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ver.di setzt sich für Soloselbstständige ein – hier bei einer Aktion beim FinanzsenatorFoto: ver.di Hamburg

Für Gabriele Albers, Leiterin des "Hauses der Selbstständigen" in Hamburg, steht die Vernetzung im Mittelpunkt. Sie war selbst 20 Jahre lang selbstständig, zunächst als Journalistin, später als Roman-Autorin, und kennt die schwierige Lage ihrer Kolleg*innen. "In meinem persönlichen Umfeld gibt es unglaublich viele Menschen, die sich nicht trauen, zum Beispiel angemessene Honorare zu fordern. Die aus Sorge, als ,schwierig' zu gelten und ihren Auftraggeber zu verlieren, alles hinnehmen, was diese ihnen anbieten oder von ihnen fordern", schildert sie.

Als Gewerkschafterin weiß sie: Die Bedingungen lassen sich nur ändern, wenn viele mit an einem Strang ziehen. "Ich möchte, dass wir über Geld reden, über Vorsorge für Krankheit und Alter und darüber, dass die Honorare dafür oft nicht ausreichen", sagt sie. Die Solo-Selbstständigen sollen sehen, dass sie nicht alleine sind, dass es viele gibt, die in einer ganz ähnlichen Situation sind wie sie selbst. "Ich möchte die Solo-Selbstständigen ermutigen, sich zusammenzutun und gemeinsam für mehr Sichtbarkeit zu sorgen. Denn nur so können sie auch in den politischen Raum hineinwirken – und an ihrer Situation grundsätzlich etwas verändern. Denn wenn die Rahmenbedingungen stimmen ist das selbstbestimmte Arbeiten von Solo-Selbstständigen eine der schönsten Arten, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen", sagt Albers zu ihrem Antrieb.

Zu den Aufgaben im Projekt gehört nicht nur, Austausch und Vernetzung zu ermöglichen, sondern auch die Datenlage zu verbessern. Erwerbsbedingungen und Bedarfe von Solo-Selbstständigen sollen besser erhoben werden, um überhaupt politischen Handlungsbedarf zu identifizieren. Auch Bildungsangebote stellt das Projekt zur Verfügung. Eine Ombudsstelle, die bei Streitigkeiten zwischen Auftragnehmer*innen und -⁠geber*innen weiterhilft, hat bereits ihre Arbeit aufgenommen.

Lotsin im Beratungsdschungel

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Gabriele Albers vernetzt SelbstständigeFoto: Henning Angerer

Gabriele Albers versteht sich auch als Lotsin im Beratungsdschungel. "Solo-Selbstständige arbeiten in sehr unterschiedlichen Branchen" erläutert sie. Die Beratungsanliegen der Menschen seien dadurch sehr vielfältig. "Auch die Möglichkeiten, sich beraten zu lassen, sind bunt und manchmal unübersichtlich. Hier helfen wir, die richtige Stelle zu finden", so Albers

Die Vielfalt der Berufe, die Solo-Selbstständige ausüben, hat es in sich: Da gibt es die Frisörin, den Schuhmachermeister, Künstler*innen, Ernährungsberater*innen, Autor*innen, IT-Berater*innen – die Liste ist lang. Dennoch gibt es auch Anliegen, die alle teilen, davon ist Gabriele Albers überzeugt. Sie teilt die Forderung von ver.di, endlich Lösungen für die Solo-Selbstständigen bei den Lücken im Bereich der sozialen Sicherung zu finden. "Während der Corona-Pandemie sind die Mängel im System der sozialen Sicherung auf einen Schlag sichtbar geworden," erinnert sie sich, "mit fatalen Folgen für die Menschen. Da sind viele von heute auf morgen aus der Vollzeitbeschäftigung in die Grundsicherung gefallen."

Weitere gemeinsame Anliegen zu identifizieren ist das Ziel der Kick-Off-Veranstaltung, zu der das Haus der Selbstständigen Hamburg alle Hamburger Solo-Selbstständigen einlädt. Am Mittwoch, 10. Januar 2024, geht es ab 17 Uhr im Musiksaal des Gewerkschaftshauses am Besenbinderhof 57a um die Frage, welches die gemeinsamen Interessen sind und wie diese verfolgt werden können. Und nicht zuletzt ist auch Raum für Gespräche und geselliges Netzwerken.

Die Keynote hält Matthias Henze, Gründer und CEO von Jimdo, einer Firma, die Baukastensysteme für Webseiten anbeitet. Darüber hinaus sind auch Vertreter*innen von Kammern, Verbänden und Politik eingeladen – und natürlich alle Solo-Selbstständigen, die ihre Interessen stärker vertreten wollen und diejenigen, die sich den Solo-Selbstständigen verbunden fühlen. Gabriele Albers ist fest davon überzeugt, dass Solo-Selbstständigkeit und kollektives, solidarisches Handeln kein Gegensatz sind.

Informationen und Anmeldung zum Kick-off: Mail: hamburg@hausderselbststaendigen.info; Tel. 040/890 615 353

Haus der Selbstständigen

Das "Haus der Selbstständigen" ist ein Projekt zur Stärkung der Interessenvertretung von Solo-Selbstständigen (SoloS). Seit dem Herbst ist es auch im Hamburger Gewerkschaftshaus erreichbar. Damit ist Hamburg neben Köln, Leipzig und Berlin einer von vier Standorten bundesweit.

Projektträgerin ist die gemeinnützige Denkfabrik "Input Consulting". Weitere Projektpartner*innen sind neben ver.di arbeitsweltlich orientierte Beratungs-, Kommunikations- und Bildungsprofis sowie die die Universität Göttingen. Finanziell gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus.

Die vier Standorte dienen als erste Anlaufstelle für Solo-Selbstständige. In Hamburg sind es über 40.000, bundesweit knapp 2 Millionen. Angelegt ist das Projekt auf vier Jahre. Gemeinsam wollen die Projektpartner*innen die Arbeitsbedingungen für Solo-Selbstständige nachhaltig verbessern.