Ausgabe 02/2025
Da muss mehr kommen

ver.di hat es seit vielen Jahren gefordert – ein finanzielles Sofortprogramm vor allem in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Bildung, ÖPNV und Energie. Mit dem noch durch den alten Bundestag verabschiedeten Sondervermögen von 500 Milliarden ist auf einmal sehr viel Geld da. Alle notwendigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur könnten damit real werden. Wohlgemerkt könnten. Noch ist die neue Regierung aus Union und SPD nicht im Amt. Noch ist kein Cent investiert.
Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke drängt daher: "Wenn wir jetzt nicht investieren, verlieren wir an Zukunftsfähigkeit, Lebensqualität und Wirtschaftskraft." Aus seiner und aus ver.di-Sicht müssen dabei vor allem die Kommunen Priorität haben. Mindestens 200 Milliarden Euro der geplanten 500 Milliarden Euro müssten den Städten und Gemeinden zukommen. "Kitas, Schulen, öffentliche Gebäude, Verkehrswege, der Ausbau des ÖPNV – da sind die Investitionsbedarfe mit den Händen zu greifen. Die Länder müssen den Investitionsstau im Bereich Krankenhäuser und Hochschulen angehen", sagt Werneke.
Wachstumsmotor Kommunen
In den Kommunen haben sich ausbleibende Investitionen von über 180 Milliarden Euro aufgetürmt. "Man kann deshalb gar nicht genug betonen, wie wichtig zusätzliche Mittel sind", betont der ver.di-Vorsitzende. Allein 60 Prozent der Investitionen in Deutschland würden durch Länder und Kommunen getragen, ein ausreichend großer Teil des Sondervermögens müsse daher notwendigerweise an die Kommunen gehen. "Die Kommunen haben für Deutschlands Zukunftsfähigkeit eine Schlüsselfunktion. Ganztagsbetreuung, bezahlbarer Wohnraum, ein leistungsfähiges öffentliches Nahverkehrsangebot, die Integration von Menschen, die zu uns kommen – alle diese Aufgaben werden von den Kommunen erbracht", so Werneke. Sie seien die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und sozialen Zusammenhalt.
Allerdings geht es ver.di nicht nur um das Auflösen des vorhandenen Investitionsstaus. Die Kommunen sind generell unterfinanziert, aus ver.di-Sicht erhalten sie Jahr für Jahr zu wenig Geld. "Das lässt sich mit einem einmaligen Schluck aus der Pulle allein nicht lösen", sagt Werneke. Städte und Gemeinden bräuchten dauerhaft mehr Geld durch einen höheren Anteil an den Gemeinschaftssteuern. Der ver.di-Vorsitzende denkt dabei vor allem an einen zusätzlichen Prozentpunkt aus der Umsatzsteuer. Zudem müsse endlich eine Altschuldenregelung für besonders belastete Kommunen her.
Noch in den Sondierungen haben sich CDU, CSU und SPD Anfang März 2025 auf das Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro verständigt. Investiert werden soll demnach in die Infrastruktur, unter anderem in Verkehrswege, die Energiewende, Schulen und Krankenhäuser. Aus ver.di-Sicht stellt das einen Durchbruch dar. Doch in den Koalitionsverhandlungen müsse es jetzt auch weitere konkrete Festlegungen für eine sozial gerechtere Politik geben, betont der ver.di-Vorsitzende. Licht und Schatten lägen noch nah beieinander.
Positiv bewertet Werneke die Vereinbarungen zur Festschreibung des Rentenniveaus, für ein Bundestariftreuegesetz und das Aufzeigen einer Perspektive für einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro.
Nicht verhandelbar
Vollkommen vage blieben hingegen die Aussagen zum ÖPNV und zur Zukunft des Deutschlandtickets. Letzteres soll zwar weiter bestehen bleiben, aber teurer werden. Es bräuchte in einem Koalitionsvertrag dennoch für beides verlässliche Finanzierungszusagen. Gleiches gelte für den Bereich Gesundheit und Pflege. "Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind massiv durch versicherungsfremde Leistungen belastet, die eigentlich staatlich zu finanzieren sind", so der ver.di-Vorsitzende.
ver.di warnt zudem vor einer Verschlechterung des Arbeitszeitgesetzes. Davon wären insbesondere Beschäftigte in Dienstleistungsbranchen bedroht, "wo bereits jetzt oftmals prekäre Beschäftigungsbedingungen herrschen und Mitbestimmung ein Fremdwort ist", so der ver.di-Vorsitzende. Die steuerliche Privilegierung von Überstundenzuschlägen, begrenzt auf Vollzeitbeschäftigte, diskriminiere vor allem die vielen Beschäftigten, die gezwungenermaßen in Teilzeit arbeiten müssten, und somit vor allem sehr viele Frauen. Ein No-Go aus ver.di-Sicht, zumal erst Ende vergangenen Jahres das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, dass Teilzeitkräften Überstundenzuschläge zustehen, sobald sie ihre individuell vereinbarte Arbeitszeit überschreiten.
Klare Erwartungen an die CDU, CSU und SPD hat ver.di auch mit Blick auf die Ausgestaltung einer modernen Einwanderungsgesellschaft. Die zuletzt erst erleichterten Einbürgerungen sind für ver.di der Schlüssel für gleiche gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten und ebensowenig verhandelbar.
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