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Ausgezeichnet – Kevin (li.) und Tim mit dem JAV-Preis in den HändenFoto: ver.di

Mit dem Mitbestimmungspreis zeichnet der DGB Sachsen Betriebs- und Personalräte sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAVen) aus, die sich bei der Verwirklichung von "Guter Arbeit", bei der Bewältigung von Krisen bewähren und sich um die Erhaltung und Schaffung von vollwertigen Arbeits- und Ausbildungsplätzen kümmern. Bewerben konnten sich Mitarbeitervertretungen aus allen Branchen der im DGB vereinten Gewerkschaften.

"Das war an Spannung kaum zu überbieten. Die Platzvergabe wurde von der Jury bekanntgegeben – die letztgenannte Bewerbung bedeutete den Sieg, und der ging an uns", sagt Kevin Szkop, Vorsitzender der JAV der Deutschen Post AG, Niederlassung Betrieb, in Dresden. Sichtlich beeindruckt jubelten mit ihm die nach Leipzig angereisten Mitglieder der JAV.

Der 22-Jährige Szkop ist ausgebildete Fachkraft für Kurier, Express- und Postdienstleistungen, arbeitet im Verwaltungsgebäude der Niederlassung in Ottendorf-Okrilla und hat nach dem Beginn seiner Lehre im Jahre 2019 sehr schnell den Weg in die JAV gefunden.

"Arbeitsbedingungen mitzugestalten, für die Interessen anderer einzutreten und Ansprechpartner zu sein, hat mich von Beginn an interessiert. Nach Beginn der Ausbildung wurde ich Ersatzmitglied in der JAV, 2022 dann schon stellvertretender Vorsitzender und seit dem vergangenen Jahr führe ich die JAV an." Aber eine JAV ist keine One-Man-Show, Kevin hat in Tim Wachter eine erfahrene Vertretung an seiner Seite. Gemeinsam führen sie die fünfköpfige Interessenvertretung an. Im Gegensatz zu Kevin war sich Tim lange unsicher, ob die Ausbildung bei der Post der richtige Weg sei. "Man kann sicher nicht davon sprechen, dass es mein Kindheitstraum war, einmal als Zusteller zu arbeiten. Die Entscheidung dafür ist aber aus heutiger Sicht eine richtige." Der Weg von Kevin hingegen war sehr früh klar – familiäre Traditionen sollten fortgeführt werden.

Projekt "Respekttag"

Mit dem Mitbestimmungspreis würdigt der DGB das Projekt "Respekttag". Er wurde ins Leben gerufen, weil nicht selten neben den gesellschaftlichen Problemen Hass und Hetze auch der Respekt gegenüber Ausbilder*innen und Mitauszubildenden fehlt. Bei dem Projekt geht es um die Aufklärung darüber, wie wichtig das Miteinander in einer Gesellschaft und auch im Betrieb ist. Ebenfalls wurde über arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Hass und Hetze gesprochen.

"Die Vielfalt in unserem Unternehmen ist eine tragende Säule, die nicht nur unsere Identität prägt, sondern auch unsere Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Wir mussten erkennen, dass diese Vielfalt auch Probleme mit sich bringen kann, die nicht immer den Wertevorstellungen einer toleranten und offenen Gesellschaft entsprechen. Der besorgniserregende Rechtsruck, der sich durch die gesamte Gesellschaft zieht, muss aktiv diskutiert werden. Unsere Auszubildenden sollen nicht nur als Fachkräfte, sondern auch als verantwortungsvolle Bürgerinnen und Bürger heranwachsen, die aktiv an der Gestaltung einer gerechten und respektvollen Gesellschaft mitwirken", sagt Szkop.

Mit dieser Zielstellung haben Kevin, Tim und die anderen JAV-Mitglieder Ansprüche formuliert, die eine große Herausforderung darstellen. Bereits bei den jährlich stattfindenden Bewerbertagen können sie sich ein erstes Bild von den Jugendlichen machen, die künftig in verschiedenen Berufsrichtungen bei der Deutschen Post ausgebildet werden.

Tim beschreibt das Auswahlverfahren, um zu zeigen, wie sorgfältig mit der Vergabe von Ausbildungsplätzen umgegangen wird: "Wir haben bis zu 600 Bewerbungen, von denen ungefähr die Hälfte eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommt. Von diesen nehmen dann durchschnittlich 30 Prozent den Termin wahr. Wenn dann die sogenannten Schnuppertage beendet sind – in denen manch einer feststellt, dass es nicht nur darum geht, einen Brief gezielt einzuwerfen – bleiben 25 Auszubildende übrig."

Das Projekt nimmt Fahrt auf

Am 12. Mai 2025 war es so weit, im Rahmen eines Projekttages stellte die JAV ihr Projekt erstmals vor. "Natürlich konnten wir nicht davon ausgehen, dass alle Azubis sofort von unserem Vorhaben überzeugt waren. Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Zu verstehen, dass alle in einem Boot sitzen, dass alle dazugehören und es selbst in der Hand haben, wie sich das Klima im Unternehmen verändern kann, ist ein Prozess", erzählt der JAV-Vorsitzende. Die Initiatoren sind optimistisch, dass sie etwas bewegen können. Der Betriebsrat ist eingebunden, die Arbeitgeberseite unterstützt das Projekt – und erste Erfolge werden sichtbar. "Der belegbare Rückgang der Beschwerden ist ein wichtiger Indikator für uns, dass der Weg richtig ist. Wir setzen auf Aufklärung im Dialog anstatt des erhobenen Zeigefingers. Das schließt nicht aus, dass es im Wiederholungsfall zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommen kann", sagen die beiden Jugendvertreter.

Besonders stolz sind die Sieger darauf, dass der Gesamtbetriebsrat und die Gesamt-JAV des Unternehmens angeregt haben, das Projekt bundesweit einzuführen.

ver.di mit drei Bewerbungen im Vorderfeld

Von den acht Bewerbern konnten sich die Kolleg*innen aus dem Dresdner Rundkino über den zweiten Platz freuen (in der Ausgabe 01/2025 haben wir über ihre Situation berichtet). Platz vier ging an die Freien Mitarbeiter*innen vom MDR.

Ausgezeichnet Kevin (li.) und Tim mit dem JAV-Preis in den Händen