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Ein bisschen mehr Glamour bitte, liebe ArbeitgeberFoto: Bernd Thissen/dpa

Erzieherinnen, Pflegekräfte, Beschäftigte der Abfallwirtschaft, aus Jobcentern und der Stadtverwaltung streikten vor der dritten Verhandlungsrunde und kamen schließlich zu Tausenden nach Potsdam. Doch die Arbeitgeber hatten für sie keine Wertschätzung im Gepäck. In der dritten Runde der Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ließen die Arbeitgeber die Gespräche scheitern.

"Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt. Die Arbeitgeber haben unsere Einigungsvorschläge abgelehnt", kritisierte der ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke in Potsdam.

"Egal, ob bei einer ausreichenden linearen Erhöhung oder einem Mindestbetrag als soziale Komponente, Altersteilzeit oder einem zeitgemäßen Arbeitszeitkonto – die Arbeitgeber haben sich vielen für die Beschäftigten wichtigen Forderungen weitgehend verweigert", sagte Werneke. Die Kommunen haben auch die längst überfällige Ost-West-Angleichung beim Kündigungsschutz abgelehnt. Werneke: "Bis kurz vor dem Erklären des Scheiterns der Verhandlungen durch die Arbeitgeber hat es immer neue Lösungsvorschläge durch ver.di gegeben, von daher bedaure ich es sehr, dass sich Bund und Kommunen in die Schlichtung flüchten."

Die Gewerkschaft habe zunächst in zähen Runden mit den Arbeitgebern versucht, einer Einigung näher zu kommen. Dies sei aber offenbar nicht gewollt gewesen, sagte der ver.di-Vorsitzende. "Wir waren für eine Lösung bereit – unsere Verhandlungspartner ganz offenbar nicht."

"Es mangelt weiterhin an Wertschätzung für die Leistung der Kolleginnen und Kollegen." Gabriele Schmidt, Leiterin des ver.di-Landesbezirks Nordrhein-Westfalen

In den zurückliegenden Wochen hatten etliche zehntausend Beschäftigte die ,Arbeit zeitweilig niedergelegt; allein in der Woche vor der dritten Runde beteiligten sich mehr als 150.000 Streikende aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes im gesamten Bundesgebiet an Warnstreiks und zeigten, wie wichtig ihnen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen sind. "Nach dieser Verhandlungsrunde sind die Beschäftigten hochmotiviert, weiter für ihre Forderungen zu kämpfen", stellte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke klar.

Es sei an der Zeit für Anerkennung, betonte in Potsdam Sebastian, Beschäftigter bei der aha Abfallwirtschaft Hannover. "Zur Corona-Zeit wurden große Versprechen gemacht, dass der Öffentliche Dienst gestärkt wird – jetzt ist es Zeit, diese auch einzulösen." Ilja, Auszubildender bei der Deutsche Rentenversicherung Bund, sagte: "Die Forderungen sind absolut angemessen. Wir Azubis arbeiten genauso hart und haben es verdient, fair bezahlt zu werden." Die Teilnehmer*innen der Kundgebung machten ihren Kampfgeist deutlich. Lukas, Pflegekraft im Urban-Krankenhaus in Berlin: "Die Streikbereitschaft ist so hoch wie nie." Benjamin vom Jobcenter Neukölln: "Das Maß ist voll." Sie alle wollen etwas verbessern, für sich und andere. Anne, Kita-Beschäftigte: "Wir sind hier, weil wir wollen, dass sich die Rahmenbedingungen verbessern. Deshalb kämpfen wir.

Zu knappes Angebot

Gabriele Schmidt, Leiterin des ver.di-Landesbezirks NRW, sagte nach dem Scheitern der Verhandlungen, die Arbeitgeber hätten sich vielen der ver.di-Forderungen verweigert, anstatt den Öffentlichen Dienst gemeinsam attraktiver zu gestalten und die riesigen personellen Lücken zu schließen. "Es mangelt weiterhin an Wertschätzung für die Leistung der Kolleginnen und Kollegen."

Martin Gross, ver.di-Landesbezirksleiter Baden-Württemberg, kritisierte das "bewusst zu knapp gehaltene Angebot" der Arbeitgeber. "Das ist kein gutes Signal an die Beschäftigten und auch nicht an die deutsche Wirtschaft, die für den erhofften Umschwung auf einen funktionierenden öffentlichen Dienst angewiesen ist."

Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle bedauerte, man habe gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Tarifkommission und vielen anderen viel Energie in die Tarifverhandlungen gesteckt, um ein gutes Tarifergebnis zu erzielen. Leider habe es nicht funktioniert. "Die Arbeitgeber haben sich bis zum Schluss gesperrt, ihre klare Aussage war, insbesondere bei der Vergütung, nicht mehr als der Inflationsausgleich, lieber sogar ein bisschen weniger. Das hat uns nicht gereicht."

Jetzt geht es in die Schlichtung. Behle dazu kurz und bündig: "'Ne Schlichtung ist im Prinzip, wenn in einer Tarifrunde ein Dritter dazukommt und die Parteien ein stückweit zusammenbringt."

Solange die Schlichtung andauert, herrscht Friedenspflicht, das heißt, es wird nicht gestreikt. Anfang April, nach Druck der ver.di publik, wird der Schlichterspruch erwartet. Wie es dann weitergeht, ob es ein Ergebnis gibt oder ob weiter gestreikt wird, darüber informiert ver.di online. Die ver.di-Mitglieder werden in jedem Fall zu einem Tarifergebnis befragt, egal, ob es über die Schlichtung, durch Verhandlung oder nach einem Erzwingungsstreik zustandekommt. Infos unter: zusammen-geht-mehr.verdi.de