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Gloria Teiku bringt Pakete auf den richtigen WegFoto: privat

Freitag, kurz nach 16 Uhr im Zustellstützpunkt Lohbrügge der Post Niederlassung Hamburg: Im Minutentakt trudelt ein gelber Transporter nach dem anderen auf dem Betriebshof ein, die einen hörbar, weil sie einen Dieselmotor haben, die anderen summen nur leise. "Street Scooter", sagt Dirk-Thomas Siemers. Es ist die dritte Generation des von der Post selbst entwickelten E-Transporters, der hier gerade auf den Hof einfährt, um an einer der zahlreichen E-Säulen im Hof Strom zu tanken: "Es sind auch Rechtslenker dabei. Die sind vor allem auf Hauptstraßen ein Vorteil, weil man da schneller ein- und aussteigen kann, ohne zeitraubend vorbeifahrende Fahrzeuge abzuwarten."

Mit den E-Scootern könne man sehr gut fahren, erklärt Dirk-Thomas, und ein wenig Stolz schwingt in der Stimme mit, wenn er davon erzählt, dass sie hier im Verbundzentrum eine Pilotregion für die allerersten E-Scooter waren. Es ist eine von vielen hundert Geschichten bei der Post, die der erfahrene Zusteller erzählen kann – seit 33 Jahren ist er bei der Post. "Beamter wollte ich nicht werden", sagt er. Aber er war Betriebsrat, ist jetzt noch Ersatzmitglied und organisiert als Vertrauensmann den Standort für ver.di.

So lange ist Gloria Teiku noch nicht dabei, seit 2017 arbeitet sie im Paketzentrum in Allermöhe. Die 33-Jährige, gebürtige Ghanaerin mit inzwischen deutscher Staatsbürgerschaft, ist Codiererin. Kann die Anlage im Paketzentrum die Adresse nicht identifizieren, landet das Paket bei ihr: "Manchmal stimmt etwas nicht oder das Paket muss zum Zoll. Ich drucke dann das richtige Label am Computer aus und bringe das Paket auf den Weg." Wenn es nach ihr geht, bleibt sie noch viele Jahre in Allermöhe. "Ich mag meine Arbeit, weil ich mich mit den Kolleg*innen gut verstehe und weil es eine ruhige Arbeit ist".

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Dirk-Thomas Siemers ist ein erfahrener ZustellerFoto: Jörn Breiholz

Ruhig ist es bei Dirk-Thomas und seinen über 50 Kolleg*innen nicht. Sie heißen Verbundzusteller, weil sie Pakete und Post gleichzeitig verteilen. "Die Arbeit ist schwer, wir haben viele Pakete, oft auch sehr schwere und sehr große, Post und Wurfsendungen an Bord und müssen uns ganz schön ranhalten, um die Arbeit einigermaßen zu schaffen", sagt Dirk-Thomas. Zeichnet sich ab, dass die Zeit für die Tour durch große Mengen oder andere Störungen zu knapp wird, liefern sie nur noch das Wichtigste aus – und das, was übrigbleibt, kommt am nächsten Tag möglichst als erstes dran. "Man hat oft keine Zeit mehr, um ein Paket beim Nachbarn abzugeben, wegen der großen Paketmengen, der langen Wege zu den Häusern oder den Deichen, die man hoch und runter laufen muss, um beim Nachbarn zu klingeln."

Gloria und Dirk-Thomas freuen sich beide über das gute Tarifergebnis, für das sie auch in Hamburg gemeinsam mit knapp 7.000 anderen Postler*innen gekämpft haben. Offizielle Vertrauensfrau ist Gloria noch nicht, aber sie ist auf dem Weg dahin und hat auch schon eine Tarifschulung mitgemacht. "Dadurch konnte ich den afrikanischen Kollegen und Kolleginnen erklären, wie der Streik funktioniert und wo sie ihr Streikgeld bekommen. Und ich habe jetzt auch einige überzeugen können, dass sie auch in ver.di eintreten." Die alleinerziehende Mutter, die in Teilzeit arbeitet und viel Zeit mit ihrem schwer an Autismus erkrankten Sohn verbringt, ist zufrieden mit dem erzielten Tarifergebnis, "weil ver.di viel mehr erreicht hat, als die Post bereit war zu geben".

Dirk-Thomas hat bei der Abstimmung gegen das Ergebnis und damit für den Erzwingungsstreik abgestimmt, "weil wir noch einen großen Nachholbedarf haben. Aber schlussendlich ist es ein sehr gutes Ergebnis."

Als erfahrener ver.di-Vertrauensmann hat er dafür gesorgt, dass die Kolleg*innen beim Warnstreik rausgehen und sie zusammen klare Kante zeigen. Er hat die Streiklisten geführt, damit die Kollegen auch ihr Streikgeld bekommen – und Mitglieder geworben. "Die Warnstreiks waren bei uns sehr erfolgreich, weil wir gut organisiert sind. 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen hier am Standort sind ver.di-Mitglied."

ver.di bei der Hamburger Post

Die Post ist traditionelle ver.di-Hochburg mit Organisationszahlen sehr deutlich über 60 Prozent. Rückgrat von ver.di ist die in jedem Hamburger Post-Standort gut funktionierende Vertrauensleutestruktur. Vertrauensleute dürfen bei der Post nicht versetzt werden. Wesentliche Bestandsteile des Tarifabschlusses 2023 sind eine Einmalzahlung der Inflationsausgleichsprämie von 1.020 Euro für die Monate Januar bis April, monatliche 180 Euro Inflationsausgleichsprämie von Mai 2023 bis März 2024 sowie eine tabellenwirksame Festbetragserhöhung von monatlich 340 Euro ab April 2024: Das entspricht in den unteren Entgeltgruppen 1 bis 3 einer Erhöhung von 16,1 bis 11 Prozent.