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"Wir sind die Fachleute für den Bereich Shopping" wirbt Eurotrade – "und für Schikane" möchte man anfügenFoto: Hohfeld/imago images

Wieder einmal hat eine engagierte Gewerkschafterin urplötzlich die fristlose Kündigung erhalten, Britta (Name geändert) war bis Juni beschäftigt bei Eurotrade, einem Tochterunternehmen der Münchener Flughafengesellschaft. Sie war Betriebsrätin und Mitglied der ver.di-Tarifkommission für den Einzelhandel. Sie wurde rausgeschmissen, bevor sie als Gewerkschafterin bei der Aufsichtsratswahl antreten sollte. Gründe für die Kündigung? Fehlanzeige! Bis heute hat sich die Arbeitgeberin nicht erklärt.

"Es ist ein handfester Skandal", sagt Dominik Datz vom zuständigen ver.di-Fachbereich Handel in München. "Ziemlich offenkundig ging es darum, eine sehr engagierte Beschäftigte loszuwerden, bevor sie in den Aufsichtsrat der Münchener Flughafengesellschaft gewählt werden konnte." Als vermeintlicher Verstoß war hinter vorgehaltener Hand behauptet worden, sie hätte eine dienstliche Mail auf ihren Privataccount weitergeleitet. Tatsächlich aber sei es im Betrieb gang und gäbe, dass etwa die Eurotrade-Personalabteilung oder die Betriebsratsvorsitzenden Mails dienstlichen Inhalts an Privatadressen sendeten, so der Gewerkschaftssekretär.

Hubert Thiermeyer, ver.di-Fachbereichsleiter Handel im Landesbezirk Bayern, fragt sich nach der Kündigung, wie der Arbeitgeber von der angeblichen Mailweiterleitung erfahren haben könne. Offenkundig habe Eurotrade illegal auf die Mailadresse der Beschäftigten zugegriffen. "Das ist der eigentliche Datenschutzskandal am Flughafen München." Und trotz deutlicher Aufforderung durch ver.di, diesen Verstoß aufzuklären, komme das Unternehmen dem nicht nach. Eurotrade hat nicht einmal ein Datenschutzkonzept.

Obwohl die Gekündigte mit Unterstützung ihres Anwalts Rüdiger Helm umgehend per Eilantrag ihre Rechte zum Betreten des Betriebes und zur Ausübung des Wahlkampfes als Kandidatin für den Aufsichtsrat erreichen wollte, entschied das Gericht zunächst nicht. Die Angelegenheit könne nicht so schnell beurteilt werden, hieß es. Die Kollegin durfte daraufhin die Räume von Eurotrade nicht mehr betreten, konnte so auch keinen Wahlkampf machen und wurde am 1. Juli nicht in den Aufsichtsrat gewählt.

Dafür nahm sie allerdings kurz nach dieser Wahl an einer Betriebsratssitzung von Eurotrade teil – zur großen Überraschung des Gremiums, das mehrheitlich die Arbeitgeberlinie vertritt. "Wir haben die Kollegin als ver.di-Vertreterin zu der Sitzung geschickt, damit sie aus erster Hand erfährt, warum ihr fristlos gekündigt worden ist." Doch der Betriebsrat blieb ihr die Kündigungsgründe schuldig. Auch Rechtsanwalt Helm wartet bis heute darauf, dass Eurotrade seine zahlreichen Fragen zu diesem ungewöhnlichen Arbeitsrechtsverfahren beantwortet – ohne Erfolg. Dabei haben fristlos Gekündigte und ihre Rechtsvertretung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zwingend Anspruch auf die Angabe von Gründen.

Solidaritätsaktionen sind angelaufen

"Die Kollegin hat als Mitglied der ver.di-Tarifkommission erfolgreich mehrere Streiks bei Eurotrade mitorganisiert", sagt Dominik Datz. Das Unternehmen betreibt und vermietet rund vierzig Geschäfte im Münchener Flughafen. In der zurückliegenden langwierigen Tarifrunde im Handel schafften es Britta und ihre Mitstreiter*innen, dass mehr als die Hälfte der Shops wegen der Streiks tageweise geschlossen bleiben mussten. "Die Vermutung, dass unsere Kollegin vor allem auch wegen ihres Engagements in der Tarifrunde rausgeworfen wurde, liegt nicht fern", sagt der Gewerkschaftssekretär.

Inzwischen sind erste Solidaritätsaktionen angelaufen. So demonstrierten anlässlich der Aufsichtsratskonstituierung etliche ver.di-Mitglieder, darunter auch Beschäftigte von Eurotrade, vor dem Tagungslokal. Die meisten trugen ein T-Shirt mit Namensaufdruck der gekündigten Kollegin. Solidaritätserklärungen sind mittlerweile aus allen Regionen der Bundesrepublik eingetroffen. Eine ver.di-Mitgliederinfo ist verschickt worden, ebenso ein "Offener Brief" an Eurotrade.

Als "rechtlich unhaltbar" und übermäßig "schikanös" stuft Rechtsanwalt Rüdiger Helm die Kündigung ein. Täter und Opfer seien in diesem Fall klar vertauscht worden. Eurotrade habe einer engagierten Kollegin gekündigt, die in der Vergangenheit bereits das "Fehlverhalten von Unternehmensverantwortlichen vor Gericht aufgedeckt" habe. Die ganz offensichtlich haltlose Kündigung sei nun die Rache. Offen ist im Moment allerdings noch, wann das Arbeitsgericht diesen Fall behandeln wird.

Zunächst war der Gütetermin von August auf September verschoben worden. ver.di kämpft für die Rückverlegung auf August. Bis zu einem Urteil dürfte jedenfalls noch einige Zeit vergehen.