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Am 1. Februar 2023 standen die Busse der Hamburger Hochbahn still

Seit Beginn des Jahres verhandelt ver.di Hamburg mit der Hamburger Hochbahn über einen neuen Tarifvertrag. ver.di will einen realen Inflationsausgleich und eine Tariferhöhung bei einer kurzen Laufzeit von zwölf Monaten erstreiten. Streiks waren in den vergangenen Jahrzehnten selten. Aber in der Auseinandersetzung um einen einheitlichen Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N) 2020 kam es zu einer Streikbewegung unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie.

Das Thema Entlastung stand damals bundesweit im Vordergrund. Bei der Hamburger Hochbahn konnte auch die Höhergruppierung der Beschäftigten im Fahrdienst durchgesetzt werden. Seitdem sind viele neue Kolleg*innen bei der Hochbahn in ver.di eingetreten. Mittlerweile ist die Hälfte der knapp 6.000 Beschäftigten bei ver.di organisiert, Tendenz weiter steigend.

Ob es jetzt erneut harte Verhandlungen werden, liege in erster Linie an der Arbeitgeberseite beziehungsweise der Gesellschafterin der Hamburger Hochbahn, der Stadt Hamburg, sagt ver.di-Verhandlungsführerin Irene Hatzidimou. In der ersten Runde gab es bereits ein Angebot der Arbeitgeberin. Doch noch liegen die Forderungen von ver.di und das Angebot weit aueinander. "Wir stellen uns eher auf eine harte Auseinandersetzung ein. Der Druck aus der Belegschaft ist hoch", so die Gewerkschafterin.

Sie hält die ver.di-Forderung nach 600 Euro mehr pro Monat nicht für zu hoch. Durch die Inflation hätten die Kolleg*innen Reallohnverluste hinnehmen müssen. "Beim letzten Tarifabschluss konnte keiner ahnen, wie sich die Preise in 2022 entwickeln", sagt sie und nennt als Beispiel Busfahrer*innen. Sie verdienen zwischen 2.500 und 3.000 Euro brutto im Monat. Faktisch bedeutet die Inflation, dass diese Kolleg*innen im vergangenen Jahr Monat für Monat 185 Euro weniger in der Tasche hatten.

Auch die Prognosen für 2023 gehen von einer Inflation von 7 Prozent aus. "Wir können bei dieser Verdienstgruppe keine Reallohnverluste akzeptieren", so Hatzidimou.

Nebenjob neben Vollzeitjob

Viele der Hochbahn-Beschäftigten wüssten schon heute nicht, wie sie ihre Rechnungen oder ihre Mieten zahlen sollen, von drohender Altersarmut ganz zu schweigen. Maßnahmen des Staates wie Energiepauschale, Kinderbonus oder Gasabschlag entlasten die Mitglieder kaum oder nur zeitverzögert: "Deshalb ist unsere Forderung absolut gerechtfertigt. Verbunden ist damit auch eine gewisse Wertschätzung, die aktuell bei den Kolleg*innen nicht ankommt, die jeden Tag, rund um die Uhr alles geben."

Magdalene Waldeck, zuständige Gewerkschaftssekretärin, beobachtet vor allem den Fachkräftemangel mit Sorge. Zwar versuche die Hochbahn sich als attraktive Arbeitgeberin zu verkaufen, komme dem aber an vielen Stellen nicht nach. Viel Personal, das eingestellt werde, könne nicht lange gehalten werden, wenn andernorts höhere Löhne locken.

"Die Hochbahn vergibt mittlerweile ganze Linien an Subunternehmen, weil sie nicht genügend Personal finden. Vermehrt stellen wir auch fest, dass einige neben ihrem Vollzeitjob als Busfahrer*in einen Nebenjob annehmen müssen, um über die Runden zu kommen", hat Waldeck beobachtet. Und auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen: keine zu langen Schichten, ausreichend Pausenzeiten, saubere und gut zugängliche Toiletten an den Haltepunkten.

Die Stimmung unter den Beschäftigten beschreiben die Gewerkschafterinnen als kämpferisch. Deren Erwartungen an die Arbeitgeberseite sind hoch. Kein Wunder, die Hamburger Hochbahn ist eine 100-prozentige Tochter einer der reichsten Städte Deutschlands. Sie erwarten, dass die politischen Entscheidungsträger für die Kosten der Mobilitätswende aufkommen, dazu gehören auch die Arbeitsbedingungen bei der Hochbahn. "Wir brauchen nicht nur nachhaltige Busse und Bahnen, sondern auch nachhaltige Lohnerhöhungen. Und nachhaltig sind nun einmal nur tabellenwirksame Erhöhungen", so Irene Hatzidimou. Am 1. Februar haben die Beschäftigten der Hamburger Hochbahn für 24 Stunden die Arbeit niedergelegt.

Foto: ver.di Hamburg