Leserbriefe_publik.jpg
Oliver Berg/dpa

Meldung "Kurzarbeitergeld – Schreckensszenario vorerst vom Tisch", ver.di publik 8_2021

Ich wünsche allen KollegInnen ein sicheres auskömmliches Einkommen, gerade in diesen belastenden Corona-Zeiten. Aber warum nimmt ver.di, nehmen wir Arbeitenden, nicht die Firmen in die Pflicht, die trotz Corona Gewinne machen (VW, Daimler, Lufthansa…) und trotzdem kurzarbeiten lassen? Das Kurzarbeitergeld zahlen wir aus unseren Sozialversicherungsbeiträgen, also wir Arbeitenden unterstützen unsere KollegInnen. Das ist Solidarität. Aber nicht, wenn die zuständigen "Arbeitgeber" Gewinne machen und ihre Kosten über Kurzarbeit auf uns Arbeitende abwälzen.

Sollen wir die Krise bezahlen und die Konzerne verdienen daran?

Annette Müller, Frankfurt/M.

Thema "Fonds ohne Reinheitsgebot", ver.di publik Spezial 8_2021

Ja, der Markt für nachhaltige Geldanlagen boomt. Und ja, da ist viel Greenwashing dabei. Und die Übersicht geht verloren, weil das Angebot inzwischen so schön groß ist. Zum Glück gibt es aber verschiedene Hilfen. Als erste gibt es Regeln für nachhaltige Geldanlagen, nämlich die seit März 2021 geltende EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (SFDR, Sustainable Finance Disclosure Regulation). Als nachhaltig gelten Anlagen, die unter Artikel 8 oder 9 fallen, je nachdem, ob sie ökologische oder soziale Kriterien haben (Artikel 8) oder auch eine angestrebte Wirkung (Artikel 9). Sie werden danach auch hell- oder dunkelgrün genannt. Wem das zu schwammig ist, der kann zum Beispiel beim Forum nachhaltige Geldanlagen (forum-ng.org) weit über 500 Wertpapiere über detaillierte Nachhaltigkeitsprofile mit den eigenen Ansprüchen vergleichen. Oder sich bei ecoreporter.de informieren. Das eine Geldinstitut wird erwähnt, aber warum die anderen nicht, was ist mit der Umweltbank und mit Triodos? Alle drei haben sie das Problem, nicht jedes Wertpapier in ihre Depots aufzunehmen. Das heißt, entweder beschränkt man sich bei der Auswahl der Papiere auf das Mögliche oder man sucht sich eine andere Depot-führende Bank, wo die Konditionen gerade für Online-Depots auch sehr viel besser sein können. Wo da die Ethik bleibt? Sie bleibt gewahrt, weil solch ein Depot einfach ein Lager ist und die es führende Stelle überhaupt nichts davon hat.

Johannes Steil, Hamburg

Thema "Das Bild trügt", ver.di publik 8_2021

Diversität lässt sich nur dort effektiv fördern, wo es verlässliche Zahlen gibt. Frau Ataman und die Neuen deutschen Medienmacherinnen fordern deshalb von den Medien kontinuierliche Angaben zur Vielfalt, zur Migrationsgeschichte ihrer Beschäftigten. Münden soll das in eine Diversity-Quote, die Deutschland als Einwanderungsland abbildet. Nun ist ansonsten die Frage "Wo kommen Sie denn (ursprünglich) her?" politically völlig incorrect und wird gerade von Frau Ataman entschieden abgelehnt. Im Spiegel 11/2019 schrieb sie, dass sie die "Wurzeldetektive" leid ist und nicht ständig ihre Herkunft und Familiengeschichte offenlegen möchte. Peter Willborn, per E-Mail

Kommentar "Ein wichtiger Schritt", ver.di publik 8_2021

Ich gönne es Betriebsratskollegen von Herzen, wenn die Behinderung von BR-Arbeit endlich ein "Offizialdelikt" werden soll. Was mich aber ärgert, ist der verengte Blick allein auf die Betriebsräte. Es gibt da nämlich noch eine zweite Arbeitnehmervertretung, deren Rechte Arbeitgeber weitestgehend ungestraft mit Füßen treten können – nämlich die Schwerbehindertenvertretungen (SBVen). Wie leider so oft auch bei ver.di bleiben die SBVen unterhalb der Wahrnehmung. Dabei wäre auch für die SBVen ein wirksamer Schutz gegen Schikane dringend notwendig. Denn die Behinderung von SBV-Arbeit ist noch nicht mal ein Antragsdelikt wie derzeit bei Betriebsräten – es ist überhaupt kein strafbewehrtes Delikt. SBVen können völlig ungestraft in ihrer Tätigkeit blockiert und/oder missachtet werden vom Arbeitgeber – es hat keine strafrechtlichen Konsequenzen. Wolfgang Hoepfner, Stuttgart

Zum Leserbrief von Martin Mahle zu "Von Hamburg in den Krieg", ver.di Publik 7 und 8_2021

Mit großem Interesse habe ich den Artikel gelesen, in der das Engagement von ver.di-Kolleg*innen und anderen Personen gegen die Rüstungsexporte geschildert wird. Endlich einmal wieder ein größerer Artikel zu Themen aus dem Komplex "Krieg und Frieden", der – neben der Klimagerechtigkeit – mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Schon auf unserem letzten Bundeskongress im Jahr 2019 haben wir eine intensive Antragsdebatte dazu gehabt und gute Beschlüsse gefasst. Dabei entstand ein ver.di-internes Friedensnetzwerk, aus dem heraus im Rahmen von "ver.di wählt" am 16. September 2021 in Hamburg erstmalig seit 18 Jahren wieder eine Friedenskonferenz für ver.di-Mitglieder durchgeführt wurde. Dort waren auch die Kolleg*innen aus dem Hamburger Hafen mit dem Workshop "Deutsche Rüstungsexporte und internationale Krisen und Konflikte" dabei. Dort wurden auch Fragen wie die im Leserbrief des Kollegen Mahle aus Neusäss vorgetragen und beantwortet. Ja, die alten Feindbilder des Kalten Krieges, sei es nun der "russische Diktator" oder die "Gelbe Gefahr" feiern fröhliche Urständ'. Aber können wir denn einfach zuschauen, wie in anderen Ländern die unveräußerlichen Menschenrechte missachtet werden, sei es im Osten oder im Westen? Nein, können und wollen wir nicht. Das entspräche nicht unserer "gewerkschaftlichen DNA", wie man es heute gerne ausdrückt. Aber Demokratie mit Waffengewalt exportieren, Menschenrechte militärisch durchsetzen, mit Krieg?

War und ist nicht jeder Krieg eine einzige Verletzung von Menschenrechten?

Sehen wir das nicht seit Jahrzehnten, dass in Kriegen die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen passieren, dass die Zustände nach dem Krieg noch schlimmer sind als zuvor? Auch diese Erkenntnis gehört doch zu unserer DNA! In einer Diskussion mit Schüler*innen warnte der "Architekt der Entspannungspolitik", der legendäre Egon Bahr vor dem Glauben, dass es bei Kriegen und deren Vorbereitung durch Aufrüstung und Feindbildproduktion um Menschenrechte gehe: "Es geht immer um Interessen, um wirtschaftliche und strategische Interessen." Die Aufgabe, wie wir sie uns für die Hamburger ver.di-Friedenskonferenz gestellt hatten, und wie wir sie auch für zukünftige Friedenskonferenzen sehen, ist es, die Narrative, die uns von den Main- streammedien geliefert werden, auf die Interessen, die dahinterstehen, "abzuklopfen". Dazu ist auch Kollege Mahle herzlich eingeladen.

Christof Ostheimer, Neumünster

Lieber Kollege Mahle, dein Leserbrief zur Volksinitiative gegen Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen spiegelt die gängigen Erklärungen zu den Kriegen der jüngeren Geschichte. Du bist unter den publik-Leser:innen sicher nicht alleine mit deiner Sichtweise. Nicht selten erfahre ich in Diskussionen, dass Kolleg:innen wirklich glauben, diese NATO-Kriege würden für eine gute Sache geführt bzw. gegen den Terror. Dass sich unsere Bundeswehr an neokolonialen Raubkriegen beteiligen würde, könne ja schon deshalb nicht sein, weil unserer Verfassung wegen der verbrecherischen deutschen Kriegsgeschichte ein absolutes Friedensgebot voransteht. Dass deutsche Kriegsbeteiligung ein Mittel zur Durchsetzung eigener politischer und wirtschaftlicher Interessen war und ist, durften Regierende bis zur Weißbuchveröffentlichung nicht laut sagen. Ein Bundespräsident musste deshalb gehen. Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst, der Gegner wird dämonisiert. Ihm werden wahlweise Massaker, Chemiewaffenbesitz, Genozid, Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, und Bombenangriffe heißen offiziell humanitäre Luftschläge, und unsere Armee baut Brunnen und sichert Frauenrechte. Ich erinnere mich, dass Deutschland zu Beginn des Irak-Krieges in der "Koalition der Willigen" anfangs nicht mitgemacht hatte. Dass der Bundesnachrichtendienst dem Pentagon, mit einer Falschmeldung über Husseins angebliche Chemiewaffen den Kriegsgrund geliefert hatte, war dann nicht mehr so wichtig. Die Beteiligung an völkerrechtswidrigen Angriffskriegen, der andauernde Verfassungsbruch "Hamburg Mittlerin für den Frieden", die Suche nach der Kriegsschuld beim vermeintlichen Gegner, die Gewöhnung an die Normalität Waffenexport – all dies gefährdet auch unsere Existenz hier zu Hause. Die Millionen Menschen, die 2003 kurz vor dem Überfall auf den Irak weltweit zeitgleich dagegen demonstrierten, konnten diese humanitäre Katastrophe nicht verhindern. Die Geflohenen, nicht alleine diejenigen, die es zu uns geschafft haben, sind Opfer neokolonialer Raubkriege. Es geht um Rohstoffe und Geopolitik. Auf der Strecke bleiben Menschen, Umwelt, Klima. Dazu sagen wir nein und kämpfen mit dem Mittel der Volksgesetzgebung für einen zivilen Hafen. Am 14.12.2021 haben wir die erste Stufe geschafft und 16.440 Unterschriften ins Rathaus gebracht. Dies ist nur ein Anlass unter vielen, hier vor Ort Friedenspolitik einzufordern. Lasst uns im Gespräch bleiben und gemeinsam aktiv die diesjährigen Ostermärsche vorbereiten: Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen! Verzicht auf das gigantische Europäische Rüstungsprojekt FCAS! Keine Kampfbomberanschaffung für die Atombomben in Büchel! Für eine neue Entspannungspolitik gegenüber China und Russland!

Holger Griebner, per E-Mail

ver.di publik allgemein und Leserbrief von Martin Mahle

Als jahrzehntelangem ver.di-Mitglied, früherem Betriebsrat im Banken-Bereich und heutigem Rentner ist es mir schon lange ein Bedürfnis, der Redaktion unserer ver.di-Zeitung im speziellen und ver.di im Gesamten ein großes Lob sowie einen Dank auszusprechen. Ich lese regelmäßig jede Ausgabe (so wie es früher völlig undenkbar war, eine Scheibenwischerfolge mit Dieter Hildebrandt nicht zu sehen) mit den vielen unterschiedlichsten (Gesellschafts-/Betriebs-)Bereichen – national wie international –, zu denen ver.di über Missstände, Ungerechtigkeiten und Gefahren nicht nur informiert, sondern sie auch anprangert oder bestreikt, um letztendlich unsere Sinne mit dieser Komplexität zu schärfen. Echte (Basis-)Demokratie und

starke Gewerkschaften sind gerade in der heutigen Zeit, wo subversive Elemente mit ihren Parolen unsere Demokratie unterhöhlen wollen, ungemein wichtig.

Und was den guten Leserbrief von Herrn Mahle anbelangt, Respekt, so funktioniert echte Basisdemokratie ohne die Twitter-Hassallüren in den (un)sozialen Netzwerken. Ihre Argumente und die Argumentation der Leserbriefschreiber wären es wert, an einem runden Tisch inhaltlich besprochen zu werden. Ein solches Treffen, eine solche Diskussion würde mich speziell an meine frühere Zivildienstzeit erinnern, wo solche Diskussionen auch emotional, aber friedfertig und rein inhaltlich an der Tagesordnung waren. Käme ein solches Treffen zustande, ich wäre dabei – und sei es nur als Zuhörer.

Dirk Löffelmeier, per E-Mail