Was können Mitglieder tun, um in ihrem Betrieb aktiv zu werden? Wie gewinnt man weitere Mitglieder, um mehr durchzusetzen? Wir stellen verschiedene "Werkzeuge" vor, die in gewerkschaftlicher Arbeit und Auseinandersetzungen erfolgreich eingesetzt werden. Dieses Mal erzählt Gregor Engel, Krankenpfleger am Jüdischen Krankenhaus Berlin (JKB) und dort im Betriebsart und in der Tarifkommission, von seinen Erfahrungen mit der aktivierenden Befragung.

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Gregor Engelprivat

Ihr habt vor einem Jahr für einen Tarifvertrag Entlastung gekämpft und für die Forderungsfindung eine "aktivierende Befragung" gemacht. Wie lief das? Wir haben mit allen Interviews geführt. Dafür haben wir zuerst versucht, in jedem Team einen Teamdelegierten zu finden, der die persönlichen Gespräche übernimmt und später weiter verantwortlich ist, etwa um Informationen an sein Team weiterzugeben. Diese Aufteilung war uns sehr wichtig – einerseits, damit sich jedes Team wirklich beteiligt und dahintersteht, und andererseits, damit sich die Arbeit und Verantwortung der Streikbewegung auf viele Schultern verteilt. Denn so eine Bewegung bedeutet viel Arbeit und kostet unglaublich viele Ressourcen, man muss so viele Gespräche führen und Leute motivieren. Und im Krankenhaus ist es bei Streiks noch speziell, weil man in jedem Team mit dem Arbeitgeber über den Notdienst verhandeln muss – in drei verschiedenen Schichten. Da brauchst du einfach viele Schultern, die Verantwortung tragen.

Was habt ihr gefragt? Wir wollten herausfinden, was die Erfahrungen und Bedürfnisse der Beschäftigten sind. Natürlich haben wir uns auch an Entlastungstarifverträgen aus anderen Krankenhäusern orientiert, beispielsweise was die Nurse-to-Patient-Ratio angeht, also wie viele Patient*innen eine einzelne Pflegekraft betreuen kann. Aber wir haben auch offene Fragen gestellt, sodass die Person sich darüber Gedanken machen konnte, was sie bräuchte, damit sie nicht nur irgendwie arbeitet und überlebt auf der Arbeit, sondern tatsächlich auch ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden und eine gute Patientenversorgung leisten kann. So konnte jede*r eigene Ideen in die Forderungen einbringen.

Wie kam das an? Ich würde sagen, es hat die Kultur ein Stück weit verändert. Davor war es eher eine Kultur des Klagens, sich den Bedingungen total ausgeliefert zu fühlen. Und plötzlich waren da Ideen, was man tun könnte, um die Lage zu verbessern.

Ließen sich viele aktivieren? Streikende haben wir genug aktivieren können, aber wir hätten uns gewünscht, mehr Menschen zu finden, die sich aktiv an der Arbeit der Bewegung beteiligen wollten. Aber das ist natürlich auch schwierig, wenn die Leute sowieso schon am Arbeitslimit sind.

Wie geht es euch jetzt? Ganz vorbei ist das Thema noch nicht. Wir haben– auf Wunsch der Arbeitgeber – ein Eckpunktepapier abgeschlossen und befinden uns immer noch in den Redaktionsverhandlungen. Ab 1. April soll der Tarifvertrag Entlastung endlich greifen.

Hast du Tipps für andere? Multiplikatoren sind wichtig. Es ist wichtig, die richtigen Personen zu aktivieren – eine Bezugsperson in den jeweiligen Teams, eine Person des Vertrauens, deren Wort einfach Gewicht hat, und die dann die Leute entsprechend mobilisieren kann.