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Ein Pflegeassistenz hilft bei der NahrungsaufnahmeFoto: Mauricio Bustamante

Morgens um 6 Uhr 30 beginnt der Arbeitstag für Yorsalem Ghebru. In einem Pflegeheim unterstützt sie die Bewohner*innen bei der morgendlichen Körperpflege, wechselt Urinbeutel, misst Blutdruck und Puls. Auch bei Mahlzeiten hilft sie denen, die alleine Schwierigkeiten haben, etwa das Brot zu schmieren oder das Mittagessen zu zerkleinern. Um 14 Uhr 30 endet ihr Dienst, als allein­erziehende Mutter ist sie von anderen Schichten weitgehend befreit.

„Ich mag die alten Leute, ich arbeite mit Herz“, sagt sie. 2018 hat sie sich für eine zweijährige Ausbildung zur Altenpflegehelferin mit Sprachförderung entschieden. In ihrer Heimat Eritrea gibt es diesen Beruf nicht. ­Alte Menschen werden zu Hause gepflegt oder in der Nachbarschaft, wenn keine Angehörigen vor Ort sind. „Dass ich alten Leuten helfen kann, macht mir Spaß“, hat sie nach einem zweiwöchigen Praktikum festgestellt. Zudem war sie froh, dass sie überhaupt arbeiten konnte, allein auf ihre Arbeitsgenehmigung hat sie zwei Jahre warten müssen.

Unglücklich ist sie eher mit den Rahmenbedingungen. Sie wollte nicht von jemanden abhängig sein, doch die Bezahlung während der Ausbildung war in ihrem Fall so gering, dass sie auf unterstützende Sozialleistungen angewiesen war. Aber missen möchte sie die Zeit nicht, konnte sie doch in der Zeit auch ihre Deutschkenntnisse verbessern.

Ob sie sich noch zur Fachkraft weiterbildet, weiß sie noch nicht. Denn trotz aller Freude an der Arbeit mit Menschen spürt sie in ihrem Arbeitsalltag auch, dass Personal in der Pflege fehlt. Fällt jemand kurzfristig aus, müssen die Kolleg*innen die Arbeit mit übernehmen. Für die hohe körperliche und psychische Belastung erscheint Yorsalem Ghebru das Gehalt bei vielen Altenpflege-Einrichtungen, die sie kennt, zu gering. Hinzu komme, dass die Preise in den letzten Monaten stark gestiegen sind.

In Deutschland gibt es derzeit einen Flicken­teppich aus 27 Einzelregelungen in den verschiedenen Bundesländern. Die Ampelkoalition hatte sich vorgenommen, die Ausbildung bundesweit zu ­vereinheitlichen. 2027 sollte die neue Ausbildung zur Pflegefachassistenz ­starten, ein Gesetzentwurf liegt vor. ­Dieser sieht eine Ausbildungsdauer von 18 Monaten vor, ver.di hält zumindest zwei Jahre für angemessen, verbunden mit einer ­systematisch geförderten Weiterqualifikation zur Fachkraft, inklusive der Möglichkeit des Erwerbs eines mittleren Bildungsabschlusses.

Zudem sollte die abgeschlossene Pflegeassistenzausbildung nach dem Gesetzentwurf auf eine etwaige Ausbildung zur Pflegefachkraft angerechnet und ­angemessen vergütet werden. ver.di kritisiert jedoch die im Entwurf festgehaltenen Standards als nicht ausreichend.

Es müsse sichergestellt werden, dass Auszubildende insbesondere eine gute Praxisanleitung und individuelle Unterstützung bekommen. Gut ist, dass ein Ausbildungsverhältnis mit einem Betrieb verankert werden soll. Der Gesetzentwurf soll Anfang Dezember im Bundestag beraten werden.

Laut Bundesgesundheitsministerium arbeiten derzeit rund 1,1 Millionen Fachkräfte in der Pflege einschließlich der ­Aktutpflege. Hinzu kommen 515.000 Pflegehilfs­kräfte, von denen wiederum rund 343.000 eine Ausbildung in einem Pflegehelfer- oder -assistenzberuf oder einem anderen Beruf haben. Fest steht: Der Bedarf an Assistenz- und Fachkräften in der Pflege ist groß, wie das Beispiel von Yorsalem Ghebru zeigt.