Die Preise sind gestiegen, deshalb müssen auch die Löhne steigen. Da aber die meisten Arbeitgeber von sich aus keine akzeptablen Lohnsteigerungen bieten, müssen Beschäftigte streiken. So wie jüngst im öffentlichen Dienst (ÖD). Dann wird schnell mal gemeckert, weil der Müll liegenbleibt, die Kitas geschlossen sind und der Nahverkehr stillsteht. Doch diejenigen, die sich heute darüber aufregen, dass nichts mehr geht, legen morgen vielleicht schon selbst ihre Arbeit nieder, um für bessere Löhne zu kämpfen.

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Marion Lühring ist Redakteurin der ver.di publikFoto: Renate Koßmann

Auch Neid auf die angeblich so hohen Löhne im ÖD ist unangemessen. Unlängst titelte der Spiegel: "So hoch sind die Gehälter im öffentlichen Dienst wirklich". Die Wortwahl lässt aufhorchen und Spitzengehälter vermuten. Das aber stimmt nicht. Weiter steht in dem Bericht: "Nur eine Minderheit der Beschäftigten sitzt in Verwaltungsbüros und prüft Anträge oder plant Straßen. Weit mehr verrichten eine Vielzahl anderer Tätigkeiten, sie beseitigen den Müll, pflegen Alte und Kranke, betreuen Kinder, führen U-Bahnen oder beraten Sparkassenkunden. Dass sich alle von ihnen schlecht bezahlt fühlen, dürfte ziemlich unwahrscheinlich sein." Dem ÖD sei es schließlich in den vergangenen Jahren durchaus gelungen, Personal zu gewinnen.

Doch, die meisten fühlen sich schlecht bezahlt. Und nicht nur das, sie haben es sogar schriftlich: an jedem Monatsende auf ihrem Konto. Deshalb streiken sie. Gemeinsam und solidarisch, quer durch alle Lohngruppen. Das ist ihr gutes Recht. Niemand sollte seine Arbeitsleistung unter Wert verkaufen müssen. Unattraktiven Arbeitgebern bleibt langfristig das Personal weg. Neue Leute aber werden im ÖD dringend gebraucht. Auch, weil die geburtenstarken Jahrgänge erst noch in den Ruhestand gehen. Kommen keine neuen Leute nach, dann bleibt künftig noch mehr Müll liegen, weil niemand den Job mehr machen will.