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Besonders auffällig bei der letzten Bundestagswahl war das Verhalten der Jungwähler (18- bis 24-Jährige): Für Die Linke haben 37 Prozent der jungen Frauen und 16 Prozent der jungen Männer gewählt, für die AfD umgekehrt 27 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen. Nur in ihrer geringen Neigung zu Regierungsparteien sind sich beide Geschlechtergruppen ähnlich. Diese Polarisierung ist neu. Bisher waren die politischen Unterschiede eher generationell markiert. Heute bleiben Männer und Frauen der Baby-Boomer-Generation politisch homogen. Innerhalb der Generation Z hingegen wächst eine rätselhafte Gender-Kluft. Zur Klärung des Phänomens reicht der Blick auf Deutschland nicht. Auch in den USA haben Jungwähler vorwiegend für Trump gestimmt, Jungwählerinnen für Kamala Harris. Bereits vor einem Jahr erschien in der britischen Zeitschrift The Economist eine weltweit angelegte Studie, die belegte, dass überall, selbst in China, junge Männer konservativer werden, während immer mehr junge Frauen nach Eigendarstellung linke Meinungen vertreten. Am dramatischsten ist das Gefälle in Südkorea, wo man sich fragt, wie Jungs und Mädels überhaupt noch miteinander reden können. Aber auch in Polen oder Frankreich sind die aufsteigenden rechtsnationalen Kräfte vor allem jung und männlich. So eindeutig die Feststellung, so schwierig die Erklärung. Oft wird #MeToo in Erwägung gezogen, aber sollten es dann nicht eher die älteren Typen sein, die um ihre Position zittern? Erwähnt wird auch, dass immer mehr junge Menschen Singles sind, denen die tägliche Auseinandersetzung mit dem Partner fehlt und die für die Belange der anderen taub sind. Mit der Infragestellung traditioneller Rollen sind männliche Jugendliche offenbar verunsichert. Für sie bieten sich Online-Netzwerke an, die neben Karriere-Tipps und Krypto-Währung Maskulinität und Frauenhass propagieren. Für junge Frauen hingegen scheint Linkssein nicht so sehr mit einem politischen Programm zusammenzuhängen, als vielmehr mit einem Verlangen nach Empathie und Gerechtigkeit. Welche Erklärungen auch immer die richtigen sind, es ist zu hoffen, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein wird. Denn wenn ein faschistisches Regime unter Ausschluss der Frauen durchaus möglich wäre, ohne Teilnahme der Männer ist eine linke Öffentlichkeit undenkbar.

Guillaume Paoli