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Wenn sich Eltern und Kinder mit den Erzieher*innen solidarisierenFoto: ver.di

#WirFahrenZusammen gründete sich 2020 als ein Bündnis von Klimaaktivist*innen, ver.di und den Beschäftigten im Leipziger Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Beteiligten wollten den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen im ÖPNV und um Investitionen zur Mobilitätswende verbinden. Was damals noch in den Kinderschuhen steckte, ist heute eine Bewegung, die viele Initiativen verbindet.

Caroline Schweiker ist eine von vielen, die sich in der Bewegung engagieren. Sie hat in der Kampagne viel gelernt: "Ich durfte das erste Mal selbst eine Straßenbahn fahren, habe gelernt, wie stressig die Wendezeiten sein können, und in zahlreichen Gesprächen am Streikposten gemerkt, wie eng unsere Interessen beieinander liegen", so die Studentin. Das zeige sich auch in der aktuellen Tarifrunde im öffentlichen Dienst, in der Beschäftigte unter anderem aus Kitas, Stadtverwaltung und Stadtreinigung höhere Löhne und mehr Urlaub fordern.

"Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst halten unsere Stadt am Laufen. Wenn an ihnen gespart wird, zahlen wir alle den Preis. Ob Erzieherin oder Elternteil, ob Busfahrerin oder Fahrgast, wir müssen gemeinsam für eine ausreichende Finanzierung kämpfen. Wenn 570.000 Stellen fehlen, macht sich das bemerkbar. Öffnungszeiten werden eingeschränkt, Taktungen im ÖPNV werden verlängert und Sozialleistungen zu spät ausgezahlt", sagt sie.

Aus diesem Grund hat sich aus der #WirFahrenZusammen-Kampagne heraus das Bündnis #LeipzigStehtZusammen gegründet, dass die Streiks im öffentlichen Dienst unterstützt.

Kein Geld da? Dreiste Lüge!

Niklas Löwer, Physikstudent an der Leipziger Uni, hat sich Anfang 2024 der Bewegung angeschlossen. "Meine ersten Kontakte mit den Fahrgästen in Bussen und Bahnen waren schon eine Herausforderung. Nach anfänglicher Zurückhaltung kamen aber in der Regel gute Gespräche zustande. Denn eigentlich wissen wir alle: ein guter Nahverkehr und der öffentliche Dienst funktionieren nur mit guten Arbeitsbedingungen. Dass dafür kein Geld da sei, entpuppt sich spätestens dann als dreiste Lüge, wenn plötzlich hunderte Milliarden Euro für die Aufrüstung aus der Tasche gezaubert werden können. Stattdessen sollte doch genau jetzt massiv in die öffentliche Daseinsvorsorge investiert werden", so Löwer.

"Um mit langem Atem für die Verbesserung der Zustände in den Kitas zu kämpfen, braucht es die Solidarität möglichst vieler Eltern. Um diese zu erreichen, ist es notwendig, sensibel für die Mehrbelastung zu sein, die Streiks bei Eltern mit sich bringen," wurde Line Reher, Gründerin des Bündnisses "Eltern gegen Rechts Leipzig", schnell klar. Ein Teil der Bündnisarbeit ist deshalb auch die Vernetzung von Eltern, die maßgeblich von diesem demokratischen Bündnis mit organisiert wurde. Die Idee: Eltern zusammenbringen, die sich während der Streiks gegenseitig bei der Kinderbetreuung unterstützen. "So können sich Eltern solidarisch hinter die Streikenden stellen und gemeinsam mit ihnen einen besseren Betreuungsschlüssel und Investitionen in die KiTas fordern. Und dass ohne, dass sie selbst zu sehr unter den zusätzlichen Kita-Ausfällen leiden", erklärte Reher.

Sie selbst ist Mutter eines zweijährigen Kindes und freie Fotografin. Nach den Landtagswahlen im September 2024 gründete sie "Eltern gegen Rechts", um aktiv zu werden und sich der aktuellen politischen Situation nicht weiter hilflos ausgeliefert zu fühlen. Zusammen mit anderen Eltern organisiert die 34-Jährige familienfreundliche politische Veranstaltungen wie Lichterumzüge, Elterncafés oder das Frühlingsfest am 31. Mai dieses Jahres. Durch den Fokus des Bündnisses auf Eltern und Kinder lag eine Kooperation mit #Leipzigstehtzusammen nahe und erwies sich für beide Seiten als vorteilhaft. Zuletzt starteten sie gemeinsam eine Postkarten-Aktion, bei der über 400 Solidaritätspostkarten gesammelt wurden. Die Postkarten wurden beim letzten Streiktag an die zuständigen Abgeordneten übergeben.

Der Kampf um die Daseinsvorsorge

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Foto: ver.di

"Die aktuellen Zustände in den KiTas können wir nicht akzeptieren. Die Erzieher*innen geben oft ihr Bestes, aber kommen an ihre Grenzen, wenn sie aufgrund von Personalmangel plötzlich doppelt so viele Kinder betreuen müssen. Wir haben auch schon von Eltern gehört, die gebeten wurden, die Kinder wieder mit nach Hause zu nehmen oder sogar selbst bei der Betreuung in der KiTa auszuhelfen, weil das Personal gefehlt hat. Wir möchten, dass unsere Kinder gut betreut und gefördert werden können, das kann später nicht aufgeholt werden", beklagt Line.

Der Kampf um die öffentliche Daseinsvorsorge sei auch ein Kampf gegen rechts, betont sie. Denn wenn Daseinsvorsorge kaputtgespart wird, Kultur- und Sozialprojekte gestrichen werden und durch Inflation und Krieg die Löhne immer weniger zum Leben reichen, sei das ein fataler Nährboden für den gesellschaftlichen Rechtsruck. Das Wahlergebnis verdeutlicht diese These. "Genau deshalb müssen jetzt alle demokratisch agierenden Personen und Initiativen Hand in Hand zusammenarbeiten und sich für eine solidarische und selbstbestimmte Gesellschaft und faire Arbeitsbedingungen einsetzen", fasst Line zusammen. Aus diesem Grund stellen sich auch viele ver.di-Mitglieder dem Rechtsruck entgegen.

Gleichzeitig gibt Line zu bedenken, dass es nicht immer einfach sei, Familie, Beruf und politisches Engagement zu vereinen. Genau aus diesem Grund hat Line ein eigenes Bündnis gegründet, statt sich einem bestehenden anzuschließen. Denn klar sei, dass Eltern neben der Zuwendung fürs Kind und dem Job nur wenig Zeit bleibe. Hinzu komme, dass Termine von anderen Bündnissen oft mit dem Familienleben schwer vereinbar seien. "Wir sind mehr als dankbar dafür, dass nicht nur die Eltern im Projekt mitziehen, sondern auch andere Initiativen an unserer Seite stehen", sagt sie.

Gemeint sind die "Omas gegen Rechts", auch diese haben die Kinderbetreuung in den Elterncafés mit unterstützt. "Wir müssen jetzt zusammenhalten. Nur wenn wir viele sind und Seite an Seite stehen, können wir unsere Ziele erreichen", betont Line nochmals. Und deshalb haben Caro, Line und Niklas nicht vor, ihre Unterstützung für die Kolleg*innen nur an die aktuelle Tarifrunde zu knüpfen. Sie wissen, dass es mehr denn je eine starke gewerkschaftliche Basis braucht, die sich gemeinsam gegen die Spaltungsversuche rechter Politik wehrt und für eine gerechte Verteilung von Vermögen kämpft.

linktr.ee/wirfahrenzusammenlpz