Ausgabe 04/2025
Migration und Arbeitswelt: 3 Geschichten über Mut, Mitbestimmung und Engagement
Das nächste Ziel gesteckt
Abduhlrahman Alhalabi, 27, Teamleiter bei der DHL und ver.di-Vertrauensmann
Abduhlrahman Alhalabi steht auf dem obersten Treppenabsatz des Verwaltungsgebäudes. Über ihm ragt das gelbe Unternehmenslogo mit schwarzem Posthorn in den Himmel. Unten im Hof docken LKWs rückwärts an die Tore, leuchtendgelbe Container werden abgesetzt. Ein Arbeiter in Warnweste fährt ein Förderband heran und legt die Sendungen auf. Im Paketzentrum im schleswig-holsteinischen Neumünster sortieren in Spitzenzeiten wie etwa vor Weihnachten knapp 600 Beschäftigte bis zu 600.000 Pakete pro Tag, das sind 25.000 pro Stunde. Besonders in der Nachtschicht ist dies ein Knochenjob: Im Akkord wuchten die Beschäftigten bis zu 30 Kilogramm schwere Pakete – für knapp überm Mindestlohn, in der untersten Entgeltgruppe. Viele, die hier schuften, haben eine Migrationsgeschichte. Für sie ist es oft der erste Job in Deutschland. So war es auch bei Abduhlrahman Alhalabi – vor fünf Jahren. Heute ist er Teamleiter und ver.di-Vertrauensmann. Hinter ihm liegt ein langer, steiniger Weg, der noch nicht zu Ende ist.
Im Sommer vor zehn Jahren steigt Abduhlrahman mit 17 Jahren nachts in Hamburg aus dem Zug. Allein. Er war dem brutalen Bürgerkrieg in seiner syrischen Heimat entkommen, hat die oftmals tödlich endende Bootsfahrt über das Mittelmeer überlebt. Über 1.200 Kilometer, 12 Tage, lief er zu Fuß weiter bis zur österreichischen Grenze, wo er ein Zugticket nach Hamburg löste. Seine Familie blieb in der syrischen Hauptstadt Damaskus zurück. "Wir hatten beschlossen, dass ich in Deutschland am sichersten bin, dass ich hier studieren und arbeiten kann, bis der Krieg vorbei ist", erinnert sich der junge Mann. In Syrien hatte er gerade sein Abitur in der Tasche und wollte BWL, Betriebswirtschaftslehre studieren. Sein Vater, Geschäftsführer einer syrischen Supermarktkette, nahm ihn von klein auf mit in den Betrieb. "Mich hat vor allem die Logistik interessiert, wie die Waren von A nach B kommen." Für alle war klar: Nach dem Studium würde er in das Geschäft des Vaters einsteigen. Doch der Krieg durchkreuzte seine Pläne.
Lernen in Rekordzeit
Zunächst lebte Abduhlrahman in einer großen Unterkunft für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in der Nähe von Neumünster. Die Zimmernachbarn wechselten ständig, es gab keine Schule und nichts zu tun – außer Warten. Weil er gut Englisch sprach, half er den Betreuern beim Übersetzen und übernahm kleine Arbeiten. Nach einem Jahr kam die ersehnte Nachricht: Sein Asylantrag war angenommen. Endlich durfte er einen Deutschkurs besuchen – und lernte in Rekordzeit.
Den Einstieg ins Berufsleben fand Abduhlrahman Alhalabi über eine Zeitarbeitsfirma im DHL-Paketzentrum, dann folgten Stationen als Küchenhelfer im Hotel und erneut im DHL-Paketzentrum in der Nachtschicht. Übergangsweise, so dachte er. Das war vor fünf Jahren.
Damals kam ver.di-Betriebsrat Dirk Czernewitz regelmäßig in den Pausenraum der Nachtschicht, sprach über Mitbestimmung und Arbeitsrechte. Abduhlrahman Alhalabi erzählte ihm von seinem befristeten Vertrag, der nach Vertragsende nicht entfristet wurde. "Sie haben mir gesagt, dass ich zu oft krank war." – Was nicht stimmte. Der junge Mann, der inzwischen fließend Deutsch sprach und Kollegen auf Arabisch, Englisch, Spanisch und Russisch half und für sie übersetzte, war unbequem. "Ich nehme kein Blatt vor den Mund und kämpfe für unsere Rechte." Betriebsrat Dirk Czernewitz trug die Beschwerde zum Arbeitgeber – und der Abteilungsleiter lenkte ein. Der Vertrag wurde entfristet.
Abduhlrahman Alhalabi wurde ver.di-Mitglied, bald darauf Vertrauensmann. Kollegen aus der gesamten Nachtschicht sprachen ihn bei Fragen zu Urlaub oder Abrechnung an. Er stellte den Kontakt zu Betriebsrat und Gewerkschaft her und warb neue Mitglieder. Um sich weiterzubilden, belegt er aktuell ein einjähriges Empowerment-Programm der Gewerkschaft. "Ich möchte mehr über die Regeln und Gesetze erfahren, um den Kollegen besser helfen zu können."
"Es ist schade, dass Ausländern in Deutschland häufig so wenig zugetraut wird."
Abduhlrahman Alhalabi
Als Abduhlrahman sich als Teamleiter bewarb, hieß es wieder, er sei noch nicht so weit – und zu oft krank. Doch er hatte längst über einen befreundeten Teamleiter dessen Aufgaben genau studiert. "Ich brauchte nur eine Chance, um zu zeigen, was ich kann." Er bot an, zwei Monate auf Probe zu arbeiten. Vergeblich. Die Gelegenheit kam, als in einer Nacht gleich mehrere Teamleiter fehlten. Abduhlrahman Alhalabi sprang ein, übernahm die Aufsicht über einen eigenen Bereich, koordinierte zehn Beschäftigte. Ohne Einweisung. Alles lief glatt. Wenig später wurde er offiziell befördert.
"Es ist schade, dass Ausländern in Deutschland häufig so wenig zugetraut wird", sagt der Vater von zwei Kindern. "Ich habe von meinem Vater alles über Logistik gelernt." – Doch das werde nicht gesehen, nicht wertgeschätzt. Inzwischen hat Abduhlrahman Alhalabi die Arbeitsabläufe im Lager umgestellt und ein neues System entwickelt. "Das alte war auf 120.000 Pakete ausgelegt, heute müssen wir aber das doppelte bearbeiten", sagt er. Die Kollegen würden mit den neuen Abläufen entlastet.
Aufgeben, das kommt für Abduhlrahman Alhalabi nicht in Frage. Von seinem Vater hat er gelernt, sich Fünf-Jahres-Ziele zu setzen. Sein nächstes: Geschäftsführer einer eigenen Logistik-Firma werden – oder DHL Syrien leiten.

Offene Arme und ein leeres Versprechen
Perican Dogan, 59, Pflegefachkraft in der Altenpflege und Betriebsrätin bei Vitanas
Empfangen wurde Perican Dogan im Berliner Vitanas Pflegeheim Rosengarten mit offenen Armen – und einem leeren Versprechen. Bereits 1989, als die junge alevitische Kurdin ihre ersten Bewerbungen an Pflegeheime und Krankenhäuser schickte, wurden Pflegekräfte händeringend gesucht. Doch weil ihr türkischer Abschluss als Krankenschwester in Deutschland nicht anerkannt war, durfte sie zunächst nur als Pflegehelferin arbeiten. "Im Vorstellungsgespräch versprach man mir, dass ich nach meiner Anerkennung das Fachkraft-Gehalt rückwirkend erhalten würde", erinnert sich Perican Dogan an ihren beruflichen Neuanfang. Nach einem Jahr unzähliger Briefwechsel, Telefonate und Beglaubigungen hatte sie ihre Anerkennung als Krankenschwester in der Tasche, ihr Arbeitgeber gruppierte sie als Fachkraft ein – doch die rückwirkende Bezahlung blieb aus.
Trotzdem fühlte sie sich vom ersten Tag an in dem Team mit türkischen, ex-jugoslawischen und polnischen Kolleginnen und Kollegen akzeptiert und wertgeschätzt. "Als ich dann als Pflegefachkraft arbeiten konnte, hatte ich das Gefühl: Jetzt bin ich angekommen." Fünf Jahre hatte Perican Dogan auf diesen Moment gewartet.
Geboren und aufgewachsen ist die heute 59-Jährige in einer Kleinstadt im Osten der Türkei. Als sie ein Jahr alt war, zerstörte ein Erdbeben den Ort – ihr Vater kam dabei ums Leben. Ihre Mutter, eine selbstbewusste Frau, zog die fünf Töchter allein groß. Für Perican war früh klar: Sie wird einen Beruf erlernen, um finanziell immer unabhängig zu bleiben. Nach der vierjährigen Ausbildung arbeitete sie noch eine Zeitlang als Krankenschwester in ihrer Heimatstadt, bis sie – mittlerweile verheiratet und Mutter ihres ersten Kindes – zu ihrem Ehemann nach Berlin ziehen durfte.
Es war nicht unbedingt ihr Traum, in Deutschland zu leben, erzählt Perican Dogan. "Aber als es feststand, war ich froh." In Berlin warteten Familie, Freunde – und zwei Kolleginnen aus der Krankenpflegeausbildung. Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie sofort mit der Arbeit losgelegt. Doch damals galt für viele Zugewanderte ein pauschales fünfjähriges Arbeitsverbot. Perican Dogan belegte Sprachkurse, die sie selbst finanzierte. Dann hieß es: Warten auf die Arbeitserlaubnis.
Ihre erste Stelle im Seniorenheim sollte nur eine Zwischenstation sein. "Mein Plan war, Deutsch zu lernen und nach der Anerkennung in ein Krankenhaus zu wechseln." Doch die Arbeit mit den alten Menschen wuchs ihr ans Herz und sie blieb. Bis heute, seit 36 Jahren.
Akkordarbeit mit Menschen
"Damals war es eine andere Pflege", sagt Perican Dogan nachdenklich. Meist waren sie zu Acht im Frühdienst und hatten viel Zeit für jeden einzelnen. "Wir konnten alles das tun, was die alten Menschen sich wünschten. So waren sie glücklich – und wir auch." Nachmittags unternahmen sie Ausflüge, gingen ins Kino oder Fußballstadion. Heute seien sie an guten Tagen zu dritt, meist aber nur zu zweit. Für 40 Bewohnerinnen und Bewohner Körperpflege, Medikamente, Essen anreichen: "Das ist Akkordarbeit – aber wir arbeiten hier mit Menschen, das ist doch keine Fabrik!"
Sieben Tage am Stück, kurzfristig wechselnde Schichten: Perican Dogan liebt ihren Beruf, doch mit den schlechter werdenden Bedingungen wollte sie sich nicht abfinden. Deshalb trat sie vor knapp zwanzig Jahren bei ver.di ein und kandidierte für den Betriebsrat. "Mir wurde klar, dass ich oder wir allein unsere Rechte nicht durchsetzen können. Dafür brauchen wir den Betriebsrat und die Gewerkschaft." Die Mutter von mittlerweile drei Töchtern wurde Mitglied im Gesamtbetriebsrat der Vitanas-Kette, die 2017 von dem US-Finanzinvestor Oaktree gekauft wurde, und ist seit drei Jahren Vorsitzende des Betriebsrats im Seniorencentrum Rosengarten.
"Als ich dann als Pflegefachkraft arbeiten konnte, hatte ich das Gefühl: Jetzt bin ich angekommen."
Perican Dogan
Zur Zeit der Pflegereformen organisierten sie Diskussionen mit Politikerinnen und Politikern, waren regelmäßig mit ver.di bei Behörden vor Ort. Doch viel hat sich aus ihrer Sicht nicht geändert. "Die Politik nimmt die Pflege nicht ernst, will die Probleme nicht angehen", sagt sie enttäuscht. "Stattdessen sollen mehr ausländische Pflegekräfte nach Deutschland geholt werden – ohne ihre Familien und ohne sich um sie zu kümmern." Es fehle an Wohnungen und dem Schutz vor Ausbeutung. Aber das werde sie mit der Gewerkschaft nicht hinnehmen.
Beruf und Betriebsratsarbeit lassen Perican Dogan kaum Zeit für sich. Nach der Arbeit warten zu Hause der Haushalt und die Pflege ihres Ehemanns. Eine willkommene Ablenkung sind die vielen Feste – Hochzeiten, Geburtstage von Nichten und Neffen. "Ich bin glücklich, wenn ich meine drei Enkel sehen und mit ihnen spielen kann", sagt sie. Denn Familie gibt ihr den Rückhalt – in ihrem Engagement für eine Pflege, die diesen Namen verdient.
MIGRANT*INNEN IN VER.DI: ver.di braucht dich!
Du selbst bist oder deine Familie ist nach Deutschland migriert? Dann werde bei ver.di aktiv. Die Personengruppe Migrant*innen setzt sich in den Migrationsausschüssen auf allen Ebenen für die spezifischen Interessen von ver.di-Mitgliedern mit Migrationshintergrund ein. Im Mitgliederbereich meine.verdi.de kannst du freiwillig eingeben, ob du einen Migrationshintergrund hast.
Um zusätzliche Informationen zu erhalten und aktiv mitzuarbeiten musst du dich dort einfach nur registrieren/einloggen, dann „Meine Daten“, als nächstes „Personengruppen“, „Personengruppen ändern“ und schließlich „Migrant*innen“ anklicken.
Mehr Infos unter migration.verdi.de

Seelsorger, Psychologe und Zuhörer
Nelson Studzinski, 62, Pflegefachkraft in der Altenpflege in Hamburg und Betriebsrat
"Pflege ist viel mehr als Waschen und Essen anreichen. Wir sind auch Seelsorger, Psychologen oder einfach Zuhörer", sagt Nelson Studzinski, Betriebsrat und Altenpfleger. Der 62-jährige Wahlhamburger setzt sich leidenschaftlich für bessere Bedingungen in der Pflege ein – für die Bewohnerinnen und Bewohner ebenso wie für seine Kolleginnen und Kollegen. "Menschen brauchen Menschen. Wenn Kommunikation nicht mehr möglich ist, zählt vor allem eines: da zu sein und die Hand zu halten." Technik und IT könnten diese Nähe nicht ersetzen.
"Zu einer Tasse Kaffee bist du herzlich eingeladen", steht auf dem Schild an der Tür zum Betriebsratsbüro. Jeden Montag hat Nelson Studzinski hier offene Ohren für die Sorgen und Nöte seiner Kolleginnen und Kollegen. Seit 1989 arbeitet er in dem Hamburger Pflegeheim "Haus Am Frankenberg", zunächst als Aushilfe an den Wochenenden, dann 14 Jahre lang in der Nachtschicht. Wie belastend die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind, hat er dabei selbst erlebt – und wechselte in die Tagschicht.
Weil Nelson Studzinski selten mit seiner Meinung hinterm Berg hält, wurde er 2006 angesprochen, ob er für den Betriebsrat kandidieren wolle. Er sagte zu – und wurde vier Jahre später Vorsitzender des Gremiums. Mit seinen Betriebsratskolleginnen und -kollegen kämpfte Nelson Studzinski für einen Tarifvertrag. "Wegen des ständigen Personalwechsels hat es über zehn Jahre gedauert, bis wir genügend Kolleginnen und Kollegen organisiert haben", erinnert er sich. Ein Jahr lang wurde mit dem Arbeitgeber, der Wohnungsbaugenossenschaft Süderelbe, verhandelt – 2018 lag das Ergebnis auf dem Tisch, mit dem er sehr zufrieden ist.
Nelson Studzinski engagiert sich auch in der Fachkommission Altenpflege bei ver.di in Hamburg und in der Bundesfachkommission in Berlin – etwa für einen einheitlichen Personalschlüssel. Sein Antrieb: ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, Gelassenheit und unerschütterlicher Optimismus. "Aufgeben ist keine Option" – so lautet seine tiefste Überzeugung.
"Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich den Satz gehört habe: Lern erst mal richtig Deutsch, wenn du mit mir sprechen willst."
Nelson Studzinski
Dabei hat Nelson Studzinski viele Rückschläge erlebt. Geboren im Süden Brasiliens, wohin seine deutschen und polnischen Vorfahren einst auswanderten, zog es ihn "aus Abenteuerlust" nach dem Abitur nach Polen – und später nach Deutschland. Eigentlich wollte er nur die Sprache lernen, dann traf er seine heutige Frau, verliebte sich – und blieb. Das gesellschaftliche Klima im wiedervereinigten Deutschland empfand er als sehr rau: Alltagsrassismus, Misstrauen bei Behörden und am Arbeitsplatz begleiteten ihn im Alltag. Als er beim Arbeitsamt eine Arbeitserlaubnis beantragte, wurde ihm unterstellt, nur wegen des Aufenthalts geheiratet zu haben. Auch erinnert er sich an mehrere Situationen, in denen zuerst mit dem Finger auf ihn gezeigt wurde, wenn etwas vorgefallen oder verschwunden war. "Damals traf es immer zuerst die Menschen, die 'komisch' Deutsch sprechen", sagt er. "Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich den Satz gehört habe: Lern erst mal richtig Deutsch, wenn du mit mir sprechen willst."
Auch politisch fühlte er sich ausgeschlossen. Als engagiertere Betriebsrat durfte er weder bei Kommunal- noch bei Bundestagswahlen abstimmen. Die Einbürgerung war damals keine Option: zu teuer – und sie hätte den Verlust seines brasilianischen Passes bedeutet, der für ihn die Verbindung zur Familie war.
Gänsehaut bei der Einbürgerung
Erst 2013 änderte sich die Lage: Das Staatsbürgerschaftsrecht war überarbeitet. Nun durfte Nelson Studzinski beide Staatsangehörigkeiten behalten – und die Gebühren waren erschwinglich. Das Gespräch auf dem Amt war freundlich, er bestand den Einbürgerungstest. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm der Augenblick, als er auf das Grundgesetz schwor. "Ich bekam eine Gänsehaut – und hatte zum ersten Mal das Gefühl, angekommen zu sein."
Migration ist für Nelson Studzinski etwas vollkommen Normales. "Menschen wandern schon immer von A nach B." Entscheidend sei nicht, woher ein Mensch kommt, sondern "wohin wir zusammen gehen." Eine Sache ist ihm dabei besonders wichtig: die Sprache. "Ich möchte die Sprache lernen, um Menschen zu verstehen." Sprache – und Zeit – seien in der Pflege der Schlüssel zum Menschen.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner öffnen sich erst an ihrem Lebensabend – in Gesprächen mit den Pflegenden. "Dann erzählen sie oft Dinge, die sie noch nie mit der Familie geteilt haben", sagt Nelson Studzinski – von Kriegserlebnissen, Flucht oder sogar Vergewaltigung. Für ihn sei das sehr bewegend und eine große Bereicherung. "Ich bringe meine eigene Geschichte aus Brasilien mit – meine Herkunft, meine Erfahrungen, auch die meiner Familie." Über die Gespräche mit den alten Menschen habe er viel über Deutschland gelernt: über Lebensgeschichten, regionale Besonderheiten und die deutsche Geschichte im letzten Jahrhundert. So betrachtet, sagt Nelson Studzinski, sei Pflege "eine wunderbare Arbeit mit Menschen".
Die wichtigsten FAQ
Welche Rolle spielt Migration in der Arbeitswelt?
Migration prägt die Arbeitswelt seit Jahrzehnten – oft leisten Migrant*innen zentrale Arbeit, werden jedoch unter Wert behandelt oder erfahren Diskriminierung.
Was fordern die Porträtierten?
Mehr Anerkennung, faire Löhne, Mitbestimmung, Schutz vor Ausbeutung und eine solidarische Gesellschaft, die Herkunft nicht zum Hindernis macht.
Wie unterstützt ver.di Menschen mit Migrationsgeschichte?
ver.di stärkt migrantische Mitglieder durch spezielle Personengruppen, Empowerment-Programme, Migrationsausschüsse und Betriebsratsarbeit – für Gleichstellung und Teilhabe.
Warum ist Sprache ein Schlüsselthema?
Sprache ermöglicht Teilhabe, gegenseitiges Verständnis und politische Mitsprache – besonders in Pflegeberufen ist sie der Schlüssel zur Menschlichkeit.
Wo kann ich mehr über gewerkschaftliches Engagement von Migrant*innen erfahren?
Mehr Infos bietet die ver.di-Seite migration.verdi.de, dort kannst du dich auch registrieren und aktiv mitarbeiten.
Du möchtest mehr wissen zum Thema Migration?
In dieser Ausgabe findest du einen Bericht zum Migration Pay Gap und zu einer Geflüchteten auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.