Sie lassen nicht locker: Am 17. Januar sind Dutzende Beschäftigte des Weimarer Sophien- und Hufeland-Klinikums vor dem Landeskirchenamt in Erfurt auf die Straße gegangen. "Wir tragen den Protest zur Leitung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, weil diese stur am sogenannten Dritten Weg festhält, bei dem es weder Transparenz noch Beteiligung gibt", erklärt der Fachkrankenpfleger Mathias Korn. "Statt endlich mit uns Beschäftigten in den Dialog zu treten, versuchen die Arbeitgeber, unser Streikrecht mit juristischen Winkelzügen zu bestreiten. Ein Unding!" Zwei Mal haben Kirche, Diakonie und Klinikleitung Warnstreiks mit einstweiligen Verfügungen des Erfurter Arbeitsgerichts verhindert. Mitte Februar wird darüber im Hauptsacheverfahren verhandelt.

"Die Beschäftigten am Klinikum Weimar haben sich klar hinter die Forderung nach einem Tarifvertrag gestellt, fast die Hälfte hat sich dafür gewerkschaftlich organisiert", betont der ver.di-Landesfachbereichsleiter Bernd Becker. "Doch Kirche und Diakonie ignorieren konsequent, was ihre Beschäftigten wollen. Das führt zu Wut und Fassungslosigkeit."

Für Daniel Wenk, der bei ver.di für kirchliche Betriebe zuständig ist, hat die Auseinandersetzung in Thüringen auch bundesweite Bedeutung. "In der Gesellschaft kann kaum noch jemand nachvollziehen, dass den Kirchen ihre vordemokratischen Privilegien wichtiger sind als die Rechte ihrer eigenen Beschäftigten. Das muss sich überall ändern."

Im vergangenen Jahr hatten 54.000 Menschen die Bundesregierung in einer von ver.di-Aktiven initiierten Petition aufgefordert, die gesetzlichen Sonderregeln für Kirchen zu streichen. "Wir setzen uns dafür ein, dass gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte auch unter der nächsten Regierung auf der Agenda bleibt", erklärt der Gewerkschafter. Zugleich streiten die Kolleg*innen am Klinikum Weimar weiter für einen Tarifvertrag. Die nächsten Protestaktionen sind schon in Planung.

Statt in Tarifverhandlungen werden Löhne und Arbeitsbedingungen bei kirchlichen Trägern auf dem sogenannten Dritten Weg festgelegt. Was bedeutet das?

Auf dem "Dritten Weg" entscheiden Arbeitsrechtliche Kommissionen über die Belange der Beschäftigten – weitgehend ohne deren Beteiligung. Es ist viel von "Konsens" die Rede, doch am Ende bestimmen immer die Arbeitgeber. Eine Folge ist, dass Beschäftigte unterer Lohngruppen in kirchlichen Regelungen oft schlechter gestellt sind. Ohne breite Beteiligung haben Beschäftigte keine Möglichkeit, ihre Interessen durchzusetzen. Ohne Streikrecht bleibt, so die Worte des Bundesarbeitsgerichts, nur "kollektives Betteln".

Wie werden kirchlich Beschäftigte außerdem diskriminiert?

Beschäftigte können gekündigt werden, wenn sie aus der Kirche austreten oder den Kirchenoberen ihr Privatleben missfällt. Und sie haben geringere Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb. ver.di fordert von der nächsten Bundesregierung, diese gesetzlichen Sonderregelungen für Kirchen abzuschaffen.

Warum sollten auch andere das kirchliche Sonderrecht in Frage stellen?

Zum einen aus Solidarität. Die Forderung nach gleichen Rechten für alle gehört zur gewerkschaftlichen DNA. Zum anderen, weil der kirchliche Sonderweg alle schwächt. Viele konfessionelle Träger orientieren sich am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Doch nur wenige kirchlich Beschäftigte können mit Warnstreiks zu guten Tarifergebnissen beitragen. Gemeinsam sind alle stärker.

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