Sie wurden beklatscht, besungen und gefeiert für ihren Einsatz in der Krise. Doch dafür können sie sich nichts kaufen, und mehr Puste für den harten Klinikalltag bekommen sie davon auch nicht. 100 Tage dauerte das Ultimatum der Berliner Krankenhausbewegung im Tarifkonflikt an den Kliniken von Charité und Vivantes (Bericht auf Seite 3), mehrere Warnstreiks ließen die Arbeitgeber ungenutzt verstreichen, Vivantes versuchte sogar vor Gericht den Arbeitskampf aufzuhalten. Jetzt nutzen die Beschäftigten ihre restliche Puste, um für eine bessere Arbeit zu kämpfen.

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Marion Lühring ist Redakteurin der ver.di publikFoto: Renate Koßmann

Denn das Klinikpersonal ist nicht nur ausgebrannt, es ist auch wütend, enttäuscht und streikbereit wie noch nie: In einer Urabstimmung hat sich die überwältigende Mehrheit der ver.di-Mitglieder für den unbefristeten Streik ausgesprochen. Gefordert sind verbindliche Tarifregelungen, die eine spürbare Entlastung im Klinikalltag bringen. Das bedeutet Mindestbesetzungen, die eingehalten werden, und wenn das mal nicht funktioniert, dann muss es dafür einen Ausgleich geben. Zudem fordern die Beschäftigten in den Tochtergesellschaften von Vivantes eine Entlohnung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Das ist nur gerecht, denn für gleiche Arbeit muss es auch den gleichen Lohn geben.

Jahrzehntelang hat die Politik zugesehen und zugelassen, wie in den Kliniken landauf landab auf Kosten der Menschen gespart wird: Auf Kosten des Personals und (!) der Patienten, die von erschöpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut werden. Von Menschen, die abends weinend nach Hause gehen und nachts nicht mehr schlafen können, weil die Stationen dramatisch unterbesetzt sind. Ihr Erzwingungsstreik ist deshalb auch Notwehr. Und von der geforderten Entlastung profitiert nicht nur ihre Gesundheit, sondern die der Patienten gleich mit.