Ausgabe 01/2022
Betriebsrätin wählt Steinmeier
Wenn am 13. Februar die 1.472 Wahlleute der Bundesversammlung in Berlin den Bundespräsidenten wählen, wird auch Ina Taute-Hässelbarth dabei sein. Die Betriebsratsvorsitzende, die in Beucha bei Aldi arbeitet, nimmt mit Stolz dieses Amt wahr und freut sich darüber, dass ihr fast 25-jähriges engagiertes Wirken als Betriebsrätin und Gewerkschafterin eine so hohe Anerkennung findet.
Seit vielen Jahren legt sich Ina Taute-Hässelbarth in Sachen Mitbestimmung und Engagement für ihre Kolleg*innen mächtig ins Zeug. Angetrieben wird sie von ihrem unbedingten Gerechtigkeitssinn, sie hat keine Angst vor Konflikten, Gegenwind, Abmahnungen und – wie sie lachend sagt – "auch nicht vor vielen Schlipsen".
Als Betriebsratsvorsitzende ist sie für 105 Aldi-Filialen in SAT und Südbrandenburg zuständig, zudem engagiert sie sich in verschiedenen Tarifkommissionen. Dabei steht sie überwiegend Geschäftsführer*innen und leitenden Angestellten gegenüber. Bei ihrer Arbeit nimmt sie die Anliegen der Kolleg*innen auf, etwa Fragen des Gesundheitsschutzes oder Befürchtungen, das neue Kontrollsystem könne schnell in Überwachung ausarten. Ihre Erfahrungen und Vorstellungen bringt sie zudem als ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht Leipzig und dem Landessozialgericht Chemnitz ein.
Die 54-Jährige ist streikerfahren, ist oft bei Kundgebungen, Aktionen und Streiks dabei. Sie greift aber auch oft zum Mikrophon, wenn Betriebsräte oder Gewerkschafter*innen mit Vertreter*innen der Fraktionen des Landtages diskutieren. Das hat sie auch bei einer Anhörung der SPD-Fraktion zum Ladenöffnungsgesetz in Sachsen getan. Bei dieser Gelegenheit ist der Landtagsabgeordnete Henning Homann, SPD, auf sie aufmerksam geworden – und hat sie für die Bundesversammlung vorgeschlagen. Mit Respekt nimmt sie diese Verantwortung an. Frank-Walter Steinmeier ist für sie souverän als Staatsoberhaupt, ehrlich und parteiübergreifend.
Ina Taute-Hässelbarth hat auch in Zukunft noch einige Pläne: "Ich bin 'ne coole Oma, sagen meine vier Kinder und drei Enkel. Und ich könnte mir noch eine Menge vorstellen: zum Beispiel eine Rede im Bundestag halten." In dieser Rede würde es um das Teilzeit- und Befristungsgesetz gehen. "Das muss unbedingt nochmal angefasst werden", ist sich Ina Taute-Hässelbarth sicher.
Die meisten ihrer Kolleg*innen haben übrigens 23-Stunden-Verträge, schieben aber Monat für Monat Überstunden. Für sie fordert die engagierte Betriebsrätin, Verträge mit mehr Stunden zu bekommen. Das sei ehrlicher und ein wichtiger Schritt gegen Altersarmut, die vor allem Frauen betrifft, so Taute-Hässelbarth.
Von Birgit Tragsdorf