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Oliver Berg/dpa

Kommentar "Sich besser stellen mit Tarifvertrag", ver.di publik 3_2021

Erst ganz am Ende dieses Kommentars wird der ausschlaggebende Grund dafür genannt, dass Gewerkschaften heutzutage weniger durchsetzungsfähig sind als bis zum Ende der 1980er Jahre: Weil heutzutage nur noch rund 16 Prozent aller Erwerbstätigen Gewerkschaftsmitglied sind. Jede und jeder, die/der sich über zu schlechte Tarifabschlüsse beschwert, muss sich diese Tatsache vor Augen halten – und als aktuelles Nichtmitglied umgehend einen Mitgliedschaftsantrag stellen, um an dieser frustrierenden Situation aktiv etwas zu verändern.

Denn nur Gewerkschaftsmitglieder erhalten bei Arbeitskämpfen Streikgeld.

Und außerdem wurden und werden in den letzten Jahren zunehmend Tarifvertragsbestandteile ausgehandelt, die nur für Gewerkschaftsmitglieder gelten – um auch auf diese Weise den Anreiz für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft zu erhöhen und Trittbrettfahrer von ihrem unsolidarischen Verhalten wirksam abzubringen.

Dass – parallel zu dieser Entwicklung – immer mehr Arbeitgeber aus Arbeitgeberverbänden austreten oder in eine OT-Mitgliedschaft wechseln, um keine Tariflöhne mehr zahlen zu müssen und auch die übrigen Arbeitsbedingungen verschlechtern zu können, sorgt am Ende ebenfalls dafür, dass immer weniger Arbeitnehmer in tarifgebundenen Betrieben arbeiten. Um dem entgegenzuwirken, müssen weitaus mehr Tarifverträge als bisher für allgemeinverbindlich erklärt werden. Weil die Arbeitgeberseite dazu bisher partout nicht bereit ist, ist bezüglich dieser Thematik der Einsatz des Gesetzgebers bzw. der Politik gefragt – wie schon beim Thema "Mindestlohn". Elgin Fischbach, Leimen

Titel "Wohnen ist Menschenrecht", ver.di publik 3_2021

Die Abschaffung der Gemeinnützigkeit hat eher wenig mit der jetzigen Situation zu tun, schon gar nichts mit der Normenkontrollklage der Abgeordneten 2020. Die jetzige Wohnungslage in den Großstädten und Ballungsgebieten wurde eher von anderen Parteien, die links von denen stehen, die sie benannt haben, verursacht. Auch vermisse ich bei Ihren Ausführungen, welche Parteien denn in Berlin für den Verkauf an sogenannte Heuschrecken verantwortlich zeichneten. Ich gebe es gern bekannt: SPD, PDS/Die Linke.

In ihrem Leitartikel, sowie in ihrem Artikel auf Seite 3 vermisse ich des Weiteren ein Wort, nämlich Neubau in Berlin. Dafür verantwortlich zeichnet die Partei Die Linke, die in ihrem Ressort völlig versagt hat. Nur weil es keine Wohnungen in ausreichender Zahl gibt, können doch Investoren wegen des geringen Angebots an Wohnraum die Mieten erhöhen. Warum erwähnen sie das nicht? Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgt keinen "kalten Interessen der Investoren", sondern klarem Menschenverstand! Sie und ver.di nehmen hier nur die Leute in Schutz, die schon Mieter sind.

Wo bleibt ihr Aufschrei bei den jetzt Wohnungssuchenden?

Die Kampagne "Deutsche Wohnen und Co enteignen", die Sie unterstützen, ist mit Verlaub wohnungspolitischer und fachlicher Unsinn, das sage ich als Gewerkschafter und Wohnungswirtschaftler ganz klar. Sie rechnet gegen jedes Wissen und die Vernunft Entschädigungsleistungen herunter und hat überhaupt keinen Plan für die Zukunft nach der Enteignung und den Zufluss von Wohnungen in eine imaginäre Gesellschaft. Dies ist aber nicht EU-rechtskonform. Diese Initiative möchte von dem Versagen der politisch Verantwortlichen ablenken.

Andreas Kloß, per E-Mail

Ergänzen möchte ich den umfassenden Artikel noch um zwei weitere Mietpreistreiber:

Alle 3 Jahre kann die Miete um 15 Prozent erhöht werden, wenn der Mietspiegel das hergibt, und das ist in der Regel der Fall, da in diesen Mietspiegel nur die letzten sechs hochpreisigen Jahre eingehen (zum Beispiel bei Neuvermietung, aber keine Bestandsmieten). Des Weiteren müsste die systemfremde Modernisierungsumlage abgeschafft werden, oder zumindest müsste die Miete nach 12,5 Jahren (da 8 Prozent Umlage pro Jahr), also nach Amortisierung der Investition, wieder um diese Umlage verringert werden. Diese beiden Punkte könnten von einer neuen Bundesregierung leicht geändert werden, entscheidend wäre hier eine entsprechende Mehrheit im neuen Bundestag. Ebenso wäre eine umfassende Bodenreform mit der Abschöpfung von horrenden Preissteigerungen aufgrund öffentlicher Investitionen von Nöten.

Dietmar A. Angerer, München

Bei dem Artikel musste ich an die dicke Spinne in der Ecke meines Kellerraums denken. Sie hockt einfach da und lauert auf ihre Opfer, die sie aussaugt und deren unbrauchbare Reste sie dann aus dem Netz auf den Kellerboden wirft. Nicht anders treiben es etliche Vermieter. Wenn sie alles aus den Mietern herausgeholt haben, was ihnen nützlich ist, lassen sie sie aus dem Netz fallen. Bedenkenlos, oft in die Obdachlosigkeit.

Nicht anders verhält sich ja auch mancher Konzernchef seinen Mitarbeitern gegenüber. Der für ihn nutzlose Rest ist ihm nach Gebrauch so gleichgültig wie der Spinne ihre Leichen im Keller.

Angelika Kyeremateng, per E-Mail

Glosse "Upps – Schweinesystem 4.0", ver.di publik 3_2021

All die kleinen und großen Gewalttaten zur Erzeugung von Tierprodukten sind Verbrechen, die im Alltag noch immer nicht klar benannt werden dürfen, weil die Mehrheit davon nicht hören will, sondern ein Tabu geworfen hat über ihre Mitwirkung, ihren Opportunismus. Junge Leute verstehen das oft schnell. Ältere, die sich eingerichtet haben, meinen häufig, dass ihr vermeintliches Recht auf Schweinshaxe schwerer wiege als die zentralen, vitalen Interessen und Rechte der Tiere. Jeden Tag praktiziert der normale Verbraucher might over right. Letztlich seinetwegen – überhaupt erst ermöglicht aus seiner Haltung heraus, die den Tieren und ihren Körpern Preiseetiketten diktiert –, wird die nichtmenschliche Bevölkerung gefangen gehalten, abgeschlachtet oder global vertrieben und ignoriert. Wann kommt denn endlich mal der Paradigmen-Wechsel?

Auch Nichtmenschen sind Rechte-Inhaber und, selbstverständlich, keine Waren.

Ein solcher Paradigmenwechsel würde überdies dem Flächen- und Naturschutz viel besser bekommen. Ute Esselmann, Bielefeld

Thema "Gendern", ver.di publik 3_2021

Das Sternchen-Gendern ist allein optisch eine Zumutung, hemmt den Lesefluss und beeinträchtigt die Sinnaufnahme. Darüber hinaus bezweifle ich, dass die daraus resultierenden unvermeidlichen sprachlichen Verrenkungen letztendlich der Sache, nämlich dem Bemühen um mehr Gleichberechtigung und Gleichstellung Ausdruck zu verleihen, dienlich sind. Leider hat sich ver.di für die schlechteste Variante des Genderns entschieden. Die Sternchen sind einfach nur störend.

Wilfried Barth, Bad Mergentheim

Zu meiner großen Verärgerung sind in den letzten Ausgaben immer wieder Leserbriefe erschienen, die sich über das Gendersternchen beschweren. Tatsächlich stammten sie allesamt von Männern, die von dem Problem der sprachlichen Unsichtbarkeit noch nicht einmal betroffen sind. Dabei haben Studien längst bewiesen, dass man sich unter dem generischen Maskulinum tendenziell nur männliche Personen vorstellt. Das kann u.a. dazu führen, dass Mädchen sich selbst nicht zutrauen, Ärztinnen, Ingenieurinnen oder Politikerinnen werden zu können. Ich persönlich möchte ver.di publik hiermit einen großen Dank und ein Lob für die Verwendung des Gendersternchens aussprechen und die Redakteur*innen der Zeitung darin bestärken, es weiterhin zu verwenden. Denn dadurch werde nicht nur ich als Frau sichtbar. Ich habe in meinem direkten Umfeld einige nichtbinäre Personen und bin gottfroh, dass auch sie durch das Gendersternchen sichtbar gemacht werden. Das Sternchen zeigt inter*, trans* und nichtbinäre Personen als einen ganz selbstverständlichen Teil dieser Gesellschaft.

Miriam Raspe, Trossingen

Ihnen ist sicher bekannt, dass der französische Bildungsminister mit Unterstützung des Staatspräsidenten vor einigen Tagen das Benützen und Erlernen der gendergerechten Sprache an sämtlichen öffentlichen Schulen Frankreichs verboten hat. Außerdem gibt es keine erzwungene geschlechtergerechte Sprache mehr. Das wurde von der Academie Francaise angestoßen, von der Regierung übernommen und gilt für alle Gesetzestexte, Rechtsverordnungen und amtlichen Schreiben. Die gesamte Verwaltungssprache ist davon betroffen. Sie sehen, dass sich wenigstens in Frankeich der gesunde Menschenverstand durchgesetzt hat.

Klaus Hasert, per E-Mail

Mein Arbeitsplatz "Die Intensivschafferin", ver.di publik 3_2021

Angenehm überrascht bin ich über das mir bekannte Gesicht, das Ihr in der aktuellen Ausgabe bei "Mein Arbeitsplatz" vorgestellt habt. Renate Schaffernicht war eine liebe Kollegin von mir auf der Neurologie-Männerstation und später auf der Neurologie-Schwerstkrankenstation der Uniklinik Gießen, bevor sie zur Intensivstation wechselte, um die Fachausbildung zu machen. Mit Renate zu arbeiten, war immer super und hat viel Spaß gemacht. Evelyn Kloos, Oldenburg

Hier wurde genau die Seite geschildert, die mir seit langem durch den Kopf geht, nämlich die emotionale Flanke der Pflege auf den Intensivstationen mit der Betreuung von Corona-Patienten. Da ist mir dann der Gedanke gekommen, erstmals in meinem Leben eine Petition zu starten. Sicher ist sie nicht ganz profihaft ausgefallen. Ich bin dieses Jahr seit 50 Jahren in der Gewerkschaft. Nach einer Umschulung habe ich dann die Arbeit in der Krankenpflege–Fachkrankenschwester Intensiv ausgeführt.

Heute ist die Arbeit in der Corona-Zeit noch stressiger geworden als zu meiner Zeit.

Ich verfolge die Situation nun aus dem Unruhestand. openpetition.de/ petition/online/appell-sos-notruf-fuer-das-krankenpflegepersonal-in-der-coronapandemie Heidi Bierbaum, per E-Mail

Thema "Zweiter Bildungsweg", ver.di publik 3_2021

in dem Artikel haben sie vergessen zu erwähnen, dass die Studienzeit vom zweiten Bildungsweg nicht zur Rentenversicherungszeit zählt. Diese zählt als zweite Ausbildung, da man zuvor ja eine Berufsausbildung gemacht hat.

Diese Verschlechterung hat Ex-Kanzler Schröder mit seiner Agenda 2010 eingeführt.

Als Arbeitsloser hätte man diese Zeit in der Rentenversicherung angerechnet bekommen, aber so geht man leer aus. Nach Mittlerer Reife (1977), Berufsausbildung, Vorkurs (Fachhochschulreife), Studium Maschinenbau, (Abschluss 1984), ununterbrochen im Arbeitsleben, darf ich jetzt die Studienzeit (3 Jahre) nacharbeiten. Super!

Klaus Graf, Kehl

Thema "Betriebsrätebashing", ver.di publik 3_2021

Das Betriebsverfassungsgesetz soll das Recht garantieren, Betriebsräte zu gründen. Mir ist unbegreiflich, dass der Gesetzgeber nicht härter (ich meine richtig hart) gegen Unternehmen vorgeht, wenn sie versuchen zu verhindern, dass die Arbeitnehmer ihre Rechte wahrnehmen. Das ist ein Recht und keine Gnade des Unternehmens, und das sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Stattdessen haben viele Arbeitnehmer Angst, das Wort "Betriebsrat" in den Mund zu nehmen, das kann nicht sein und wird in einigen Jahren wohl hoffentlich nur Unverständnis auslösen. Gabriel Wojcki, Frankfurt