Die Menschen in Brasilien und vor allem der Regenwald am Amazonas können erst einmal tief aufatmen: Für sie ist die Präsidentschaftswahl in Brasilien gerade noch mal gut gegangen. Für den Fall seiner Wahlniederlage sah der abgewählte Jair Bolsonaro folgende Alternativen: Entweder werde er verhaftet oder er falle einem Attentat zum Opfer, jammerte das rechtsextreme Staatsoberhaupt schon vor dem Ausgang der Wahl. Bis jetzt hat sich jede dieser Optionen als weitere verbale Kraftmeierei des Trump- und Pinochet-Fans entpuppt.

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Jenny Mansch ist Redakteurin der ver.di publikFoto: Renate Kossmann

Tatsache ist, seit dem Abend des 30. Oktobers ist der linke ehemalige Präsident Brasiliens (2003–2011) Luiz Inacio Lula da Silva, kurz Lula, erneut zum Staatsoberhaupt gewählt worden – eine politische Sensation. Und eine späte Genugtuung, hatte man den Gewerkschafter und Kontrahenten Bolsonaros doch in einem zwielichtigen Korruptions-Verfahren 2018 gezielt aus dem Verkehr gezogen und inhaftiert, damit der Weg für Bolsonaro frei wurde.

Sich derartig ins Amt zu mogeln – das hat Lula nicht nötig. Er hat die aktuelle Wahl souverän gewonnen, mehr als die Hälfte des Landes hat für ihn gestimmt. Das ist vor allem für die Gewerkschaften des Landes eine gute Nachricht, ebenso für Frauen, für NGOs, die LGBTIQ*-Gemeinde, die Indigenen und die Flüchtlinge – speziell gegen diese Gruppen hatte sich Bolsonaros reaktionäre und in vielen Fällen tödliche Innenpolitik gerichtet. Zur Wahrheit gehört aber auch: Knapp die andere Hälfte des Landes hat das rechtsextreme Großmaul wiedergewählt. Es wird also keine leichte Amtszeit. Lula muss die Anhänger von Bolsonaros neoliberaler Brutalo-Politik vom Mehrwert durch Tarifverträge und Solidarität überzeugen; er muss sich mit der Holzmafia im Regenwald und den mächtigen Evangelikalen im Land anlegen.

Für die Demokratie und den Regenwald aber, die grüne Lunge der Menschheit, stehen die Aktien erst einmal viel besser als zuvor.