissen wir, dass auch ihnen die Treffen, Rundgänge und Museumsbesuche fehlen. Alle hoffen, dass sie gesund bleiben und die Beschränkungen der Besuche bald aufhören werden.
ver.di publik – Könnt ihr aktuell überhaupt etwas im ver.di-Senior*innenbereich tun?
Lütjens – Das ist bei uns nicht anders als bei den Theatern, Museen oder Kinos. Ideen hätten wir. So würden wir zum Beispiel gerne mit Hilfe der Technik Videokonferenzen mit Vorträgen oder Diskussionen anbieten; das scheitert aber derzeit einerseits an der oft nicht vorhandenen Technik in den Haushalten und andererseits – seien wir ehrlich – auch an den bisher nicht notwendigen Kenntnissen darüber, wie die Einzelnen mit der Technik umgehen sollen. Einmal ganz abgesehen davon, dass viele unserer Kolleginnen und Kollegen auf eine derartige Situation nicht vorbereitet waren, haben sie vielleicht gar nicht das Geld, sich neue Geräte überhaupt zu kaufen.
ver.di publik – In der Presse wird zu Recht über belastete Eltern und Kinder, über Pflegekräfte oder Kurzarbeit berichtet, die Situation der Senior*innen scheint die Öffentlichkeit in Hamburg wenig wahrzunehmen. Zu wenig?
Roloff – Ja, eindeutig zu wenig – außer es geht um Bewohner*innen in den Heimen. Da waren diese schrecklichen Szenen, dass die Angehörigen nicht zu Besuch kommen konnten, nur am Fenster stehen durften. Das sind dann die vorrangigen Themen in den Medien. Viele ältere Menschen leben allein in ihren Wohnungen, gehen in selbst gewählte Quarantäne, um ein Ansteckungsrisiko zu vermeiden, sind vielleicht auch einsam in dieser schwierigen Zeit. Ihre Situation müsste mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, sie haben genauso viel Beachtung und Hilfe verdient wie andere besonders betroffene Gesellschaftsgruppen.
ver.di publik – Wenn Präsenzveranstaltungen problematisch bleiben, könnt ihr alternative Angebote machen?
Lütjens – Da geht es uns so wie allen anderen Organisationen und Einrichtungen: Solange es die Beschränkungen bei Besuchen und Kontakten gibt, haben wir keine Chance. Wenn es im April möglich ist, plant der ver.di-Arbeitskreis Veranstaltung und Freizeit (AKVF) Aktivitäten. Themen haben wir viele: Die Situation der Renten, Altersarmut bedingt durch Niedriglöhne, die Forderung nach 12 Euro Mindestlohn, die notwendigen Veränderungen in der Krankenversicherung, Solidarzuschlag der Einkommensstarken zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte nach Corona, der Kampf gegen den Rechtsextremismus und Rassismus in dieser Republik bis hin zum Bundestagswahlkampf. An Themen mangelt es uns nicht. Wir müssen uns nur weniger eingeschränkt und ungefährdet wieder bewegen und treffen können. Dann starten wir.